Container, Symbolbild für Frachtraten, Seefracht und Reedereien

Trotz der Covid-19-Pandemie halten die Reedereien die langfristigen Frachtraten stabil. Derweil beginnen die Spotraten zu fallen. Entscheiden sich Linien für Marktanteile oder für hohe Raten?

[ds_preview]Laut des jüngsten XSI Public Indices Report des Osloer Beratungsunternehmens Xeneta beweisen die Linienreedereien im Coronavirus-Sturm einiges Verhandlungsgeschick, zumindest was die Sicherung der lebenswichtigen langfristigen Seefrachtraten betrifft.

Nach zwei Monaten leichter Ratenrückgänge – obwohl bei weitem nicht so dramatisch, wie Branchenbeobachter angesichts der Schwere der Pandemie befürchtet hatten – stieg der Index XSI im Juli um 0,1 %. Bis jetzt liegt er im Jahresvergleich um 0,8  % zurück.

Xeneta-CEO Patrik Berglund führt die relativ geringen Bewegungen auf die Proaktivität der Eigentümer zurück, die weiterhin einen »heiklen Balanceakt« zwischen Angebot und Nachfrage vollzögen.

Xeneta-Juli-2020-XSI-Global

»Es ist schwierig, das langfristig aufrechtzuerhalten«

»Wir haben gesehen, dass die kontrahierten Raten vergleichsweise stabil geblieben sind, während die Spotraten von April bis Mai und Juni tatsächlich gestiegen sind«, sagt Berglund. Angesichts der kurz- und mittelfristigen makroökonomischen Situation habe das viele überrascht. Der Schlüssel lag Berglund zufolge darin, dass die Spediteure Tonnage abgebaut und die Routen entsprechend der Nachfrage angepasst haben. »Es ist jedoch schwierig, dies langfristig aufrechtzuerhalten, und, seien wir ehrlich, das Virus geht nicht so schnell weg – was ist also der nächste Schritt?«, fragt der Xeneta-Chef.

Neueste Erkenntnisse des Osloer Analysehauses zeigen, dass die Spotpreise auf den wichtigsten Routen Fernost – Nordeuropa und Fernost – US-Westküste nun zu sinken beginnen, was darauf hindeutet, dass die jüngste Wiederaufnahme von Routen und Reaktivierung von Tonnage die Preise nach unten treibt. Die Carrier stehen nach Berglund EInschätzung nun vor einer schwierigen Entscheidung: weiterhin Tonnage einzuführen und zu versuchen, Marktanteile zu gewinnen, dabei aber die Raten zu untergraben, oder die Dienste zurückzuhalten und die Raten weiter zu erhöhen.

Situation in den USA weiter Grund zur Sorge

Die regionale Analyse der wichtigsten Handelsrouten ergab für Juli ein gemischtes Bild. Nach vier Monaten des Rückgangs stiegen die Importe auf dem europäischen XSI um 0,2 % (2 % weniger als im Vorjahr), während die Export-Benchmark mit einem Rückgang von 2 % den stärksten Rückgang seit Oktober verzeichnete. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Index jedoch um 3,4 % gestiegen. Die Entwicklung im Fernen Osten war negativ, mit einem deutlichen Rückgang der Importraten um 4,5 % und einem Rückgang der Exportzahlen um 1%. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Benchmarks um 1,6 % gestiegen bzw. um 1,3% gesunken.

Die US-Zahlen für den Monat Juli fielen unterschiedlich aus, wobei die Importe geringfügig um 0,1 % zurückgingen (0,4 % weniger als im Juli 2019), während die Exporte einen gesunden Anstieg von 1,2 % verzeichneten und damit den zweimonatigen Rückgang umkehrten. Trotz dem Anstieg liegt der Index jedoch weiterhin 3,3 % unter dem Vorjahreswert und hat seit Ende 2019 2,2 % seines Wertes verloren.

Berglund sieht weiter Grund zur Sorge, manche Faktoren lägen außerhalb der Kontrolle der Linienreedereien. »Zum Beispiel wütet das Virus weiterhin in den USA, und angesichts des Ausmaßes der Arbeitslosigkeit wird die Nachfrage gedämpft bleiben, was einen Anstoß zum Abbau von Kapazitäten gibt. Unterdessen sind die Verbraucherausgaben in China um 1,8 % zurückgegangen (gegenüber einem prognostizierten Wachstum von 0,5 %), was darauf hindeutet, dass eine Erholung Zeit brauchen könnte. Es ist jedoch auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass China im zweiten Quartal ein beeindruckendes BIP-Wachstum von 3,2 % im Jahresvergleich verzeichnete, womit es die Markterwartungen übertraf und den Rückgang von 6,8 % im ersten Quartal umkehrte«, sagt er.