Investor Lars Windhorst (l.), FSG-Geschäftsführer Martin Hammer (M.) und FSG-Betriebsratsvorsitzender Thomas Jansen (r.) mit einem Bauplan der geplanten RoRo-Fähren
Investor Lars Windhorst (l.), FSG-Geschäftsführer Martin Hammer (M.) und FSG-Betriebsratsvorsitzender Thomas Jansen (r.) mit einem Bauplan der geplanten RoRo-Fähren (Foto: Patrick Piel/FSG)

Eine »Rettung in letzter Minute« für die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG): Finanzinvestor Lars Windhorst übernimmt die Werft mit mehr als der Hälfte der Belegschaft und stellt Neubauaufträge in Aussicht.

[ds_preview]Wie Windhorst heute in einer Pressekonferenz im Beisein des schleswig-holsteinischen Wirtschafts- und Arbeitsministers Bernd Buchholz angekündigt hat, übernehmen verschiedene Gesellschaften seiner Tennor Holding die FSG.

350 der bisherigen 650 Mitarbeiter sollen bei der »neuen FSG« weiterbeschäftigt werden, darunter alle 31 Auszubildenden und die neun dualen Studenten. Außerdem werden die Wirtschaftsgüter der Werft im Rahmen einer übertragenden Sanierung übernommen. Die übrigen 300 Beschäftigten können in eine Transfergesellschaft wechseln.

»Der Kaufvertrag ist notariell beurkundet worden, über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Damit löst Tennor-Holding-Gründer Lars Windhorst seine nach Insolvenzantragstellung gegebene Zusage, zur FSG zu stehen, ein«, so die Werft. Der Vollzug des Vertrages steht insbesondere noch unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Mitarbeiter, die leider nicht übernommen werden können, in die eingerichtete Transfergesellschaft und der Kaufpreiszahlung.« Der Vollzug ist für den 1. September 2020 geplant.

Lars Windhorst: »In diesen schwierigen Zeiten, in denen vieles im Umbruch ist, ist es für mich wichtig, zur FSG und zu den Mitarbeitern zu stehen. Leider ist es nicht möglich, alle Arbeitsplätze bei der FSG zu erhalten. Ich glaube aber grundsätzlich an eine Zukunft des Unternehmens, deshalb setze ich mich mit Tennor erneut dafür ein. Vor uns liegt ein schwieriger Weg der Umstrukturierung.«

Windhorst hatte die Werft nach einem Einstieg als Investor einige Monate später, im September 2019, ganz von Siem übernommen, im April 2020 hatte die FSG einen Insolvenzantrag am Amtsgericht Flensburg gestellt. Nach Bekanntwerden der Insolvenz hatte die Hamburger Werft Pella Sietas zwischenzeitlich über einen Kauf der FSG verhandelt. Dem ist Windhorst nun zuvorgekommen. Mit der Übernahme soll die Werft ohne die alten Schulden neu starten können. An diesem Samstag soll das Insolvenzverfahren über das Werftvermögen eröffnet werden.

»Die Signale aus der Branche sind positiv«

Für Martin Hammer, Gründer der auf Restrukturierung spezialisierten Beratungsgesellschaft enomyc und Geschäftsführer der FSG, geht es jetzt um die detaillierte Erarbeitung eines Zukunftsplans für die Werft: »Wir blicken nach vorn und werden alles dafür tun, die zwei von Tennor beauftragten RoRo-Fähren erfolgreich zu bauen und darüber hinaus weitere Aufträge für die Werft zu gewinnen. Die Signale aus der Branche sind positiv, weil die Reeder um die hohe Qualität unserer Schiffe wissen. Auch können wir uns vorstellen, in Zukunft Projekte gemeinsam mit Pella Sietas zu realisieren.«

Die Schiffbauindustrie in Deutschland befinde sich im Umbruch: Künftig werde es mehr Kooperationen zwischen den Schiffbauern geben, um die Kräfte zu bündeln, so Stefan Denkhaus, Generalhandlungsbevollmächtigter der FSG. »Entscheidend ist jetzt, dass die Finanzierung der neuzubauenden Schiffe sichergestellt und die angekündigten Aufträge zeitnah erteilt werden«, sagt Dr. Christoph Morgen, Fachanwalt für Insolvenzrecht. Er war vom Amtsgericht Flensburg als vorläufiger Sachwalter bestellt worden.

»Die FSG braucht ein Zukunftskonzept«

Auch die IG Metall Küste begrüßt die Übernahme der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) und die Aufträge für den Bau von zwei RoRo-Fähren durch den Finanzinvestor. »Für die Werft und mehr als die Hälfte der Belegschaft ist das die Rettung in letzter Minute. Jetzt geht es darum, weitere Arbeit an den Standort zu holen und dadurch mehr Arbeitsplätze zu sichern – kurzfristig durch den Weiterbau des Schiffes 774 für den früheren Eigner, den norwegischen Reeder Siem, und mittelfristig durch neue Projekte oder Kooperationen mit anderen Werften«, sagt Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste.

Bei dem Schiff mit der Neubaunummer 774 handelt es sich um die LNG-Fähre »Honfleur«. Sie gehört der FSG, nachdem der Auftraggebeger Brittany Ferries die Bestellung storniert hatte, Als Begründung wurden die unsichere Finanzierungslage die Werft und die Verzörgerungen beim Bau genannt.

»Wir brauchen weitere Aufträge und kurzfristig Arbeit«

Thomas Jansen, Vorsitzender des FSG-Betriebsrats, erklärt: »Mit den beiden Schiffen von Herrn Windhorst kann eine kleinere Werft kurzfristig weitergeführt werden. Wir brauchen weitere Aufträge und kurzfristig Arbeit für unsere Belegschaft. Deshalb fordere ich Herrn Siem auf, dass das hier liegende Schiff, der Neubau 774, in Flensburg zu Ende gebaut wird. Dann können sofort weitere Kolleginnen und Kollegen aus der notwendigen Transfergesellschaft in die FSG geholt werden.«

IG Metall-Bezirksleiter Friedrich forderte zugleich eine Perspektive für die Werft Pella Sietas in Hamburg, die zwischenzeitlich über einen Kauf der FSG verhandelt hatte. »Das Schlickproblem ist nur kurzfristig gelöst. Das hilft bei der Auslieferung des Baggerschiffes. Wir erwarten von Senat, Unternehmen und allen weiteren Beteiligten eine grundsätzliche Klärung, um Arbeitsplätze und Standort langfristig zu sichern.«