Michael Meyer, Stellvertretender Chefredakteur (© HANSA)

Steigt die staatliche chinesische Cosco-Gruppe nun am Hamburger Containerterminal Tollerort (CTT) ein oder nicht?[ds_preview]

Die Hafengruppe HHLA – übrigens noch immer zu mehr als zwei Dritteln in der Hand der Stadt – will es durchziehen, um eine gewisse Menge an Containerumschlag zu sichern. Einer der größten Fürsprecher: Bürgermeister Peter Tschentschers Vorgänger Olaf Scholz, immerhin aktueller Bundeskanzler Deutschlands. Allerdings hat er diese Meinung in seinem Kabinett offenbar recht exklusiv, sechs Ministerien sorgen sich vor dem Ausverkauf deutscher kritischer Infrastruktur und einer zu großen Abhängigkeit von einer nicht gerade demokratischen Großmacht China. Ist das nun Panikmache oder »Notbremse«?

Hamburg wird seit Jahren beschieden, dass es sich Reeder-Beteiligungen im Hafen besorgen soll, um deren Schiffe anzulocken. Aber an der Elbe gab man sich stets zurückhaltend – bis auf eine Zusammenarbeit mit Hapag-Lloyd.

Cosco erscheint Vielen nicht als richtiger Partner. Aber gibt es Alternativen?

Andere Reeder wie Maersk, MSC oder CMA CGM kaufen sich übrigens auch ein, etwa bei direkten Nordrange-Konkurrenten. Bislang aber nicht in Hamburg.

Für Cosco wäre es keine Premiere. In anderen Ländern gibt es »dedicated terminals« für die Chinesen. Bisweilen rumpelt es da auch mal. Aber in der Regel wollen die Häfen die durch Cosco garantierten Ladungsvolumen nicht verlieren und halten zumindest offiziell still, auch wenn die Einflussnahme groß wird.

Wahrscheinlich hängt das Vorpreschen von Scholz auch weniger mit seiner angeblichen Nähe zu »seinem« Hamburg als vielmehr mit seinem Besuch in Peking für »sein« Deutschland zusammen. Danach, im November, werden die (realpolitischen) Zusammenhänge seiner Aktion vermutlich etwas klarer sein.

Ein anderes Feld, in der immer wieder über eine wachsende Abhängigkeit von China geredet wird ist die Schiffsfinanzierung. Dort läuft diese Art der Zusammenarbeit deutlich geräuschloser ab. Schiffe sind aber offenbar nicht so sehr kritische Infrastruktur. Das wäre nebenbei bemerkt mal eine eigene Diskussion mit den Vertretern der politischen Zunft wert…

Seit Jahren pumpen chinesische Banken und Leasing-Häuser immense Summen in die Branche. Vier dieser Kapitalpartner werden mittlerweile sogar in den Top 20 der weltgrößten Containerschiffseigner geführt. Auch in anderen Schiffssegmenten gibt es große Aktivitäten (mehr Informationen dazu in dieser Ausgabe). Der Kundenstamm ist eine illustre Runde mit großen Reedereinamen. Über alle Flotten hinweg sind es mittlerweile 1.500 maßgeblich aus China finanzierte Schiffe – seien es Neubauten oder Secondhand-Käufe. Der Gesamtwert: über 81 Mrd. $.

Auf Ebene von Schiffen und Flotten gibt es sie aber definitiv, die Alternativen zu chinesischem Geld, auch in Europa. Sie sind zumeist anders aufgestellt und tauchen in den großen Flotten-Rankings daher eher nicht auf. Auf dem diesjährigen HANSA-Forum »Schifffahrt | Finanzierung« am 1. Dezember werden wir darüber wieder einiges hören. Es geht um Kapitalmärkte, Finanzierungsmöglichkeiten sowie operative und strukturelle Lösungsmöglichkeiten – in einer Zeit, die zunehmend von Unsicherheit geprägt ist. Mal sehen, welche Gelegenheiten sich daraus ergeben könnten.