Wenn die EU keine maßgeschneiderte sektorale Politik und finanzielle Unterstützung über ihre horizontale Industriepolitik hinaus beschließt, läuft Europa Gefahr, seinen strategischen Sektor der maritimen Technologie an Asien zu verlieren, warnt der Schiffbau- und Zuliefererverband SEA Europe.

Dabei nähmen die europäischen Werften und Hersteller maritimer Technik eine [ds_preview]Schlüsselrolle für den europäischen »Green Deal«, für Europas Blue Economy und Mobilität, Verteidigung, Sicherheit und Autonomie sowie für Europas Zugang zu den Meeren und den Handel mit Gütern und Passagierenein, sagt Kjersti Kleven, die Vorsitzende der SEA Europe. »Ein solcher Verlust würde Europa bei der Konstruktion, dem Bau, der Reparatur und bei der Technik für zivile Schiffe vollständig von Asien abhängig machen, »mit verheerenden Auswirkungen auf Europas Autonomie, Verteidigung und Sicherheit, die maritime Wirtschaft und die Arbeitskräfte.«

Wie andere Sektoren auch, hat der COVID-19-Ausbruch den europäischen Sektor der maritimen Technologie hart getroffen: Die Produktion wurde reduziert oder eingestellt, die Aktivitäten der Lieferkette sind unterbrochen, Beschäftigte sind vorübergehend arbeitslos, und viele Unternehmen haben ernsthafte Liquiditätsprobleme oder benötigen Bankkredite. Darüber hinaus werden Aufträge für Schiffsneubauten oder Schiffsreparaturen und -umrüstungen verschoben oder storniert, weil sich alle Schiffseigner, einschließlich Kreuzfahrt- und Fährbetreiber, in ernsthaften Schwierigkeiten befinden.

»Diese wirtschaftlichen Folgen werden jedoch aufgrund der Besonderheiten des Sektors viel länger andauern als in vielen anderen Sektoren und zu den bestehenden schweren Wettbewerbsverzerrungen aus Asien hinzukommen«, sagt Christophe Tytgat, Generalsekretär von SEA Europe.

Der Verband fordert die Europäische Kommission daher dringend auf, die bisherigen Initiativen durch sektorale Politik und finanzielle Unterstützung zu ergänzen – zugeschnitten auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der europäischen Werften und des maritimen Technologiesektors. »Eine solche sektorale Politik und finanzielle Unterstützung sollte den Sektor nicht nur in die Lage versetzen, die schwerwiegenden Folgen des COVID-19-Ausbruchs zu bewältigen, sondern auch das Überleben dieses strategischen Sektors für Europa sichern«, heißt es.

Zielmärkte besonders bestroffen

SEA Europe erwartet, dass sich COVID-19 besonders negativ auf die Märkte auswirken wird, in denen Europas Werften derzeit weltweit führend sind, insbesondere auf die Märkte für komplexe Schiffstypen wie Fähren und Kreuzfahrtschiffe, Bagger, moderne Fischereifahrzeuge und Schiffe für den Offshore-Betrieb.

Man erwartet, dass viele Aufträge für neu gebaute Kreuzfahrtschiffe storniert werden, da die Kreuzfahrtveranstalter stark unter den finanziellen Folgen von Reisebeschränkungen und Gesundheitsproblemen an Bord solcher Schiffe leiden. Ein weiteres Beispiel ist der europäische Offshore-Bausektor, insbesondere für Offshore-Öl- und Gasplattformen und damit verbundene Schiffe. Dieser Sektor wird stark unter dem Rückgang der Ölpreise leiden, obwohl er sich von der vorherigen Ölkrise noch nicht vollständig erholt hat.

SEA Europe erwartet auch, dass die europäischen Zulieferer mit ihrem weltweiten Marktanteil von 50% stark unter den Folgen von COVID-19 leiden werden. Die Auswirkungen von COVID-19 kommen zu den Wettbewerbsherausforderungen hinzu, mit denen die Europäer ohnehin schon konfrontiert sin: Protektionismus, Handelssstreitigkeiten, Marktungleichgewichte und aggressiven staatlich geführte Wettbewerbsverzerrungen.