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Ukraine-Krieg, Offizierslücke, Flotten-Wachstum – der Fachkräftemangel auf See dürfte sich nach Ansicht des Branchendienstes Drewry weiter zuspitzen. Das hat nicht zuletzt Folgen für die Heuer-Aufwendungen.[ds_preview]

Die Lohnsätze für Seeleute würden angesichts des sich verschärfenden Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage bei Offizieren weiter steigen, heißt es im jüngsten »Manning Annual Review and Forecast« von Drewry. »Das anhaltende Flottenwachstum wird bis 2027 zum größten Mangel an Offizieren für die Welthandelsflotte seit mehr als einem Jahrzehnt führen, was erhebliche Auswirkungen auf die Einstellung von Seeleuten und die künftige Inflation der Besatzungskosten haben wird«, schreiben die Analysten.

Drewry Seefahrer Crew
© Drewry

Das derzeitige Offiziersdefizit wird auf etwa 5% des weltweiten Pools geschätzt, was für die Schiffsbetreiber in der Praxis weitgehend überschaubar sei. Es bestehe jedoch ein erhöhtes Risiko im Hinblick auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine, der das Angebot an einer großen Anzahl von Offizieren weiter einschränken könnte. In der Welthandelsflotte gehören Russen und Ukrainer zu den größten Gruppen unter den Besatzungen. Auch auf Schiffen deutscher Reeder stellen sie einen großen Anteil, wie Martin Kröger, der neue Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Reeder (VDR) kürzlich im HANSA-Podcast erläutert hatte.

Für 2027 wird erwartet, dass sich die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage auf ein Defizit von über 8% des weltweiten Offizierspools ausweiten wird. Dies gilt trotz eines leichten erwarteten Anstiegs der Wachstumsrate des Angebots – nach dem Auslaufen vieler Beschränkungen infolge der Corona-Pandemie erwartet man bei Drewry, dass die Ausbildungszahlen wieder steigen.

Der Report

Im Bericht werden für 38 repräsentative Schiffstypen aus den Bereichen Chemie, Container, Schüttgut, Stückgut, LPG, LNG, Offshore, Öltanker, Kühlschiffe und RoRo-Schiffe Kostenschätzungen für Seeleute, Trends und Beschäftigungsbedingungen dargestellt. Der Bericht untersucht auch das aktuelle und prognostizierte Angebot und die Nachfrage nach Seeleuten sowie die wahrscheinlichen Auswirkungen auf die Qualifikationsanforderungen und Lohnkosten.

»Die Anwerbung und Bindung von Offizieren mit Erfahrung auf anspruchsvollen Schiffstypen wird wahrscheinlich der erste Druckpunkt in einem sich verknappenden Angebotspool sein«, sagte Rhett Harris, Leiter der Crewing-Forschung bei Drewry. »Die Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass eine Karriere auf See für ehrgeizige und gut ausgebildete Menschen eine attraktive berufliche Option ist.«

Heuer steigen

Die weltweite Verbraucherpreisinflation soll im Jahr 2022 bei über 7% liegen, bevor sie im Prognosezeitraum bis 2027 wieder auf etwa 3% zurückgeht. Vor diesem Hintergrund wird erwartet, dass die Löhne der Seeleute von etwa 1,5% im Jahr 2022 um durchschnittlich 2,5% pro Jahr steigen werden. »Außerhalb dieser Durchschnittswerte wird es jedoch zu größeren Schwankungen je nach Rang, Nationalität und Schiffstyp kommen«, heißt es.

»Die steigenden Besatzungskosten werden durch den inflationären makroökonomischen Druck und den zunehmenden Offiziersmangel angetrieben«, fügte Harris hinzu. Zusammen mit höheren Versicherungs- und Lieferkettenkosten werde dieser Druck mittelfristig die Betriebskosten der Schiffe weiter in die Höhe treiben.