Seit fünf Monaten sinken die langfristigen Seefrachtraten langsam, im Januar sind sie nun dramatisch abgesackt. Aussicht auf Besserung gibt es aktuell nicht.[ds_preview]
Die neuesten Daten des Xeneta Shipping Index (XSI), der auf Daten führender Verlader weltweit basiert, zeigen, dass die durchschnittlichen langfristig kontrahierten Raten im Januar um 13,3 % nachgaben. Dies ist nun der fünfte Monat in Folge, in dem die Preise auf dem Index sinken. Derzeit gebe es kaum Anzeichen dafür, »dass sich dies in einem Jahr, das für die Reedereien schwierig werden dürfte«, ändern könnte, meinen die Oslore Marktbeobachter. Der Preisrückgang im Januar stellt einen deutlichen Tempowechsel gegenüber dem Preisrückgang von 0,1 % im Dezember dar.
»Die weltweite Nachfrage ist gesunken, die Überlastung hat sich abgeschwächt, Equipment ist verfügbar, und die makroökonomische und geopolitische Situation ist, gelinde gesagt, komplex«, erklärt Xeneta-CEO Patrik Berglund. »Infolge dieser Marktgrundlagen sind die Spotpreise zusammengebrochen und seit dem Spätsommer 2022 in eine Abwärtsspirale geraten. Den Reedereien ist es jedoch gelungen, die langfristigen Raten vor den schlimmsten Auswirkungen zu schützen – bis jetzt.«
Mit Beginn des Jahres 2023 sind viele der im letzten Jahr ausgehandelten Verträge ausgelaufen. »Die Verlader, die wissen, dass sich die Marktdynamik zu ihren Gunsten verändert, haben reagiert und die Reedereien zu erheblichen Ratenreduzierungen gedrängt. Was wir jetzt sehen, ist die Auswirkung davon, da neue Verträge in Kraft treten. Und für die Reedereien wird es noch schlimmer kommen«, so Berglund.
Überkapazitäten werden sichtbar
Berglund stellt fest, dass der XSI im Mai letzten Jahres mit einem Anstieg von 30,1 % den größten monatlichen Anstieg in einem »superheißen« Markt verzeichnete. Die US-Importraten-Indizes stiegen um 65 %. Da die damals ausgehandelten Verträge Ende April auslaufen, könnte es zu weiteren Rekordrückgängen kommen.
»Der Januar war für die Reedereien schwierig, und es besteht die reale Gefahr, dass einige schreckliche Zeiten bevorstehen«, kommentiert er. »Da der Markt so schlecht aussieht, werden die Überkapazitäten das ganze Jahr über ein großes Problem darstellen. Die einzige Hoffnung, die Preise zu schützen, ist der Abbau von Kapazitäten in einem Tempo, das die Nachfrage widerspiegelt, oder besser gesagt, das Fehlen einer solchen. Es war ein goldenes Zeitalter für die Reedereien, seit die Pandemie die globalen Lieferketten in Mitleidenschaft gezogen hat, aber das Blatt hat sich nun endgültig gewendet.«
Alle sechs regionalen Teilindizes des XSI verzeichneten im Januar Rückgänge, von denen einige die stärksten seit Beginn der Aufzeichnungen sind. Den stärksten Rückgang verzeichnete im Januar der Subindex für den Fernostexport, der in diesem wichtigen Fronthaul-Korridor 18,1 % seines Wertes einbüßte (41 % mehr als im Vorjahr). Der Backhaul-Korridor erwies sich als widerstandsfähiger und verzeichnete einen Rückgang von 3,2 % bei der Import-Benchmark, obwohl dies immer noch der Teilindex mit dem geringsten Anstieg im Jahresvergleich ist (+25,7 %).
Vertragsraten kommen von historischen Höchstständen
In Europa sank die Import-Benchmark um 9,6 %, wobei Xeneta feststellt, dass die Rückgänge im Handel mit dem Fernen Osten teilweise noch stärker ausfielen. Die durchschnittlich gültige langfristige Rate von Fernost nach Nordeuropa sank um 17 %, die Rate von Fernost nach dem Mittelmeer um 15 %. Trotz diesen starken Rückgängen liegen die Raten weiterhin um 40,9 % über denen des Vorjahres. Der XSI für Exporte ist trotz einem Rückgang von 5,2 % in diesem Monat ebenfalls stark und liegt um 83 % höher als im Januar 2022.
Ähnlich sieht es in den USA aus, wo der Subindex für Importe im Januar um 15,8 % gegenüber Dezember zurückging. Die Export-Benchmark schnitt in dem schwachen Markt besser ab, mit einem Rückgang von nur 1,3 % gegenüber dem Vormonat.
»Kurzfristig betrachtet sind diese Zahlen für die Reedereien von einem Gefühl der Untergangsstimmung durchdrungen, aber das ist bei weitem nicht die ganze Geschichte«, so Berglund abschließend. »Wenn wir auf diese Zeit im letzten Jahr zurückblicken, liegt der Global XSI derzeit um bemerkenswerte 52,7 % im Plus. Wenn wir aber noch etwas weiter zurückblicken – bis Januar 2020, also noch vor der Pandemie – dann sehen wir einen Anstieg der langfristigen Vertragsraten von wirklich atemberaubenden 216,4 %. Ich glaube nicht, dass irgendjemand dieses Ausmaß der Veränderung vorhersehen konnte.«