Print Friendly, PDF & Email

Die französische Unternehmensgruppe Louis Dreyfus will die maritime Kontraktlogistik und den Offshore-Service ausbauen – zu Lasten des Bulk-Geschäfts. Ein weiterer Fokus: ein bestimmtes alternatives Antriebssystem. Von Michael Meyer[ds_preview]

Das Erscheinungsbild von Louis Dreyfus hat sich seit der Gründung 1851 ganz schön gewandelt. Ursprünglich war die Gruppe einmal als Agrarhändler groß geworden, es folgten eine breite Palette weiterer Aktivitäten, unter anderem im Bank-Sektor und seit 1903 eben auch in der Schifffahrt. Heute werden in der Sparte Louis Dreyfus Armateurs (LDA) rund 30 eigene Schiffe sowie eine zusätzliche Charter-Flotte aus verschiedenen Segmenten und Größen betrieben. Darunter sind Bulker, RoRo-Schiffe, Offshore-Service- und Crew-Transfer-Einheiten sowie diverse Kabelleger. Auch die »Shallow-Water«-Schifffahrt mit großen Barges und Schleppverbänden vor allem in Asien ist ein nicht ganz unwesentlicher Geschäftszweig der Gruppe.

Innovation LD Seaplane 4PL logistics
Zu den wichtigsten Partnern von LDA gehören die Reederei Wallenius Wilhelmsen und der Flugzeugbauer Airbus (© LDA)

Vor rund 20 Jahren war eine gewisse Diversifizierung angestoßen worden, weg von reinen Bulk-Transporten und hin zu Partnerschaften für Industrieprojekte. Aktuell nehmen die Segmente Offshore, Projekte/Industrie und Bulk jeweils rund ein Drittel des LDA-Geschäfts ein. Mathieu Muzeau, Geschäftsführer von LD Ports & Logistics, kündigt aber an, dass sich das ändern wird: »Wir wollen vor allem im Offshore- und Logistikgeschäft wachsen«. Die Bulk-Schifffahrt werde entsprechend anteilsmäßig etwas schrumpfen.

Seit längerer Zeit sind die Franzosen schon im Breakbulk- Transport aktiv, wie Muzeau im Gespräch mit der HANSA erläutert. Die wichtigsten Kunden sind beispielsweise Airbus und Alcatel. Als der Flugzeugbauer seine Logistikkette um den Seeweg erweiterte, kam Louis Dreyfus Freight Solutions zum Zug. Die Gruppe war damit nach eigenen Angaben vor 20 Jahren der erste Logistikpartner, der die Airbus-Transporte von Luft- auf Seefahrt umstellte. Die Zusammenarbeit umfasste Teile von A380-, A400M- und A320-Flugzeugen. 2021 folgte schließlich ein Auftrag für Teile des Modells A220, die von China nach Kanada gebracht werden. Louis Dreyfus kooperiert dafür mit der skandinavischen RoRo-Reederei Wallenius Wilhelmsen. Muzeau betont das Ziel, das Geschäft mit derartigen »Door-to-Door«-Lösungen auszubauen.

Die Basis »Cetragpa«
Eines der ehemals wichtigsten Segmente: Die Massengut-Tochter LD Bulk – ehemals Cetragpa – kümmert sich vor allem um Agrar-, Kohle- und Eisenerz-Transporte. Cetragpa war 1972 gegründet worden als Zusammenschluss zweier Pools französischer Reeder: Agpa – Eigentum von der Compagnie Générale Transatlantique und der Worms Group – und Cetramar, bestehend aus der Louis Dreyfus Group, Rothschild, Chargeurs Réunis und Union Navale. 1978 übernahm LD die Cetragpa vollständig. Zu den Kunden zählen bekannte Namen wie Arcelor Mittal, Nippon Steel, Glencore, Rio Tinto, EDFGT, Cargill oder Goldman Sachs.

Einsatz für deutsche Energie

Vor wenigen Jahren folgte schließlich der Einstieg in den Offshore-Markt. Schon seit 2011 hat man für diese Industrie eine Kabelleger-Flotte aufgebaut. Später wurden bei der türkischen Cemre-Werft zwei Service-Schiffe (SOV) bestellt, die mittlerweile in Dienst gestellt sind: »Wind of Change« und »Wind of Hope« – eingesetzt etwa im britischen Windpark »Hornsea Two« und bei den deutschen Projekten »Borkum Riffgrund 1 & 2« und »Gode Wind 1 & 2«.

In diesem Segment will man nun auch wachsen. »Das ist eines der wichtigsten Segmente für die kommenden Jahre für uns«, bestätigt Muzeau. Im Blick ist dabei unter anderem das ambitionierte Windparkprogramm der französischen Regierung, von dem LDA profitieren will.

Aktuell liegt der Fokus auf SOV und CTV, zuletzt wurden einige Neubauten in Dienst gestellt. In den Installationsmarkt will man jedoch vorerst nicht einsteigen. »Die Rotorblätter werden immer größer, die Anforderungen ändern sich ständig. Da ist das Risiko hoch«, sagt der Manager.

Neben dem erhofften Offshore- und dem Logistik-Wachstum soll das Geschäft mit großen Industriepartnern wie Airbus oder Alcatel ein wichtiges Standbein bleiben. Klassische Container- oder MPP-Reeder sollten sich jedoch keine allzu großen Hoffnungen machen, dass sie dabei zum Zuge kommen. Denn LDA will auch künftig die Karte »RoRo« ausspielen. Als Grund nennt Muzeau unter anderem die bessere Planbarkeit. Mit Blick auf die Verwerfungen in den Container-Logistikketten betont er: »Unsere Kunden wollen eine pünktliche Lieferung. Das können sie mit Containern nicht mehr erreichen.« Im RoRo-Geschäft sei dies leichter zu gewährleisten, entweder mit Partnern wie Wallenius Wilhelmsen oder auch auf eigene Faust, wie es LD zwischen Europa und Nordamerika tut.

Auch Heavylift-Schiffe sind nicht die erste Wahl bei den Franzosen, »weil wir regelmäßige Linien brauchen«. Im Heavylift-Geschäft sei es deutlich schwieriger, einen weltweiten Support aufzubauen mit Schiffen, die beispielsweise alle zehn Tage im selben Hafen liegen können. »Wir glauben wirklich an den RoRo-Verkehr.« Bei LDA bewertet man zudem das Schadensrisiko geringer, »man hat keine oder nur wenige Hebevorgänge und damit mehr Kontrolle, was bei anderen Transporten nicht der Fall ist.«

Flotten-Investition?

Ob und wenn ja in welchem Umfang in die diversifizierte Flotte investiert wird, ist zum jetzigem Zeitpunkt noch unklar (bis auf eine Ausnahme, dazu später mehr). »Ja, die Märkte sind aktuell gut, aber die Neubau-Kosten sind hoch. Wir gehörten noch nie zu denjenigen, die investieren, wenn die Preise hoch sind«, sagt Muzeau.

LDA WINDOFHOPE ©Ilago 8
Mit Offshore-Schiffen ist LD auch für deutschen Windpark-Projekte aktiv (© LDA)

Anders sieht es bei einem Thema aus, dass sich zu einem Herzensprojekt von LDA zu entwickeln scheint: einem Hilfsantrieb mittels Windkraft. Schon 2019 war die Ankündigung zu vernehmen, man wolle ein Drachensystem von Airseas auf dem RoRo-Schiff »Ville de Bordeaux« installieren. LDA trat der Windship Association (IWSA) bei und propagiert die Windenergie immer stärker als alternatives Antriebselement beziehungsweise als potenzielle »Schlüssellösung« für die Dekarbonisierung der Branche. Aktuell läuft die Installation eines 500 m2 großen »Seawing«-Kites für den Einsatz im transatlantischen Transport. Die Firma Airseas war von ehemaligen Airbus-Ingenieuren gegründet worden. Das Segel soll in rund 300 m Höhe die Windkraft nutzen. Die Entwickler gehen von einer durchschnittlichen Reduzierung des Treibstoffverbrauchs und der Emissionen um rund 20 % aus. »Wir müssen jetzt erst einmal sehen, wie sich das System in der Praxis bewährt«, so Muzeau, man sei aber zuversichtlich. Bei LDA wünscht man sich jedoch auch etwas mehr politische Förderung, schließlich hätte die Dekarbonisierung der Schifffahrt einen gesamt-gesellschaftlichen Nutzen.

Kein Verkauf

Einer der Knackpunkte ist wie so oft die Finanzierung. Ein starker Kapital-Partner könnte helfen, ein Einstieg steht bei LDA aber nicht unmittelbar bevor. Auf Konzernebene ist Louis Dreyfus diesen Weg gegangen, 2020 gab man 45 % der Anteile an ADQ, eine staatliche Investmentgesellschaft aus Abu Dhabi, ab. Teil des Deals waren langfristige Logistikverträge für Rohstoffimporte.

Für LDA sind solche Transaktionen laut Muzeau keine Option. Indirekt war die 2006 abgespaltene (aber immer noch im Besitz der Familie Louis Dreyfus befindliche) Tochter allerdings schon von dem Deal betroffen: Denn LDA startete eine Partnerschaft mit dem Logistikunternehmen AD Ports. Und diese Firma wiederum ist Teil von ADQ. »LDA ist und bleibt aber zu 100 % in der Hand der Familie«, betont der Manager. Die »lange Geschichte« von Joint Ventures und Partnerschaften könne aber durchaus Fortsetzungen finden. Mit Airbus, Alcatel oder AD Ports mache man das ja auch.

Wenn es um den Wind als Hilfsantrieb geht, könnte LDA vielleicht sogar von der Strategie abweichen, nicht in den Containertransport zu investieren. »Wir sprechen über bestimmte Dinge mit Kunden, die für ein spezifisches Projekt die Emissionen signifikant senken wollen«, sagt Muzeau, »es gibt Interesse an einem Schiff mit Windantriebstechnologie.« Dieses Interesse kommt zwar nicht aus dem eigentlichen Containermarkt, sondern aus einem Nischensegment. Der Transport könnte aber neben Breakbulk- auch containerisierte Ladungen umfassen. »Wir haben eine Lösung, die diese Anforderung erfüllen kann«, sagen die Franzosen. Im Blick haben die Verantwortlichen dabei keinesfalls einen Umbau, sondern den Bau und Betrieb eines neuen Schiffs nach eigenem Design. Spruchreif ist es bislang jedoch noch nicht.


Abstract: RoRo, not Heavylift or Containers for Louis Dreyfus
French industry group Louis Dreyfus aims to expand maritime contract logistics and offshore services – at the expense of the bulk shipping segment. In doing so, the group is not necessarily focusing on container or multipurpose vessels.