Rolf Stiefel – Regional Chief Executive Central Europe & Russia – Bureau Veritas (© Bureau Veritas)

Perspektiven, Chancen und Herausforderungen für deutsche Reedereien

Ein Gastkommentar von Rolf Stiefel
Regional Chief Executive Central Europe & Russia – Bureau Veritas

Green Shipping wird viel diskutiert, oft aber nicht umfassend gedacht. Als Klassifikationsgesellschaft haben wir bei Bureau Veritas das Ziel, die deutschen Reeder auf ihrem Weg zu einer effizienten und zukunftsfähigen Schifffahrt zu unterstützen.[ds_preview]

Die Schifffahrt ist in den Jahrtausenden ihrer Existenz überwiegend eine umweltfreundliche Art der Mobilität und des Transports gewesen. Erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Einführung fossiler Brennstoffe ist der Antrieb von Schiffen durch hohe Emissionen zum Teil des Umweltproblems geworden. Ein Kreis, den es wieder zu schließen gilt.

Es gibt heute viele neue innovative Konzepte und Technologien zur Lösung des Umweltproblems, die sehr dynamisch weiterentwickelt werden. Entscheidend ist jedoch, das Umweltproblem und insbesondere die Dekarbonisierung deutlich umfangreicher als nur mit Blick auf den Schornstein zu betrachten.

Denn neben der Frage, wie wir Schweröl langfristig komplett durch CO2-neutrale Brennstoffe ersetzen können, spielen auch andere Technologien eine wichtige Rolle, die die Effizienz der Schiffe steigern und so Energie einsparen. Zu nennen sind hier beispielsweise Beschichtungen, die den Widerstand der Schiffshülle im Wasser reduzieren oder die zusätzliche Nutzung von Windenergie.

Wir setzen daher auf umfassende Lösungs- und Antriebskonzepte, die zum geplanten Fahrtgebiet und dem/der jeweiligen Schiffstyp und -form passen. Entscheidend für die Praktikabilität des Antriebskonzepts ist neben Effizienzsteigerung und Emissionsreduzierung auch die tatsächliche Verfügbarkeit der benötigten klimaneutralen Treibstoffe entlang des Fahrtgebietes. Welche Antriebstechnologien sich langfristig als die effizientesten, praktikabelsten und umweltschonendsten herausstellen werden, ist heute noch nicht abschließend zu beurteilen.

Klar ist aber, dass wir auf Dauer fossile Brennstoffe durch synthetische, klimaneutrale ersetzen müssen. Insofern wäre es denkbar, den Anteil synthetischer Brennstoffe beispielsweise in einem Fünf-Jahres-Rhythmus verpflichtend zu erhöhen und so zu einem nachhaltigen Wandel beizutragen.

Um sich für die Zukunft zu wappnen, stehen deutsche Reeder vor einigen Herausforderungen, die jedoch auch Chancen bieten. Insbesondere in Segmenten wie Küsten- und Containerfeederschifffahrt – traditionelle Stärken deutscher Reeder – ist Kompetenz und Innovationsfreudigkeit sichtbar, um die Transformation voranzutreiben.

Bei der größeren Tonnage gibt es jedoch, abgesehen von Hapag-Lloyd, wenig Bewegung. Das liegt unter anderem an der überwiegend fehlenden Finanzierung für deutsche Großtonnage. Nötig wären riesige Investitionen mit langen Amortisationszeiten.

Doch während die Tonnagereedereien in Norwegen, Singapur oder New York durch ihren Finanzmarkt direkten Zugang zu Kapital haben, leidet der deutsche Markt weiterhin unter der Vorsicht der Investoren nach der Krise von 2008. Deshalb sollte das Ziel deutscher Reeder sein, sich mit Fokus auf Environmental Social Governance (ESG) zu internationalisieren und sich attraktiver für den globalen Kapitalmarkt zu präsentieren.

Sie sollten die vielen technischen Stärken in den Vordergrund stellen und glaubhaft die Geschichte erzählen, dass hier das Know-how vorhanden ist, um die erforderlichen Innovationen für eine klimaneutrale Schifffahrt umzusetzen. Zur Unterstützung des deutschen Marktes bei diesen Zielen ist Bureau Veritas mit Erfahrungen mit unterschiedlichen Schiffstypen sehr breit aufgestellt. Dabei ist es uns wichtig, mit unserem erfahrenen, konstanten und kompetenten Team sehr nah am Kunden zu beraten – insbesondere im Bereich der innovativen, effizienten Neubauten und Antriebskonzepte.