Der Bremer Schifffahrtskongress hat in seiner 14. Auflage erneut einen Fokus auf die »maritime Personalwirtschaft« gelegt. Dabei traten einige Herausforderungen in Fragen der Ausbildung und der Diversität zu Tage.
Angesichts der Einschränkungen in der Corona-Krise fand der Kongress in diesem Jahr ausschließlich virtuell statt, mit Unterstützung durch das E-Learning-Zentrum der Hochschule Wismar. Knapp 200 Vertreter aus der maritimen Wirtschaft, aus Verbänden, Verwaltung, Lehre und Forschung hatten sich laut den Veranstaltern angemeldet.
Nach der Auszeichnung einiger Preisträger für »hervorragende akademische maritime Lehre« (die HANSA berichtete) standen Vorträge und Workshops auf dem Programm. Prägende Themen »Gender Equality«, »Nachwuchssicherung«, »Ausbildungskonzepte international« und »Digitalisierung im Bordbetrieb«.
Im Workshop »Gender Equality« wurde die Gleichberechtigung aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. So wurde aufgezeigt, dass diverse Teams im Vorteil seien, wenn Erfolg an Nachhaltigkeit und nicht nur an den Quartalszahlen festgemacht wird. Die strenger hierarchisch organisierte Arbeit an Bord könne dabei für die Gleichberechtigung ein Vorteil sein, da Personen über ihre Funktion betrachtet und definiert werden, nicht über das Geschlecht.
Keine gleichen Bedingungen für die Geschlechter
Alte Glaubenssätze müssten dazu aber in Frage gestellt und die Gleichberechtigung durch einfache Maßnahmen aktiv vorangetrieben werden. Das Fazit des Workshops: Solange die Bedingungen für alle Geschlechter nicht gleich sind, werden weiterhin nur einige wenige Frauen den Weg in die maritime Wirtschaft finden und hier auch bleiben. »Die maritime Wirtschaft kann es sich aber gar nicht leisten, bei dem absehbaren Mangel an Fachkräften, 51% der Bevölkerung zu übersehen«, hieß es im Nachgang.
»Sichtbarer für junge Leute werden«
Im Workshop »Nachwuchssicherung« wurde herausgearbeitet, dass die Seeschifffahrt sichtbarer werden müsse, um bei jungen Menschen auf dem Radar zu sein. Nach wie vor bestünde eine hohe Identifikation der Seefahrer mit ihrem Beruf. Aber die Reedereien müssten verstärkt auf gute Arbeitsbedingungen an Bord setzen, um qualifiziertes Personal zu binden. Work-Life-Balance, digitale Kommunikationsmöglichkeiten, abwechslungsreiches Aufgabenfeld wären den jungen Menschen wichtig. Runa Jörgens vom Deutschen Maritimen Zentrum (DMZ) sagte: »Wir alle, die in der maritimen Branche tätig sind, sollten als Markenbotschafter für maritime Berufe agieren.« Das Interesse für die Seefahrt sei nach wie vor da, jedoch müssen auch die freien Plätze geschaffen werden.
Internationaler Vergleich
Im Workshop »Ausbildungskonzepte international« wurden die Lernkulturen in unterschiedlichen Ländern verglichen. Die Teilnehmer hielten fest, dass das internationale Regelwerk für die maritime Wirtschaft der Digitalisierung und Automation Rechnung tragen muss.
Im Workshop »Digitalisierung im Bordbetrieb« wurden die Möglichkeiten und derzeitigen Grenzen der Digitalisierung betrachtet. Bereits heute sind Technologien verfügbar die Daten sammeln, verdichten und bewerten. Aktuell werden dadurch Entscheidungsfindung an Bord und an Land unterstützt. Als Ergebnis habe sich bereits heute Entscheidungsprozesse verändert.
»Besatzung nicht ausreichend vorbereitet«
Die Entwicklung ist hier erst am Anfang und werde das Arbeitsleben in der Maritimen Wirtschaft, sowohl an Bord als auch an Land nachhaltig beeinflussen. Autonome Schifffahrt ist nach Auffassung aller Teilnehmer eine Aufgabe bei der neben der Schiffsautomatisierung viele Marktteilnehmer insbesondere die maritime Zulieferindustrie vor großen Aufgaben steht. Für die autonome Schifffahrt ergeben sich neue Anforderungen an die Systemzuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Schiffskomponenten. Aktuell ist das Schiff nicht auf einen autonomen Betrieb vorbereitet. »Neben dem System Schiff ist auch die Besatzung nicht ausreichend auf die sich aus der Digitalisierung ergebenden neuen Aufgaben und Anforderungen vorbereitet«, so ein Fazit. Zukünftig würden neben IT Kenntnissen zur Sicherung des zuverlässigen Betriebs der Komponenten an Bord auch Fähigkeiten der Datenbewertung erwartet.