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Trauriges Jubiläum zum Nikolaus-Tag: Am 6. Dezember 1961 strandete der britische Frachter »Ondo« im Sturm in der Elbmündung. Die Havarie war Teil der schweren Sturmserie von 1961/62, die in der »großen Sturmflut« gipfelte.[ds_preview]

Auf dem Weg von Nigeria nach Riga strandete am frühen Morgen des 6. Dezember 1961 der mehr als 130 Meter lange britische Frachter »Ondo« auf dem Großen Vogelsand. Der Kapitän hatte die Maschinen abstellen lassen, als direkt an der »Ondo« im schweren Sturm das Lotsenversetzboot vor dem Übersetzen des Lotsen kenterte, um die drei Männer im Wasser nicht zu gefährden. Die »Ondo« wurde vertrieben und strandete.

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Der Seenotrettungskreuzer »Ruhr-Stahl« war in den sechziger Jahren in Cuxhaven stationiert. Vormann Rolf Hoffmann und seine Besatzung retteten die Besatzungen der Frachter »Ondo« und »Fides« (© DGzRS)

Trotz der sofort eingeleiteten Rettungsaktion, an der seinerzeit sowohl der Seenotrettungskreuzer »Ruhr-Stahl«, der damals in Cuxhaven stationiert war, wie auch das Motorrettungsboot »Rickmer Bock« aus Friedrichskoog beteiligt waren, konnten die Seenotretter in der aufgewühlten See nur noch das gekenterte Boot finden. Die drei Männer, Seelotse Ulrich Engbruch sowie die Matrosen Martin Szakny und Henry Jetzi, kamen ums Leben.

In den darauffolgenden Tagen wurde mit zahlreichen Schleppern immer wieder versucht, den mit Kakao beladenen Frachter freizuschleppen. Vormann Rolf Hoffmann und seine Crew des Seenotrettungskreuzers verbrachten mehrere Nächte im Sturm auf Standby am Havaristen, brachten Inspektoren und Berger auf die »Ondo« und einen Verletzten an Land.

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Das Wrack der »Ondo« war viele Jahre lang weithin auf dem Großen Vogelsand zu sehen. (© DGzRS)

Die »Ondo« lag mitten in der schweren Brandung. An ruhigeren Tagen wurden Teile der Ladung gelöscht. Gegen Abend des dritten Tages erlitt das Schiff Wassereinbruch. Der Rumpf hielt dem Mahlsand nicht mehr stand. Am 11. Dezember herrschte wieder Sturm. Die »Ruhr-Stahl« holte die letzten 23 Mann mit dem Kapitän nachmittags von Bord. Weitere 42 Mann hatten sie bereits vorher vom Havaristen geholt.

Auch »Fides« havariert

Die »Ondo« war unrettbar verloren. Das Wetter beruhigte sich jedoch immer noch nicht.
Am 20. Januar 1962, nur eineinhalb Monate später, strandete der italienische Frachter »Fides« bei Südwest 7 mit 32 Mann Besatzung unweit der »Ondo«. Nach nur sechs Stunden brach der 148 m lange, mit Erz beladene Frachter vor der Brücke auseinander. Wieder war es die »Ruhr-Stahl«, die die Besatzung unter eigener Lebensgefahr rettete.

Drei Wochen später, am 12. Februar 1962, wurde die gesamte Nordseeküste von einer schweren Sturmflut heimgesucht. Der Nordweststurm der darauffolgenden Tage drückte das Wasser weiter in die Deutsche Bucht. In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar kam es dann zur Katastrophe. Ein Orkan traf auf die deutsche Küste. Die Wasserstände stiegen überall auf Rekordhöhen, Deiche hielten nicht mehr stand und brachen in Niedersachsen, in Hamburg und in Schleswig-Holstein. Bei der dramatischen Sturmflut kamen im Orkan 340 Menschen ums Leben, allein 315 in Hamburg.

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Der Frachter »Fides« brach im Mahlsand nur Stunden nach seiner Strandung auseinander (© DGzRS)

Auf der »Ondo« harrten in diesem Orkan fünf Mann aus, die mit Abwrackarbeiten beschäftigt gewesen waren. Der Frachter bekam in dieser Nacht fast 60 Grad Schlagseite, die fünf Männer an Bord sendeten Mayday-Rufe. Dem Seenotrettungskreuzer gelang es nicht, Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Erst bei einem weiteren Versuch holten die Seenotretter die Männer einzeln vom Wrack aus der Brandung. Die Besatzung der »Ruhr-Stahl« wurde für diese Rettungstat später mehrfach ausgezeichnet.

Die Katastrophen-Sturmflut in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 führte in den darauffolgenden Jahren zu umfangreichen Verbesserungen der Küstenschutzmaßnahmen an der gesamten Nordseeküste. Die »Ondo« und auch die »Fides« konnten aus ihrem nassen Grab nie befreit werden. Noch heute liegen ihre Überreste in den Mahlsänden der Elbmündung.