Egal, ob Tagesschau, Tageszeitung oder online: Die Häfen sind derzeit Dauergast in den Schlagzeilen.[ds_preview]
Nachdem die Frage »LNG-Import?« mit »Ja« beantwortet wurde, gibt es nun regelmäßige Wasserstandsmeldungen über kurzfristige Terminalprojekte und langfristige Bedenken. Gleichzeitig will sich die Politik keine Perspektivlosigkeit vorwerfen lassen und betont unaufhörlich den Heilsbringer Wasserstoff für die Energiewende – mit Produktions- und Lagerkapazitäten in Häfen. Auch die Offshore-Branche will sich nicht den Wind aus den Segeln nehmen lassen. Sie fordert Infrastruktur-Investitionen, damit Windpark-Basishäfen entstehen können.
Nicht zu vergessen die großen Stau-Probleme, ausgelöst vor allem durch Lockdowns in Schanghai und Probleme an der US-Westküste. Auch in der deutschen Bucht warten immer mehr Frachter auf Reede. Und niemand weiß, was passiert, wenn Peking die Unmengen von Containern zurück auf die Handelsrouten schickt. Dass das geplante Zusammengehen der deutschen Containerterminalbetreiber Eurogate und HHLA »aufgrund der aktuellen Unsicherheiten« und wohl auf Druck der Politik auf Eis gelegt wurde, macht die Sache nicht einfacher.
Last, but definetely not least: Der Tarifkonflikt zwischen den deutschen Seehafenbetrieben und der Gewerkschaft Verdi. Die Arbeitgeber sollen für einen Ausgleich der galoppierenden Inflation sorgen. Der Ton wurde zuletzt immer rauer. Ausgang ungewiss.
Die Häfen sollen vieles leisten. Und ganz schön viel auf einmal. Schön und gut, dafür gibt es sie. Aber dann sollten sie auch entsprechend gerüstet werden.
Ein Gutes hat die enorme derzeitige Aufmerksamkeit: Wer es bislang nicht gewusst hat oder es nicht wissen wollte, dem sollte nun klar sein, welch herausragende Rolle die Häfen für Handel, Arbeitsmarkt und Energiewende spielen.
So sollte es doch nun leichter fallen, politischen Willen zu finden, um die Häfen für all diese Aufgaben fit zu machen. Ohne passende Infrastruktur läuft der Handel nicht reibungslos, ohne Import- und Logistikkapazitäten für Gas- und Windenergie gelingen weder die Energiewende noch die Abkehr von Russland. Beides hat aber enorme Bedeutung auch für den Arbeitsmarkt, für den die Aussichten etwas weniger rosig werden, wenn die Ziele nicht erreicht werden (können).
Die Hafenwirtschaft braucht klare Regeln und Planungssicherheit. Sonst mangelt es an der ökonomischen Grundlage für Investitionen. Nötig sind Offshore-Häfen, Gas-Terminals, Containerkapazitäten. Unnötig sind elend lange Planungen – ebenso wie Stillstand infolge ausufernder Tarifstreitigkeiten. Wie groß der Tariffrust auch sein mag, kein Arbeitskampf legitimiert Sachbeschädigungen, wie sie vom Bremer Hafenlogistiker BLG gemeldet wurden. So wird eine konstruktive Auseinandersetzung noch schwieriger.
Michael Meyer
Stellvertretender Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal