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© Felix Selzer

Eine aktuelle Studie beziffert, wie stark die EU-Staaten über importierte Waren das Klima belasten. Maßstab für die Zurechnung der Emissionen auf Produzenten und Verbraucher ist der ökonomische Vorteil.

Die Geschenke Made in China unter europäischen Weihnachtsbäumen belasten nicht die offizielle EU-Klimabilanz. Denn Treibhausgas-Emissionen werden immer dem Land zugerechnet, in dem sie entstehen. Die Gegenrechnung auf Basis des Konsums ist zwar verfügbar (etwa auf der Weltkarte des Forschungsnetzwerks Global Carbon Project), aber politisch nicht vermittelbar, weil sie ja wiederum die Verantwortung des Herstellerlandes unterschlägt. Eine neue Studie kommt jetzt mit dem Anspruch, den ökologischen Fußabdruck international gehandelter Produkte wirklich überzeugend auf beide Seiten zu verteilen. Sie wurde erstellt vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) sowie von der Universität Leiden in den Niederlanden.

»Das Thema ist von großer Bedeutung für die globalen Klimaverhandlungen und auch für die Diskussionen über Klimazölle«, erklärt Michael Jakob, Senior Researcher in der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung und Leitautor der Studie. »In unserer globalisierten, arbeitsteiligen Welt schieben sich die Staaten gegenseitig die Verantwortung zu für die Emissionen, die bei der Produktion international gehandelter Güter entstehen.« Angesichts dieses sensiblen Hintergrunds setzt die Studie auf einen neuartigen Forschungsansatz, der sich strikt an ökonomischer Logik orientiert. »Unsere Ausgangsfrage lautete: Wenn die Produktion von Gütern auf der einen Seite das Klima belastet – wer hat auf der anderen Seite den entsprechenden Nutzen?«

Um das zu beziffern, schaut das Forschungsteam auf die realen Warenströme des Welthandels, abgebildet in der von der EU-Kommission finanzierten, nach 44 Regionen und 56 Sektoren differenzierten Welt-Input-Output-Datenbank WIOD, die auch die CO2-Intensität der Warenströme zeigt. Auf dieser Basis wird das »Was wäre, wenn …« ausgeleuchtet: Angenommen, die mit der Produktion einhergehenden Klimaschäden würden sich im Produktpreis niederschlagen – was wäre der Effekt für Hersteller und Verbraucher? Die einen müssten mehr Geld verlangen und würden weniger verkaufen, die anderen müssten mehr bezahlen und würden weniger kaufen, die Studie stützt sich hier auf die in der Forschungsliteratur vorhandenen Abschätzungen für die sogenannten Import- und Export-Elastizitäten. Das Einpreisen der Klimaschäden erfolgt in diesem Szenario durch einen CO2-Preis: Der Staat belastet die Produzenten mit 50 $ je emittierter Tonne CO2; die Höhe lässt sich in dem neuen Analysemodell variieren.

Für das Jahr 2014 (aktuellere Ergebnisse lassen sich wegen fehlender Daten noch nicht errechnen) ergibt der Vergleich des realen mit dem fiktiven Szenario folgendes: Der ökonomische Vorteil daraus, dass Chinas Exporte noch nicht via CO2-Preis angemessen verteuert werden, fällt zu 46 % in China und zu 54 % bei den Handelspartnern an. Entsprechend, so die Folgerung, teilt sich demnach auch die Verantwortung auf für den Ausstoß der immerhin 2.160 Mio. t CO2 in Chinas Exportindustrie. Bei einer strikt konsumbasierten Betrachtung würden diese Emissionen vollständig Chinas Handelspartnern angerechnet, bei der traditionellen hingegen China selbst.

»Wenn man das für alle Handelsströme durchrechnet, liegen die CO2-Emissionen der EU-28 um 7 % oder 239 Mio. t höher als in der klassischen Vor-Ort-Rechnung«, bilanziert Hauke Ward, Assistant Professor an der Universität Leiden und ebenfalls Leitautor der Studie. Für die USA sind es 8 % oder 436 Mio. t extra, für China ergibt sich im Gegenzug eine Korrektur nach unten um 7 % oder 736 Mio. t. »Unsere ökonomisch fundierte Betrachtung stellt also die Verantwortlichkeiten nicht völlig auf den Kopf«, so Ward. »Sie schärft die wissenschaftliche Analyse von Klimaschutz und globalem Handel – und trägt hoffentlich dazu bei, die politische Diskussion zu versachlichen.«

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