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Das Schleppgeschäft steht unter Wettbewerbs- und Preisdruck. Verstärkt mischen auch die Linienreedereien mit. Die Fairplay Towage Group will sich nicht nur in den angestammten Revieren behaupten, sondern auch in den Süden expandieren.[ds_preview] Von Krischan Förster

Der Schleppermarkt in Nordeuropa bleibt umkämpft. Mit MSC, der Nr. 1 in der globalen Containerschifffahrt, mischt nach Maersk nun auch eine zweite Linienreederei in dem Geschäft mit. Etablierte Anbieter wie die Hamburger Fairplay Towage versuchen, sich der neuen Konkurrenz zu erwehren und ihrerseits neue Märkte zu erschließen.

Nach dem Kauf der URAG und von Lütjen & Reimers 2017 hatte die Boluda-Gruppe im August 2019 mit der Übernahme von Kotug Smit die ohnehin schon stattliche Präsenz in Nordeuropa weiter ausgebaut und insgesamt 300 Mio. € für die 67 Schlepper in wichtigen europäischen Häfen wie Rotterdam, Terneuzen und Vlissingen, Liverpool, London Gateway und Southampton sowie Zeebrugge, Gent und Antwerpen investiert. Insgesamt umfasst die Flotte damit mehr als 300 Schlepper in 90 Häfen.

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Holger Schwesig, Geschäftsführer Fairplay Towage (© Fairplay Towage)

An der Nordrange waren damit de facto nur noch drei ernsthafte Wettbewerber übriggeblieben, in einigen Häfen sogar nur noch zwei. Neben Boluda sind das die Maersk-Tochter Svitzer mit weltweit mehr als 400 Schiffen und die Hamburger Fairplay Towage Group, die ihrerseits mit der Übernahme von Bugsier und der Übernahme von Geschäften in der Ostsee zwar auch gewachsen ist, mit einer Flotte von rund 100 Schiffe aber nur ein Drittel so groß ist wie Boluda.

Nun verschärft MSC mit der eigenen Schleppsparte Med Tug den harten Wettbewerb noch weiter. Im Sommer vergangenen Jahres nahm das neu gegründete Tochterunternehmen zunächst in der belgischen Hafenstadt Antwerpen das Hafenschleppgeschäft auf, dann folgte Bremerhaven, Rotterdam steht bei den Planern ebenfalls auf der Agenda. Beendet wurde damit auch die Partnerschaft mit Fairplay, die allerdings nur ein Jahr währte.

»Die Konditionen haben einfach nicht gepasst«, sagt Holger Schwesig, einer der beiden Geschäftsführer bei Fairplay. Gemeint sind nicht nur die Preise, die die Linienreederei zahlen wollte, sondern auch der mangelnde Informationsfluss. »Entweder man begegnet sich auf Augenhöhe oder man lässt es lieber«, sagt Schwesig.

Nun hat Boluda parallel zu Med Tug das MSC-Geschäft in den deutschen Häfen übernommen. Dass die zuletzt stark expandierenden Spanier dabei vermutlich Gebühren akzeptieren, für die Fairplay nicht fahren würde, zeigt ein weiteres Problem auf: Während in den Häfen Nordeuropas ein harter Wettbewerb herrscht, hält Boluda im Heimatmarkt Spanien mit dem wichtigen Hafen Valencia quasi ein Monopol. Der Verdacht liegt nahe, dass die dort erzielten hohen Tarife genutzt werden, um an umkämpften Standorten mit niedrigeren Gebühren Marktanteile dazuzugewinnen.

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Das Geschäft mit der Abfertigung von Containerschiffen ist besonders hart umkämpft (© Fairplay Towage)

Klage bei der EU

Fairplay wehrt sich mit allen Kräften und klagt dagegen bei der EU-Wettbewerbsbehörde. Noch lieber würde die Hamburger Reederei aber den Spieß umkehren und ihrerseits gegen Boluda in Spanien antreten. Ein erster Versuch, auf den Kanaren Fuß zu fassen, musste jedoch im vergangenen Jahr wieder abgebrochen werden, nachdem die Hafenverwaltung auf Gran Canaria die Lizenzbedingungen zuungunsten von Fairplay veränderte, indem sie eine ausreichend große Flotte verlangte, um alle Leistungen allein erbringen zu können. Fairplay hätte die Kanaren-Flotte von vier auf neun Schiffe vergrößern, sich aber die Aufträge weiter mit Boluda teilen müssen – somit hätte in Überangebot bestanden. »Das ist wirtschaftlich nicht darstellbar«, sagt Schwesig. Zudem wurden nur drei Monate Zeit eingeräumt. Auch gegen die neuen Lizenzbedingungen klagen die Hamburger, der Ausgang ist allerdings offen.

Die Hoffnungen, über den Kunden MSC in Valencia, dem größten und interessantesten Hafen Spaniens, Fuß fassen zu können, haben sich mit dem Ende der Zusammenarbeit zerschlagen. Im März kommenden Jahres soll laut Schwesig aber ein neuer Versuch unternommen werden. »Ein Basis im Süden ist auch für unser Offshore-Schlepp- und Bergungsgeschäft wichtig«, sagt er. Künftig könne angesichts der Ausbauziele in Europa auch der Bereich Offshore Wind eine größere Rolle, »aber diesem Thema nähern wir uns vorsichtig und mit Bedacht.«

Gut 85% der Schiffe und des Umsatzes ist die Hafenschlepp-Sparte bedeutend größer als die Offshore-Abteilung, die unter der Marke »Bugsier Offshore« angeboten wird. Von den mehr als 100 Schleppern sind 12 bis 15 Offshore-geeignet, können aber jederzeit auch in den Häfen zwischen Gdansk (Ostsee) und Antwerpen (Nordsee) eingesetzt werden. Wie viele Einheiten jeweils auf die einzelnen Standorte kommen, wird der Marktlage und dem Bedarf angepasst. »Das halten wir sehr flexibel«, sagt Schwesig.

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Über eine bessere Energieeffizienz will Fairplay Towage zu einem klimaneutralen Betrieb gelangen (© Fairplay Towage)

Im öffentlichen Auftrag betreibt die Reederei zudem Küstensicherungsschlepper in Deutschland und über die 50%-ige Beteiligung Multraship in den Niederlanden sowie verschiedene Ölbekämpfungsschiffe an den Küsten.

Für mindestens sechs weitere Jahre wird Fairplay die Hochseeschlepper »Nordic« (78 m, 201 t Pfahlzug) in der Deutschen Bucht und »Baltic« in der Ostsee für Havariefälle vorhalten. Erstmals wird mit der 37 m langen »Fairplay 35« 103 t Pfahlzug) ein sogenannter Präsenzschlepper für die Elbe in Stade-Bützfleth stationiert. Die Vertragslaufzeit liegt zunächst bei einem Jahr mit einer sechsmonatigen Verlängerungsoption. Aber auch in diesem hoch speziellen Nischengeschäft erwächst durch Boluda neue Konkurrenz: Die »Bremen Fighter«, (104 t Pfahlzug) kommt zwei Jahre lang von Sassnitz aus zum Einsatz.

Nach der Übernahme von Bugsier hätten die Integration und Neuordnung des Unternehmens auf der Agenda gestanden. Das sei jetzt erfolgreich abgeschlossen, sagt Schwesig. Der Blick richtet sich jetzt wieder nach vorn. Auch Neubauten rücken wieder in den Fokus, nachdem Fairplay schon seit geraumer Zeit keine neuen Schiffe mehr bekommen, sondern bei Bedarf Einheiten eingechartert hat.

Als erster Neubau wurde im August vergangenen Jahres ein eisgängiger Shoal­buster 2711 ICE mit 45 t Pfahlzug bei Damen Shipyards für den Einsatz vor Polens Küste bestellt. Künftig zwingen allein schon die Umweltvorgaben dazu, die Flotte weiter zu erneuern. Rein rechnerisch müssten es drei Schlepper pro Jahr sein, um bei einer 100 Schiffe zählenden Flotte veraltende Einheiten abzulösen. Über die Steigerung der Effizienz will sich auch Fairplay auf den Weg zu einem klimaneutralen Schlepp-Betrieb aufmachen. »Es gibt allerdings einige Hürden, die noch zu überwinden sind«, sagt Schwesig. Die Wahl des richtigen Kraftstoffs gehört aus seiner Sicht dazu, ebenso der Aufbau der benötigten Infrastruktur an Land.

Nachhaltigkeit immer wichtiger

Batterien, Methanol, Wasserstoff? »Für alles gibt es bereits erste Pilotprojekte, und wir schauen uns auch alles an«, sagt der Fairplay-Geschäftsführer. Konkrete Entscheidungen seien allerdings noch nicht gefallen. Auch aus Sicht der Wettbewerber wird das Thema Nachhaltigkeit die größte Rolle spielen: »Wer darauf setzt, wird künftig ganz vorn mitspielen«, heißt es bei Svitzer.

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Mit rund 100 Schleppern ist Fairplay Towage in den nordeuropäischen Häfen zwischen Antwerpen und Gdansk in der Ostsee im Einsatz (© Fairplay)

Schwesig hofft allerdings darauf, dass das Risiko nicht allein auf die Reedereien abgewälzt wird. »Es braucht Anreize oder ein Bonus-System, zum Beispiel bei den Hafengebühren«, sagt er. Sonst könnten Unternehmen, die eben nicht in moderne Antriebe investieren, leicht Wettbewerbsvorteile erringen, wenn sie ihre Leistungen ohne die Belastung aus den Investitionen günstiger anbieten könnten.

Vorerst gehe es darum, aus der vorhandenen Technik das Bestmögliche herauszuholen. »Wir haben es immerhin geschafft, über unser Fuel-Efficiency-Programm den Kraftstoffverbrauch um 35% über die Flotte zu reduzieren.«

Zweites großes Thema bei Fairplay ist, wie nahezu in der gesamten Schifffahrt, der maritime Nachwuchs. Auf den Notschlepper unter der deutschen Flagge mit deutschen Besatzungen wird selbst seit Jahren ausgebildet. Und dennoch zeichnet sich ein gravierender Mangel an Schiffsmechanikern und Nautikern ab. Um das zu ändern, müsse man konzertiert über den Verband Deutscher Reeder zusammenarbeiten, sagt Schwesig. »Wir halten jedenfalls am deutschen Seemann fest.«


Abstract: Fairplay to stand up to fierce competition in the tug business

Tug operators in North Europa are subject to fierce competition and price pressure. Liner shipping companies are also increasingly pushing into the market. Fairplay Towage is not only willing to assert itself in traditional business fields, but also wants to expand to the south. Initial attempts to stand up to the big competitor Boluda on the Canary Islands were canceled – next year a new try is planned though.