Im Piraterie-Hotspot Golf von Guinea ist ein erneut ein Handelsschiff attackiert worden. Die Seeräuber verschleppten 19 Geiseln vom Navios-Tanker »Nave Constellation«.

Der Vorfall ereignete sich[ds_preview] gestern rund 100 sm südlich von Bonny Island und 105 sm südwestlich von Bioko Island vor Nigeria, wie der Branchendienst Dryad Maritime berichtet.

Die »Nave Constellation« ist ein großer Tanker der griechisch-amerikanischen Reederei Navios. Laut dem Dryad-Bericht sollen 19 Seeleute des Schiffs als Geiseln verschleppt worden sein – 18 Inder und 1 Türke. Sieben Crew-Mitglieder scheinen noch an Bord zu sein. Dem Vernehmen nach wurde der vollbeladene Tanker angegriffen, als er das Bonny-Offshore-Terminal verlassen hatte. Navios teilte mit, die verbliebene Crew sei angewiesen worden, das Schiff an eine sichere Stelle zu navigieren und auf die Ankunft von Sicherheitsbehörden zu warten.

Die Region bleibt damit einer der größten Hotspots der Piraterie. »Dieser Vorfall ist der sechste Angriff und der vierte Entführungsvorfall, der sich innerhalb von 30 nm von der südöstlichen Grenze der nigerianischen Wirtschaftszone im Jahr 2019 ereignet hat«, heißt es seitens der Dryad-Analysten. Dies sei eine weitere Bestätigung eines sich entwickelnden Trends von Vorfällen, die von einer gut ausgestatteten Piraten-Aktionsgruppe, die höchstwahrscheinlich von einem oder mehreren Mutterschiffen aus operiert, ausgeführt werden.

Auch die Nachbarstaaten sind von dem Problem betroffen, weil die Piraten immer wieder auf deren Gewässer ausweichen, wenn Nigeria seine Bemühungen – meist nur zwischenzeitlich – intensiviert. Erst vor wenigen Tagen waren die Schiffe »Bonita« vor Benin und »Erika Aristotle« vor der Küste Togos Opfer von Piraten-Überfällen.

In den Gewässern von Nigeria und den angrenzenden Staaten werden immer wieder Schiffe attackiert. Dabei handelt es sich nicht selten um Aktionen von Rebellen, die gegen die Ölindustrie und deren Auswirkungen für die Gesellschaft sowie die grassierende Korruption vorgehen wollen. Es wird festgestellt, »dass diese Gruppe die Grenzen der Überwachung durch nationale Sicherheitsbehörden kennt«. Die Piraten hätten es auf Transporte für und von der Ölindustrie in der Region abgesehen. Dieser jüngste Vorfall ereignete sich den Angaben zufolge 26 sm südöstlich der Terminals Egina, Usan und Serpentina.

Zuletzt gab es wiederholt Forderungen nach einer internationalen Militäroperation zum Schutz der Handelsschifffahrt. Von politischer Seite wird auch immer wieder beteuert, das man sich des Problems bewusst ist. Allerdings gilt der Einsatz von Kriegsschiffen oder eine internationale Militärallianz, wie sie etwa vor Somalia sehr erfolgreich im Kampf gegen Piraten war und ist, als wenig realistisch. Im Unterschied zu Somalia handelt es sich bei den westafrikanischen Ländern wie Nigeria, Benin, Togo oder Kamerun nicht um sogenannte »failed states«. Es gibt Regierungen und staatliche Strukturen. Auch wenn diese zu oft mit der eigentlich nötigen Arbeit überfordert sind und die zum Teil grassierende Korruption die Piraterie weiter befeuert, handelt es sich um souveräne Staaten. Ein Einsatz von ausländischen Marine-Einheiten wird von den dortigen Regierungen mitunter als Einmischung in innere Angelegenheiten empfunden und daher prinzipiell abgelehnt.