Mehr Effizienz im Schiffsbetrieb durch digitalen Einbezug von Wellen- und Wetterparametern verspricht das neue Joint Venture Miros Mocean. Sensor Development Manager Rune Gangeskar erklärt im Interview die Hintergründe.

Der Fokus soll unter anderem auf Charterverträgen liegen: Vor knapp eine Monat hatten die Reedereigruppe BW und der Datendienstleister Miros ihre Kooperation bekannt gegeben. Sie wollen die Kraftstoff-Effizienz von Schiffen verbessern. Es soll um 10% Einsparungen pro Reise gehen.

Was macht ausgerechnet Ihr Angebot anders als der Wettbewerb?
Gangeskar: Durch die sehr genaue Messung der Schiffsgeschwindigkeit im Wasser können wir die Leistung (Transporteffizienz) eines Schiffes bei einem gegebenen Input an Treibstoff, Ladung, Wetter usw. messen. Ohne genaue Geschwindigkeit durch Wasser ist es nicht möglich, die Leistung eines Schiffes genau zu beschreiben, daher betrachten wir dies als einen großen Durchbruch.

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Inwiefern ist Ihr Ansatz genauer?
Gangeskar: Die Geschwindigkeit durch Wasser, die typischerweise mit Geschwindigkeitslogs oder gleichwertigen Instrumenten gemessen wird, ist mit einer Reihe von besonderen Herausforderungen verbunden und oft unzuverlässig. Unterwassersensoren, wie z. B. akustische Doppler-Strömungsprofiler (ADCPs), sind anfällig für Störungen durch die Schiffsbewegung. Luftblasen, Turbulenzen und inhomogene Hydrodynamik, die durch Schiffsbewegungen und Propeller verursacht werden, führen zu Daten, die erheblich durch Rauschen beeinflusst werden. Darüber hinaus sind solche Sensoren häufig unzureichend kalibriert, was zu systematischen Fehlern in bestimmten Geschwindigkeitsbereichen führt. Im Wasser eingetauchte Geräte sind außerdem der Verschmutzung ausgesetzt. Wir nutzen statt herkömmlichen Unterwasser-Messgeräten das Wavex-System, basierend auf X-Band-Radarbildern. Eine solche »trocken montierte Strommesslösung« kann Messungen mit hoher Genauigkeit liefern, ohne dass irgendwelche Geräte unter Wasser installiert oder gewartet werden müssen. Die Geschwindigkeit durch das Wasser kann mit Hilfe von Radarbildern gemessen werden, in einem angemessenen Abstand zu störenden Strukturen, einschließlich des Schiffsrumpfs.

Seit wann arbeiten Sie daran?
Gangeskar: Wir haben in den letzten Jahren Verbesserungen innerhalb der Hardware und Algorithmen von Wavex vorgenommen. Dies hat zu einer verbesserten Messgenauigkeit für Wellen und Strömungen geführt. Nachdem wir eine hohe Genauigkeit für Strömungsmessungen verifiziert hatten und die Herausforderungen, die mit traditionellen Geschwindigkeitslogs verbunden sind, in Betracht zogen, entschieden wir uns, Wavex so weiterzuentwickeln, dass es auch genaue Geschwindigkeitsmessungen durch das Wasser liefert. Es war also eine Weiterentwicklung. Die Messung der Geschwindigkeit durch Wasser hat viel mit der Messung von Strömungen gemeinsam. Der Hauptunterschied besteht darin, auf was sich die gemessene Wassergeschwindigkeit bezieht: das Schiff (bei der Messung der Geschwindigkeit durch Wasser) oder eine feste Position (bei der Messung von Strömungen).

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Inwieweit werden Rauschen und Ungenauigkeit durch diese Technik reduziert?
Gangeskar: Die Genauigkeit von Geschwindigkeitsmessungen durch Wasser während der Fahrt liegt bei uns typischerweise innerhalb von 5 cm/s. Das beobachtete Rauschen bei Messungen mit herkömmlichen Geschwindigkeitsprotokollen während der Fahrt variiert stark, typischerweise von einigen zehn cm/s bis hin zu mehreren m/s, je nachdem, inwieweit die Messungen durch die Schiffsbewegung und Propeller gestört werden.

Welchen Nutzen hat der Einsatz eines Geschwindigkeitslogs überhaupt, wenn es nicht sehr genau ist?
Gangeskar: Bis vor kurzem wurde das Geschwindigkeitslog hauptsächlich als Backup für das GPS betrachtet. Folglich war die Genauigkeit und Zuverlässigkeit zweitrangig. Heutzutage jedoch, wo der Schwerpunkt immer mehr auf Geschwindigkeitsdaten durch das Wasser liegt, die für Anwendungen wie die Optimierung des Treibstoffverbrauchs von Schiffen und die Schätzung der Rumpfleistung unerlässlich sind, wird die Genauigkeit solcher Messungen sehr wichtig.

Wie werden die Daten in die Miros Mocean-Plattform integriert?
Gangeskar: Die Daten werden über den Miros Edge Computer an Bord des Schiffes gesammelt und in die Cloud übertragen. Dort werden die Daten gespeichert und archiviert und teilweise verarbeitet, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Außerdem gibt es eine Reihe von Anwendungen, sie können über einen Webbrowser aufgerufen werden und bieten Einblicke sowohl in die Echtzeit als auch in die historische Schiffsleistung. Es gibt auch eine Anwendung, die speziell die tatsächliche Leistung mit den Garantien in einem Chartervertrag vergleicht. Die Daten können einfach heruntergeladen oder anderweitig an ein Drittanbieter-Schiffsleistungssystem übertragen werden.

Haben Sie schon praktische Erfahrungen?
Gangeskar: Auf der Grundlage der Ergebnisse mehrerer Pilotprojekte erwerben wir kontinuierlich mehr Knowhow auf diesem Gebiet. Im Hinblick auf die Optimierung des Treibstoffverbrauchs von Schiffen kann die Eingabe von Daten zur Geschwindigkeit durch das Wasser genutzt werden, um mit den niedrigsten Gesamtkosten zu arbeiten. Daten mit einer Genauigkeit von wenigen cm/s statt z.B. 1 m/s zu haben, kann einen großen Unterschied machen. Das kann für ein einzelnes Schiff eine Senkung des täglichen Treibstoffverbrauchs um mehrere Dutzend Tonnen bedeuten.