Die International Association of Dry Cargo Shipowners (Intercargo) schlägt Alarm, weil noch immer Hunderttausende Seeleute wegen der Corona-Krise auf Schiffen festsitzen.
[ds_preview]Trotz einer weltweiten Kampagne aus allen Bereichen der Schifffahrtsindustrie stehen weiter Hunderttausende von Seeleuten auch nach Abschluss ihres Beschäftigungsvertrags weiter im Dienst. Viele von ihnen sind nach Angaben von Intercargo inzwischen weit mehr als zwölf Monate an Bord. Diese Situation werde noch dadurch verschärft, dass Massengutschiffe im Trampverkehr weitaus mehr Häfen anlaufen als andere Schiffe, was die ohnehin schon erschöpften Crews ohne Hoffnung auf einen Besatzungswechsel zusätzlich belaste.
»Sehr bald wird die Branche sagen müssen, genug ist genug«, sagt Intercargo-Vorsitzender Dimitris Fafalios. »Die Situation werde zur Farce. Wir haben erlebt, dass Besatzungswechsel abgelehnt wurden, weil ein COVID-Test nicht innerhalb des vorgeschriebenen 48-Stunden-Fensters vor der Ankunft der Besatzung durchgeführt werden konnte, obwohl die Fahrt zum Hafen drei Tage dauerte. In einigen anderen Ländern, die behaupten, einen Besatzungswechsel zuzulassen, geschieht dies in der Tat nur, wenn die Besatzung durch Staatsangehörige des Landes ersetzt werden kann.«
Zwei Hauptprobleme
Die beiden Hauptengpässe sind die mangelnde Bereitschaft der Fluggesellschaften, Flüge zwischen den Zielhäfen und den Herkunftsländern der Besatzungsmitglieder zur Verfügung zu stellen, und das mangelnde Engagement der Gesundheits- und Einwanderungsbehörden, die Reisen der Seeleute und die Ausstellung von Visa zu erleichtern.
Laut Jay K. Pillai, stellvertretender Vorsitzender von Intercargo, »eskaliert die Situation von schlimm zu schlimmer, da die IMO-Protokolle der Vereinten Nationen für Schlüsselkräfte nicht von allen Hafenstaaten eingehalten werden. Ungefähr 35 bis 40% aller Seeleute an Bord von Frachtschiffen sind weit über ihrem SEA-Dienst und etwa 10% aller Seeleute an Bord sind zwischen zwölf und 17 Monaten im Dienst. Dies ist unmenschlich und die Länder sollten die volle Verantwortung dafür tragen.«
Einige Regierungen erleichtern den Besatzungswechsel nicht einmal für ihre eigenen Bürger, beklagt Pillai. Dazu gehören die Auferlegung aller möglichen Beschränkungen für den Wechsel der Besatzung in ihrem Heimatland, die Einschränkung von Flügen und die Anwendung einer Politik, die es Seeleuten nicht erlaubt, in fremde Länder zu fliegen, um sich einzuschiffen.
Testen, testen, testen
Intercargo spricht sich für Testverfahren aus, insbesondere für die On-Signing-Crew. Seeleute sollen vor der Ausreise aus ihrem Heimatland getestet werden und bei der Ankunft im Hafen erneut getestet werden, bevor sie an Bord des Schiffes gehen. In ähnlicher Weise seien Seeleute, die von Schiffen abmustern, vor dem Landgang oder Ausfliegen zu testen. »Fällt der Test negativ aus, sind sie von der Quarantäne zu befreien.
Allen Seeleuten muss gestattet werden, mit Visumbefreiung zu reisen, wenn sie an Bord eines Schiffes gehen«, so die Forderung.
Außerdem müssten Hafenstaaten es Seeleuten gestatten, auch ohne bestätigte Flugtickets von Bord zu gehen und in Hotels zu warten, während sie auf Flüge warten, was je nach Verfügbarkeit von Flügen lange dauern kann.
Der Verband unterstützt das Ergebnis des Internationalen Seeschifffahrtsgipfels zum Besatzungswechsel Anfang Juli, bei dem dreizehn Länder Vereinbarungen zur Erleichterung des Besatzungswechsels unterzeichnet haben. Alle Regierungen, die das SOLAS-Übereinkommen der IMO unterzeichnet haben, sollten nach Ansicht von Intercargo dem Übereinkommen beitreten und es umsetzen, »insbesondere die Länder, die am meisten vom Im- und Export von trockenen Massengütern profitieren.«
Appell an Airlines
Zudem appelliert man an die Luftfahrtindustrie, schließlich würden Reisen von Seeleuten, Superintendenten, Spezialtechnikern und Besichtigern zu und von Schiffen mehr als eine Mio. Ticketverkäufe jährlich gewährleisten.
Spyros Tarasis, stellvertretender Vorsitzender von Intercargo: »Jeder weiß, wo die Probleme liegen – bei den Fluggesellschaften, bei den Visa und bei den Gesundheitsbehörden, die die Seeleute nicht als Schlüsselkräfte anerkennen. Aber es wird nichts getan, und sehr bald könnte die Schifffahrtsindustrie selbst gezwungen sein, den Handel mit Ladungen zu stoppen, die für das Wohlergehen und die Aufrechterhaltung des reibungslosen Funktionierens der Gesellschaften weltweit unerlässlich sind.«