Die Umwelt-Regulierung der IMO sieht eine Kombination von technischen und betrieblichen Ansätzen zur Verringerung der Kohlenstoffintensität vor. Für die Klassifikationsgesellschaft Bureau Veritas kommt eine breite Palette an Retrofit-Maßnahmen in Betracht

Für ältere, vor 2015 gebaute Schiffe gilt künftig der Energy Efficiency Existing Ship Index (EEXI), die einmalige Berechnung zur Emissionsreduktion in Abhängigkeit des Schiffstyps, der Größe sowie der technischen Ausstattung. »Die einfachste Lösung, um bei Effizienz-Problemen eine Compliance zu erzielen, ist die Limitierung der Motorenleistung und so der maximalen Fahrt. Sogenannte Engine Power Limitation – EPL – Systeme sind auf dem Markt verfügbar und können relativ einfach nachgerüstet werden«, erklärt Rolf Stiefel, Regional Chief Executive bei Bureau Veritas Marine & Offshore.

Stiefel Bureau Veritas BV
Rolf Stiefel (© Bureau Veritas)

Bei einigen Schiffstypen lassen sich auch Lösungen durch eine unterschiedliche Bewertung des Schiffstyps und des überwiegenden Einsatzes erzielen. Ist die Hürde des EEXI genommen, spielt für alle Schiffe über 5.000 GT der Carbon Intensity Indicator (CII) eine entscheidende Rolle. Demnach müssen alle Schiffe der Größenordnung in einem jährlichen Reporting ihre Effizienz im Vergleich zu einem Zielwert, der im dreijährigen Rhythmus verringert wird, bewerten lassen. Dabei gibt es die Effizienzklassen A bis E. Schiffe, die Stufe E zugeordnet werden, müssen sofort Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Belastung einleiten. Dasselbe gilt für Schiffe, die drei Jahre lang Stufe D erreichen.

Aus den Regularien EEXI und Energy Efficiency Design Index (EEDI) lassen sich bereits Werte absehen, wann es bei Schiffen voraussichtlich zu Problemen mit dem CII kommt. Es stellt sich dann die Frage nach dem passenden Retrofit, auch in Anbetracht der Kosten, um die Attraktivität am Chartermarkt und somit die Lebenszeit des Schiffes zu verlängern.

»Aus technologischer Sicht sind Retrofits, die den Brennstoffverbrauch und damit den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren, am attraktivsten. Bei der Kraftstoffwahl sollten verschiedene Parameter bedacht werden. Die Kosten für eine Umrüstung auf Flüssigerdgas (LNG) sind beispielsweise hoch, da zusätzlich Tankanlagen installiert werden müssen«, sagt Stiefel. Die Nutzung von CO2-armen Bio-Diesel-Kraftstoffen scheint zunächst zwar interessant. Allerdings sind die Regeln, wie ein solcher Brennstoff in der CII-Kalkulation berücksichtigt wird, bisher noch nicht abgeschlossen. Der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC) bei der IMO ist hier noch zu keinen Ergebnissen gekommen. Nur für LNG und Methanol gibt es bereits offizielle Reduktionsfaktoren.

Windassistenzsysteme sind eine der verfügbaren Optionen für manche Schiffstypen © Airseas
Windassistenzsysteme sind eine der verfügbaren Optionen für manche Schiffstypen (© Airseas)

Kosten-Nutzen-Rechnung

Die grundsätzliche Herausforderung für Reeder besteht in dem Verhältnis von finanziellem und zeitlichem Aufwand sowie dem Nutzen in Hinblick auf die Einhaltung der Umweltauflagen und die Effizienz. Für entsprechende CO2-reduzierende Retrofits gibt es vielfältige Technologien auf dem Markt, die je nach Einsatzgebiet vielversprechend sind.

»Aus unserer Sicht sind – wenn möglich – die Installation von Zusatzwindsystemen (WAPS) eine der elegantesten Lösungen. Sie lassen sich auf bestimmten Schiffstypen einfach installieren und ermöglichen Einsparungen von mindestens fünf bis 20 % der CO2-Emissionen, so dass sich die Brennstoffkosten entsprechend reduzieren. Maßnahmen zur Verbesserung des Propulsionswirkungsgrades sind ebenfalls sehr sinnvoll – insbesondere dann, wenn wegen der Erlangung der EEXI-Zertifizierung bereits die Geschwindigkeit durch das Wasser mit EPL verringert wurde«, so Stiefel. Häufig sind dann der Propeller und auch der Wulstbug nicht mehr optimal darauf abgestimmt. Im Rahmen der Klassenerneuerung lassen sich Propeller, Propellerdüse oder auch der Wulstbug und/oder das Ruder auf die neue Geschwindigkeit optimieren.

Eine Verringerung des Widerstands im Wasser durch beispielsweise eine Luftschmierung des Unterwasserschiffes per Luftdüsen ist insbesondere für große, eher langsam fahrende Einheiten wie Bulker oder Tanker sinnvoll. Die Beurteilung, welche Veränderungen für ein Schiff sinnvoll sind, ist allerdings sehr vom Einzelfall abhängig und nicht pauschal zu beantworten. Mit einer speziellen Simulationssoftware kann die Klassifikationsgesellschaft Studien erstellen, um die optimalen Maßnahmen festlegen zu können.

Eine Rumpfverlängerung zur Integration eines LNGTanks ist eine Option für Containerschiffe – ein Approval in Principle hat diese Idee bereits bekommen © GTT
Eine Rumpfverlängerung zur Integration eines LNGTanks ist eine Option für Containerschiffe – ein Approval in Principle hat diese Idee bereits bekommen © GTT

Eine Frage des Schiffstyps

Zur Ermittlung des passenden Retrofits müssen die Rahmenbedingungen genau geprüft werden. Das beinhaltet auch, über den finanziellen Aufwand hinaus die erforderliche (kostenintensive) Umbauzeit sowie die noch zu erwartende Restlebensdauer des Schiffes zu bewerten. Die Auswahl der passenden Technologie bedingt sich nicht zuletzt auch durch die Schiffsart, wie Stiefel beschreibt: »Warum nicht kleine lokal operierende Schiffseinheiten zum Beispiel auf Batteriebetrieb umrüsten? Die Technologie wird immer wettbewerbsfähiger. Für große Tanker und Bulker sehen wir die klassischen wirkungsgraderhöhenden Maßnahmen wie Propulsion, WASP, Lufteindüsung und ein besseres Wetterrouting als zielführend. Für Containerschiffe mag eine Umrüstung auf einen neuen Kraftstoff wie LNG sinnvoll sein.«

Bureau Veritas hat kürzlich für mehrere solcher Konzepte ein Approval in Principal (AiP) erteilt: Das betraf zum einen ein Konzept für LNG-Container für Newport Shipping gemeinsam mit Marine Service sowie die zusätzliche Einbringung eines vorgefertigten LNG-Membrantanks durch eine Rumpfverlängerung mit GTT. Dabei ermöglicht die Vergrößerung der Schiffslänge (oder Jumboisierung) in Verbindung mit der Umrüstung der Antriebs- und Stromerzeugungssysteme auf LNG eine Senkung der Betriebskosten des Schiffs, wodurch die finanziellen Auswirkungen der für die Umrüstung erforderlichen Stilllegungszeit begrenzt werden.

Im Bereich der großen Kreuzfahrtschiffe konnte zum anderen Solid Sail entsprechend unterstützt werden: Solid Sail ist ein 1.200 m² großes, starres Segel aus zusammengesetzten Verbundplatten, das speziell für große Schiffe entwickelt wurde. Das System überwindet die üblichen Größenbeschränkungen von Standardsegeln aus Stoff. Aufgrund der Steifigkeit der Segelpaneele ist das Flattern geringer, wodurch sich die geschätzte Lebensdauer im Vergleich zu einem weichen Segel erhöht. Zudem hat Airseas die erste Installation seines automatisierten Drachens Seawing auf einem kommerziellen Schiff abgeschlossen und damit einen wichtigen Meilenstein bei der Einführung windgestützter Technologien zur Verringerung der Emissionen in der Schifffahrt gesetzt.

Präzise Vorbereitung

Rolf Stiefel sieht in der präzisen Vorbereitung eines Retrofit-Projektes die wichtigste Aufgabe für Reeder, um Kosten und Probleme zu reduzieren. Denn Überraschungen in der Werft während des Umbaus seien teuer und führen zu erheblichen Verzögerungen. Eine frühzeitige Planung und auch Abstimmung mit der Klassifikationsgesellschaft und eine Risikoanalyse könnten hier viel Ärger und Kosten sparen. »Die EEXI- und vor allem auch die CII-Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Schiffes im Markt sollten abgeschätzt werden. Um eine optimale Retrofitlösung zu ermitteln und bewerten, muss eine Kosten-Nutzen-Analyse erfolgen. Insbesondere, wenn es um einen größeren Retrofit geht, stellt die Risikoanalyse eine wichtige Entscheidungsgrundlage dar. Ein solches Projekt ist häufig komplexer als ein Neubau und erfordert eine sehr genaue Planung und die Bereitstellung der entsprechenden Ressourcen.«

Darüber hinaus ist das Risiko nicht zu vernachlässigen, dass Reparaturwerften aufgrund der vielen zusätzlichen Um- und Nachrüstprojekte in Engpässe geraten könnten. Besonders knapp ist häufig die erforderliche Engineering-Kapazität, um die Projekte effizient vorzubereiten und einen kurzen Werftaufenthalt zu ermöglichen.      (RD)


Abstract: EEXI and CII as retrofit guideposts

The IMO‘s environmental regulation provides for a combination of technical and operational approaches to reduce carbon intensity. For the classification society Bureau Veritas, a wide range of retrofit measures can be considered, amongst others these are wind-assistance or the integration of a dedicated LNG-tank through the lenghtening of a ship.