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Zum 1. Januar 2023 müssen sich alle Schiffe ab 5.000 BRZ nach dem neuen Carbon Intensity Index (CII) der IMO bewerten lassen. BIMCO hat jetzt die lang erwartete Klausel für Charterverträge vorgelegt.[ds_preview]

Kerngedanke bei der Erarbeitung des vorgeschlagenen Vertragszusatzes war es, dass künftig Zeitcharterer die Verantwortung für die Emissionsbilanz eines Schiffes übernehmen, da sie auch die relevanten Entscheidungen im laufenden Schiffsbetrieb trefffen. Beim Abschluss eines neuen Chartervertrags oder bei der Aufnahme der Klausel in einen bestehenden Vertrag müssen sich die beteiligten Parteien auf einen bestimmten CII-Wert einigen, der jedes Jahr erreicht werden muss.

Vorgelegt hat den Vertragstext ein bei BIMCO angesiedelter Ausschuss, der sich aus Schiffseignern, Charterern sowie Rechts- und Versicherungsexperten zusammensetzte, teilte die Organisation mit. »Nach mehr als achtmonatigen Beratungen und Konsultationen haben wir uns auf eine Klausel verständigt, die für Reeder und Charterer eine hervorragende Ausgangsbasis für Verhandlungen darstellt und in der Praxis anwendbar ist«, sagt Nicholas Fell, Vorsitzender des BIMCO-Dokumentenausschusses.

Wildwuchs bei den Charterklauseln

Die Reederschaft hatte große Hoffnungen auf die neue BIMCO-Klausel gesetzt. Allerdings kommt der Entwurf ganz kurz vor Torschluss. Viele Zeitcharterverträge wurden längst für die nächsten Jahre verlängert oder neu abgeschlossen, wobei Insidern zufolge ein Wildwuchs an Regelungen zur CII-Einhaltung und den damit verbundenen Kosten entstanden ist. »De facto versucht jede Linienreederei ihre eigene CII-Klausel durchzusetzen, um sich aus der Haftung zu stehlen.

»Das sind mühsame Verhandlungen«, heißt es seitens einer größeren deutschen Reederei. So versuchten die Charterer, die für die Disposition der Reisen und den Bunkereinsatz verantwortlich sind, ihre Verpflichtung auf »best efforts« zu begrenzen, was einer minimalen Dienstgüte-Zusicherung entspricht.

Droht ein Schiff aufgrund überhöhter Geschwindigkeiten oder längerer Wartezeiten vor Anker in ein nicht akzeptables oder kritisches CII-Rating (E oder D) zu rutschen, könnten teure Ausgleichsmaßnahmen erforderlich werden – zum Beispiel eine Umstellung des Betriebs auf teurere, CO2-neutrale Treibstoffe für den Rest des Jahres. Strittig ist dann, wie solche Kosten zwischen Reeder und Befrachter aufgeteilt werden.

Streit um Kosten

Namhafte Charterer sollen darauf gedrängt haben, diese Mehrausgaben nur zur Hälfte zu übernehmen. Wie man sich einigt, hängt letztlich von den Marktbedingungen (Angebot/Nachfrage) ab: Bei knapper Tonnageverfügbarkeit können die Reeder eher ihre Position durchboxen, bei einem Überangebot setzen sich die Charterer mit ihren Bedingungen durch.

Ein britischer Makler berichtet gegenüber der HANSA, dass ein großer Charterer in der Tankschifffahrt vor kurzem sogar eine Rückerstattung von Frachtzahlungen habe durchsetzen wollen für den Fall, dass ein Schiff dank guter Reiseplanung und konstanter Geschwindigkeit sein CII-Rating verbessert.

Bereits im Dezember 2021 hatte BIMCO eine EEXI-Übergangsklausel und Ende Mai 2022 eine neue ETSA-Klausel (Emissions Trading System Allowances) für Zeitcharterparteien veröffentlicht, letztere als Reaktion auf die Absicht der EU, die Schifffahrt in das Emissionshandelssystem (ETS) einzubeziehen. Die CII-Klausel ist die vorerst jüngste Ergänzung, weitere Klauseln sollen folgen, zum Beispiel Charterverträge im Spotmarkt. Die »CII Operations Clause for Time Charter Parties« ist auf BIMCO.org verfügbar.

Informationen zum CII

Der CII weist die CO2-Emissionen (in g) aus, die pro Seemeile pro tdw ausgestoßen werden. Das betrifft alle Fracht-, RoPax- und Kreuzfahrtschiffe über 5.000 BRZ. Jedes Schiff erhält dazu eine Bewertung seiner CO2-Intensität, die in fünf Kategorien von A bis E eingeteilt ist. Für den Start im kommenden Jahr wird eine Emissionsreduzierung von 5% gegenüber dem Stand von 2019 verlangt, danach jährlich um jeweils weitere 2%. Für Schiffe, die in drei aufeinanderfolgenden Jahren nur mit der Klasse D oder E bewertet werden, müssen die Reedereien einen verbindlichen Maßnahmenkatalog erarbeiteten, um durch eine Verringerung der CO2-Emissionen mindestens die Einstufung in Klasse C zu erhalten.

Eine von der Klassifikationsgesellschaft ABS auf der Grundlage von EU-MRV-Daten für 2019 durchgeführte Analyse legt nahe, dass 92% der Containerschiffe, 86% aller Bulker, 74% der Tanker, 80% der Gastanker und 59% der LNG-Tanker in irgendeiner Form technisch modifiziert oder umgerüstet werden müssten, um die Energieeffizienzklasse A, B oder C zu erreichen.