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Wie gut hält die internationale Schifffahrtsbranche die neuen Schwefelvorschriften der IMO ein und wie ist es um die Wirksamkeit der Durchsetzungsmaßnahmen bestellt? Experten meinen, das könne man derzeit kaum beurteilen.

Die am 1. Januar dieses Jahres eingeführte Regel 14.1.13, Marpol Annex VI (IMO 2020) war für die Branche eine der einschneidendtsen ÄVeränderungen der letzten Jahre: geringerer Schwefelgehalt im Kraftstoff, neue Gemische, höhere Kosten. Seit dem 1. März 2020 gilt zudem ein Beförderungsverbot für Schweröl, wenn ein Schiff nicht über ein Abgasreinigungssystem verfügt.

Während einige Probleme hinsichtlich der Qualität des schwefelarmen Kraftstoffs auftraten, insbesondere bei einigen Kraftstoffgemischen, die zu Ablagerungen neigen, und bei geringfügigen Verstößen, kam die Umsetzung der IMO 2020 aber weitgehend reibungslos voran. Dann kam das Coronavirus.

IMO 2020 aus den Schlagzeilen verdrängt

»Drei Monate später und die durch Covid-19 verursachte Störung des internationalen Schiffsverkehrs hat die Schwefelproblematik endgültig aus den Schlagzeilen verdrängt. Verordnung 14.1.3 bleibt in Kraft – wo jedoch die Hafenbehörden weltweit der Gesundheit und dem Frachtverkehr Vorrang einräumen, haben Durchsetzungsmaßnahmen vielleicht weniger Priorität«, sagt Beth Bradley, eine Partnerin der Seerechtskanzlei Hill Dickinson.

Die Auswirkungen der Pandemie hätten zu ernsthaften Verzögerungen bei bestehenden Aufträgen für die Nachrüstung von Abgasreinigungssystemen geführt, insbesondere bei Schiffen, bei denen die Arbeiten auf chinesischen Werften durchgeführt werden sollten. Oder es gab zu Stornierungen, weil die Eigentümer und Betreiber der Schiffe versuchen, die Kosten zu senken.

Darüber hinaus hat der Einbruch des Ölpreises den Preisunterschied zwischen schwefelreichem und schwefelarmem Kraftstoff verringert, so dass die unmittelbare Aussicht auf eine größere Verbreitung von Abgasreinigungssystemen zweifelhaft ist, insbesondere wenn die Preise über einen längeren Zeitraum niedrig bleiben.

Kontrollen ausgesetzt

Die Maritime and Coastguard Agency (MCA) des Vereinigten Königreichs kündigte kürzlich an, dass sie die Schiffskontrollen zur Einhaltung der Vorschriften für schwefelarmes Heizöl aussetzen werde, um den Güterverkehr aufrechtzuerhalten. Es wurde allerdings klargestellt, dass weiterhin Schiffe inspiziert werden, wenn Informationen eingehen, die darauf hinweisen, dass dies angebracht wäre. »Es ist unwahrscheinlich, dass dies die letzte derartige Ankündigung sein wird«, prognostiziert Bradley.

»Während die Schwefelhöchstgrenze und das Beförderungsverbot in Kraft bleiben, so dass die Eigner Strafen riskieren, wenn sie Schiffskraftstoff mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,50% m/m zur Verwendung an Bord mitführen, kann die durch Covid-19 verursachte Störung dieses Risiko verringern, wenn die Hafenstaatkontrolle an anderen Fronten unter Druck steht. Außerdem wird es schwierig sein, ein vollständiges Bild in Bezug auf die Einhaltung und Durchsetzung der Vorschriften zu erhalten, solange die Pandemie noch nicht abgeklungen ist«, fasst die Seerechtsexpertin zusammen.