Dieses Jahr wird für die Containerschifffahrt eine weitere Herausforderung in Bezug auf das Kapazitätsmanagement. Für die Zeit nach 2020 sieht man bei Drewry das größte Risiko im staatlichen Einfluss bei einigen asiatischen Reedereien – und damit eher politisch als kommerziell getriebene Investitionsentscheidungen.
Wie werden die Reedereien mit der Einführung großer [ds_preview]neuer Schiffe und deren Auswirkungen auf das prekäre Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage umgehen? Beim Beratungsunternehmen Drewry rechnet man für 2020 mit einen Flottenzuwachs von 1,2 Mio. TEU, von denen 532.000 TEU auf 23 Ultra Large Container Vessels (ULCV) entfallen, die alle für HMM (bald THE Alliance), CMA CGM (Ocean Alliance) und MSC (2M) gebaut werden.
Die aktuellen Ablieferungspläne für die neuen ULCVs sind gleichmäßig über das Jahr verteilt, was ihre Integration den Erwartungen von Drewry zufolge etwas einfacher machen dürfte. »Erleichternd würde es sich auswirken, wenn ein Teil der für eine Ablieferung zum Jahresende vorgesehenen Schiffe in Ablieferungs-Slots für 2021 rutschen würde, was aufgrund der Historie durchaus möglich ist«, heißt es.
»Reedereien in der Realität sehr geschickt darin, Kapazitäten umzuschalten«
Selbst wenn einige der großen Neubauten nicht wie geplant im nächsten Jahr kommen, wird eine beträchtliche Menge neuer Kapazitäten auf den Markt kommen. Trotz den üblichen Befürchtungen zum Jahresbeginn, dass eine Kapazitätsschwemme den Markt überschwemmen und die Raten drücken könnte, seien die Reedereien in der Realität sehr geschickt darin, Kapazitäten »umzuschalten und wenn nötig zu verstecken«, so Drewry. Das habe sich im vergangenen Jahr schon gezeigt.
Eine bewährte Methode zur Beseitigung unerwünschter Kapazitäten sind Blank Sailings, von denen Drewry allein auf den Ost-West-Routen im Jahr 2019 253 (die Zahl vom Dezember ist eine vorläufige Schätzung) zählte – ein deutlicher Anstieg gegenüber 145 Abfahrtsstreichungen im Jahr 2018.
Eine große Anzahl von Scrubber-Nachrüstungen könnten den Analysten zufolge ebenfalls helfen. Ende Dezember 2019 standen noch für rund 260 Einheiten mit einer Gesamtkapazität von fast 2,4 Mio. TEU Nachrüstungen an. Damit bleibt die inaktive Flotte noch mindestens einige Monate lang auf hohem Niveau, während die gemeldeten Werftverzögerungen die Schiffe länger als erwartet außer Betrieb halten werden.
Obwohl Drewry einräumt, dass das Kapazitätsmanagement in diesem Jahr weiterhin eine Herausforderung darstellt, glauben man nicht, dass der aktuelle Ablieferungsplan etwas ist, was die Reedereien nicht bewältigen können.
»Es wird ein Drahtseilakt sein«
Drewry’s globaler Angebots-Nachfrage-Index (bereinigt um die inaktive Flotte), aus dem kürzlich veröffentlichten Container Forecaster-Bericht, sieht einen kleinen Rückgang um 0,4 Punkte auf 90,6 im Jahr 2020. Vor dem Hintergrund, dass jeder Indexwert unter 100 eine Überkapazität darstellt, zeigt die Prognose auf, wie weit die Spediteure gehen müssen, um die strukturelle Überkapazität der Branche auszugleichen und ein komfortables Gleichgewicht zu erreichen, das nachhaltige Frachtratenerhöhungen fördert.
»Wir gehen davon aus, dass sich die Marktentwicklung ähnlich wie im vergangenen Jahr fortsetzen wird; die Reedereien werden weiterhin Preisnehmer bleiben, da die Fundamentaldaten von Angebot und Nachfrage gegen sie arbeiten werden, obwohl sie in der Lage sein werden, profitabel zu bleiben, solange die Betriebskosten unter Kontrolle gehalten werden. Es wird ein Drahtseilakt sein, und die Kapazitätshebel der Abfahrtstreichungen und des Auflegens werden häufig gezogen werden«, heißt es.
Viel verschrotten, wenig neu bestellen
Mit Blick auf die Zeit nach 2020 sollen die Reedereien am besten bei der Verschrottung wesentlich forscher vorgehen und bei der Bestellung neuer Tonnage zurückhaltend bleiben. Das größte Risiko für letzteres ist ein erheblicher staatlicher Einfluss innerhalb einiger asiatischer Reedereien, der zu eher politisch als kommerziell getriebenen Investitionsentscheidungen führen könnte.
Die Ungewissheit über die beste Option, um die CO2-Ziele der Branche zu erreichen, könnte den Prozess der Neuausrichtung zudem unterstützen. »Je länger die Führungskräfte der Reedereien Investitionen in neue Schiffe deswegen verzögern, desto mehr Zeit wird die Branche haben, ihren Kapazitätsüberschuss abzubauen«, so die Analysten.