Die Mittel für einen Neubau sind bereits freigegeben, aber noch fährt die »Polarstern«. Heute feiert das bekannte deutsche Forschungsschiff seinen 40. Geburtstag.[ds_preview]

Am 9. Dezember 1982 wurde der Forschungseisbrecher in Dienst gestellt. Seither wurden 130 Expeditionen für das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, AWI) durchgeführt und immer wieder auch deutsche Werften für Wartungs- oder Überholungsarbeiten angesteuert, vor allem die Lloyd Werft war regelmäßiger Gastgeber.

Einen großen Bekanntheitsschub erfuhr das von der Hamburger Reederei Laeisz bereederte Schiff zuletzt unter anderem mit der MOSAiC-Expedition, während der es von September 2019 bis Oktober 2020 festgefroren an einer Eisscholle durch die Arktis driftete. Für Aufmerksamkeit sorgt seit einiger Zeit aber auch die politischen Entwicklungen um einen geplanten Neubau einer »Polarstern«. Wann es zu einem Auftrag für eine Werft kommt, ist noch nicht abzusehen. Der Bundestag hat die Mittel damit zumindest schon freigegeben.

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Die »Polarstern« liegt als Rohbau im Dock der Howaldtswerke Deutsche Werft AG (© Ulrich Mack / AWI)

Gebaut worden war die »Polarstern« von einem Konsortium der Howaldtswerke-Deutsche Werft in Kiel und der Werft Nobiskrug in Rendsburg. Das Flaggschiff des Alfred-Wegener-Instituts war seitdem immer wieder in der Arktis und Antarktis unterwegs und war zwischenzeitliches »Zuhause« für tausende Forschende aus Deutschland und der ganzen Welt. Dabei hat die Polarstern 1,8 Mio. sm zurückgelegt. Derzeit ist das Schiff auf einer Expedition nahe Südgeorgien unterwegs.

Das AWI schreibt anlässlich des Geburtstags, dieser besondere Forschungseisbrecher habe auch »viele Geheimnisse der Polarregionen« gelöst. So konnten Forschende erstmals in der Arktis etwa explosiven Vulkanismus unter dem Eis beschreiben oder sogenannte Schwarze Raucher nachweisen – Hydrothermalquellen in der Tiefsee mit besonderen Lebensgemeinschaften.

»Wir lieben unser Schiff«

Der Einsatz neuer Unterwassertechnologien spielt auch bei der Planung der Nachfolge der Polarstern eine große Rolle: Nach 40 Dienstjahren muss das Schiff trotz guter Wartung bald ersetzt werden. Die Indienststellung des Nachfolgeschiffs ist für das Jahr 2027 geplant.

»Wir lieben unser Schiff ›Polarstern‹, was so vielen Menschen ein sicheres Zuhause in extremen Bedingungen gegeben hat und gratulieren ihr herzlichst zum 40. Geburtstag, sagte AWI-Direktorin Prof. Antje Boetius. Damit das AWI auch in den kommenden und für die Zukunft des Planeten entscheidenden Jahrzehnten seinen Forschungsauftrag erfüllen kann, »freuen wir uns natürlich nun auch auf eine würdige Nachfolgerin«: Ein modernes Schiff, das unter allen Eisbedingungen in Arktis und Antarktis einsetzbar ist und Wissenschaftlern die Möglichkeit gibt, Beobachtungen und Daten aus den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen zu liefern. »Diese Erkenntnisse benötigt unsere Gesellschaft dringend, um die richtigen Entscheidungen zu Klima-, Umwelt- und Naturschutz zu treffen – für die Zukunft der Polarregionen, der Lebensvielfalt an Land und im Meer und für kommende Generationen«, so Boetius weiter.

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Die »Polarstern« fährt anlässlich ihrer Indienststellung in Begleitung von Begleitbooten weseraufwärts an den Bremerhavener Häfen vorbei (© Hans Engler / AWI)

Versorgung der Neumayer-Station

Der Neubau soll dann auch – ebenso wie die aktuelle »Polarstern« – die Versorgung der Neumayer-Station in der Antarktis übernehmen. Bereits bei der Planung vor über 40 Jahren spielte die Kombination aus Forschungs- und Versorgungsschiff eine große Rolle. Kräne, die Container oder Pistenraupen für die Antarktisstation auf die 20 m hohe Eiskante in der Atkabucht hieven können, waren ebenso gefragt, wie gute Qualitäten als Eisbrecher. Eine permanent besetzte Antarktisstation war im Jahr 1981 die Grundlage dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland Konsultativstatus im Antarktis-Vertrag erlangte. Der Anspruch reichte jedoch noch weiter: Die »Polarstern« ermöglichte auch die Erforschung des Ozeans rund um die Antarktis, während sich viele andere Nationen auf den Kontinent beschränkten.

Derzeit arbeitet das AWI eigenen Angaben zufolge an einer Antarktisstrategie, die die Erforschung des Südlichen Ozeans in internationaler Kooperation mit einem multidisziplinären Ansatz noch stärker in den Fokus rückt. Auf der Nordhalbkugel konnte das AWI mithilfe der »Polarstern« das weltweit einzige Langzeitobservatorium in der arktischen Tiefsee errichten: den seit über 20 Jahren angesteuerten AWI-Hausgarten. Mittlerweile ergänzt um bewegliche Komponenten wie Tiefseeroboter, Eisbojen, Gleiter und autonom navigierende Unterwasserroboter bildet er zusammen mit der Tiefsee-Verankerungskette in der Arktis die FRAM-Infrastruktur, die eine ganzjährige Datenaufnahme erlaubt.

Geburtstag im »blauen Salon«

Aktuell befindet sich das Schiff nordöstlich von Südgeorgien, wo ein internationales Team unter Leitung der AWI-Geochemikerin Sabine Kasten die biogeochemischen Stoffflüsse von den Gletschern der Insel in die Fjorde sowie den offenen Ozean untersucht hat. »Wir freuen uns sehr, dass wir dank der ›Polarstern‹ den widrigen Bedingungen der ›furious fifties‹ im Südozean trotzen und innerhalb von zwei Wochen in unserem Arbeitsgebiet Südgeorgien erfolgreich mehr als 50 Stationen durchführen konnten«, sagt die Expeditionsleiterin.

Gemeinsam mit der Crew der Reederei Laeisz um Kapitän Moritz Langhinrichs und den wissenschaftlichen Fahrtteilnehmenden soll der Geburtstag mit einem festlichen Empfang und Zusammensein im sogenannten Blauen Salon des Schiffes gefeiert werden. Kasten nahm das Ereignis zum Anlass, um Kapitän Langhinrichs und der Crew des Schiffes im Namen des gesamten Wissenschaftsteams für »die perfekte Unterstützung und die von Ihnen geschaffene wunderbare Atmosphäre an Bord« zu danken.

Im April zurück in Bremerhaven

Die »Polarstern« hat zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 1,8 Millionen Seemeilen zurückgelegt – das entspricht rechnerisch nahezu 86 Erdumrundungen auf Höhe des Äquators. Nächstes Ziel ist Kapstadt, Südafrika, wo kurz vor Weihnachten ein neues Forschungsteam zu einer geowissenschaftlichen Expedition im Bellingshausen- und Amundsenmeer aufbrechen und auf der Anfahrt auch die Neumayer-Station III versorgen wird. In Ihrem Heimathafen Bremerhaven soll die »Polarstern« planmäßig Mitte April 2023 wieder festmachen.