Die deutsche Branche der Offshore-Windenergie sorgt sich weiter um ihre Zukunft.

Auf der Windforce-Konferenz in Bremerhaven forderten jetzt zahlreiche Experten die Bundesregierung zu einer Kurskorrektur bei anstehenden Gesetzesnovellen auf, um weitere Jobverluste und Umsatzeinbußen in der mittelständischen Industrie abzuwenden. Im Zentrum der Kritik stehen die fehlenden Bauaktivitäten in Nord- und Ostsee trotz vorhandener Netzanschlusskapazitäten und baureifer Projekte sowie der vorgeschlagene Sonderweg der Bundesregierung für ein Ausschreibungsmodell für die Windkraft auf See ab 2021.

»Ein kurzfristiger Sonderbeitrag Offshore würde eine Brücke bauen zu den künftigen Offshore-Wind-Ausbauzielen, die wir sehr begrüßen. Es kommt aber eben jetzt darauf an, einen Fadenriss in den Unternehmen und für die Beschäftigten zu vermeiden. Wir müssen die Fähigkeiten erhalten, um zusammen mit den Unternehmen und Beschäftigten die notwendigen Kapazitäten für die Zukunft zu sichern«, sagte Kristina Vogt, die Bremer Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa. Die Forderung, den »Sonderbeitrag Offshore« umzusetzen, wie im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart, bekräftigte auf der Konferenz auch der niedersächsische Umwelt- und Energieminister Olaf Lies.

»Die deutsche Zulieferkette für die Windkraft auf See ist in ihrer Innovationskraft und in den Kostensenkungsbemühungen der letzten Jahre durch falsche politische Weichenstellungen bedroht. Weitere Insolvenzen, Abwanderungen und strategischen Neuausrichtungen von kleineren und innovativen Firmen ohne Heimatmarkt in Deutschland sind zu befürchten und Konsequenz des politisch verordneten Fadenrisses«, sagte Heike Winkler, Geschäftsführerin beim Branchenverband WAB. »Dabei wäre es clever, die innovative, durch die EEG-Umlage geförderte Zulieferkette durch eine bereits zugesagte intelligente Sofortmaßnahme zu stabilisieren, um für den späteren Ausbau der Offshore-Windenergie sowie die Erzeugung von ‚grünem‘ Wasserstoff nicht überwiegend auf Importe angewiesen zu sein.«

Ein weiterer Kritikpunkt waren die Pläne der Bundesregierung für ein künftiges Ausschreibungsmodell für Offshore-Wind. Hier bietet sich nach Ansicht der Branche das von der WAB und zahlreichen weiteren Branchenverbänden favorisierte und in anderen Märkten bereits etablierte Modell der Differenzverträge (CfDs) an. »Wachsende internationale Märkte für Offshore-Windenergie bieten deutschen Unternehmen enorme Exportpotenziale. Aber es gibt Konkurrenz von anderen europäischen Ländern, die Vorreiter in der Offshore-Windenergie sind, wie Dänemark und Großbritannien, und von Ländern, die jetzt die Offshore-Windenergie und ihre Lieferkette ausbauen wollen, wie Polen, Frankreich und Spanien«, sagte WindEurope-CEO Giles Dickson, der sich per Video-Schalte aus Brüssel an  beteiligte.

Arbeitsplätze und Investitionsvolumen hängen laut Dickson davon ab, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Offshore-Windenergie stimmen. »Um weiterhin Investoren anzuziehen, muss Deutschland Differenzverträge einführen, das beliebteste und zuverlässigste Modell zur Refinanzierung von Offshore-Windenergieprojekten«, so der CEO des europäischen Branchenverbands. Auch der litauische Vize-Energieminister Rytis K?velaitis, auf der Konferenz ebenfalls online zugeschaltet, kündigte die Einführung von CfDs in Litauen an und kritisierte den Sonderweg der Bundesregierung.