Vor 60 Jahren bei der Howaldtswerke Hamburg gebaut, noch immer in Fahrt: Die »Helgoland« hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die sie quer über den Erdball geführt hat, inklusive einem Einsatz im Rahmen des Vietnam-Kriegs.[ds_preview]
»Das Schiff der letzten Hoffnung« – so nannte man vor über 55 Jahren in Saigon das ehemalige Seebäderschiff »Helgoland«, das von 1966 bis Ende 1971 unter der Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Vietnam während des Krieges im Einsatz. Gebaut wurde es aber für einen ganz anderen Zweck, nämlich für den Seebäderverkehr zwischen dem Festland und der Nordseeinsel Helgoland. Nunmehr hat das Schiff 60 Jahre auf dem Buckel, das am 9. März 1963 bei den Howaldtswerken in Hamburg vom Stapel lief und mittlerweile als eines der ältesten Expeditionskreuzfahrtschiffe noch immer auf den Galapagos Inseln in Fahrt ist.
Das knapp 92 m lange Schiff wurde 1963 für die Reederei Hadag bei der Werft Howaldtswerke Hamburg AG als Seebäderschiff gebaut. Bestellt wurde es ursprünglich auf der Hanseatischen Werft, die aber in Konkurs ging. Bis 1965 wurde es in den Sommermonaten auf der Strecke von Cuxhaven nach Helgoland als zusätzliches Schiff neben der »Wappen von Hamburg« für bis zu 1.500 Tagespassagiere eingesetzt. In der übrigen Zeit wurde es mehrfach verchartert, so an die schwedische Stena Line AB für einen neuen Liniendienst zwischen Göteborg und Frederikshavn (DK) sowie zwischen Stockholm (S) und Marieham, hier unter dem Namen »Jätten Finn« zum Einsatz.
Schon drei Jahre nach seiner Fertigstellung wurde es auf der Helgoland-Strecke durch die »Alte Liebe« abgelöst und es schloss sich eine neue und einzigartige Laufbahn als Ambulanzschiff an. Denn von August 1966 bis zum März 1972 war das Schiff zur Unterstützung der notleidenden Bevölkerung während des Vietnamkrieges im Einsatz, wobei der Umbau schon im April 1966 auf den Howaldswerken erfolgte.
Bis 1954 gehörte Französisch-Indochina (heute Laos, Kambodscha und Vietnam) als Kolonie zu Frankreich. 1945 übernahm Japan die Macht, der Indochinakrieg tobte. 1954 folgte ein Waffenstillstandsabkommen, in dessen Folge Vietnam in das kommunistische Nordvietnam und das von den Westmächten unterstützte Südvietnam geteilt wurde. Es kam zum Bürgerkrieg, und die USA griffen in das Kriegsgeschehen ein. Weitere Länder wie Thailand, Australien und Südkorea schickten Truppen nach Vietnam. Deutschland lehnte die geforderte militärische Unterstützung ab und die damalige Bundesregierung bot stattdessen eine humanitäre Mission an. Sie ließ das Seebäderschiff «Helgoland« zum Hospitalschiff umrüsten und entsendet es zunächst nach Saigon.
»Helgoland auf dem Saigon-Fluss
Das Deutsche Rote Kreuz übernahm die Trägerschaft und stellte auch die Krankenschwestern. Das Schiff verfügte über 150 Krankenbetten, 50 weitere bot eine mitgeführte Baracke, die als landgestützte Ambulanz eingesetzt wurde. Am 14. September 1966 lief die »Helgoland« in den Saigon-Fluss ein, eskortiert von Kampfhubschraubern und Schnellbooten. In prominenter Lage macht es am Quai de Belgique vor dem Hotel Majestic fest. Insgesamt wird es über fünf Jahre hinweg in Vietnam bleiben – eine der größten und längsten Einzelmissionen in der Geschichte des Roten Kreuzes überhaupt.
Im Laufe des Einsatzes arbeiteten 122 DRK-Schwestern im Hospitaldienst und in der Ambulanz. Rechnet man Ärzte, Verwaltungskräfte und medizinisch-technische Assistenten hinzu, waren 272 deutsche Mitarbeiter für das DRK im Einsatz. In der Regel waren acht Ärzte, achtzehn Schwestern, vier MTA und vier Verwaltungskräfte an Bord. Die seemännische Besatzung umfasste annähernd dreißig Mann und wurde vom Schiffseigner gestellt. Hinzu kamen etwa siebzig vietnamesische Hilfskräfte wie Dolmetscher, Wäscher, Köche. Ungefähr 12.000 Menschen wurden stationär behandelt, hinzu kamen 70.000 Erst- und 130.000 Mehrfachkonsultationen in der Ambulanz. Es wurden rund 56.000 Röntgenaufnahmen gemacht, fast 11.000 Operationen durchgeführt und ebenso viele Vollblutkonserven eingesetzt.
Später wird das Schiff nach Da Nang verlegt. Die damals 350.000 Einwohner zählende Stadt war seinerzeit einer der wichtigsten Stützpunkte der Amerikaner, verfügte jedoch lediglich über 500 Krankenbetten. Das Grundprinzip dieses Einsatzes war, dass allen Bedürftigen unterschiedslos geholfen wird, ohne dass Fragen nach Freund oder Feind, arm oder reich gestellt werden – ein Segen für das von Krieg und Korruption heimgesuchte Land. Alle Dienste waren kostenlos, wobei ausschließlich Zivilisten behandelt werden.
Fähre, Butterdampfer, Kreuzfahrten
Nach der Heimkehr am 8. März 1972 wird sie wieder zu einem Fahrgastschiff umgerüstet und als »Stena Finlandica« an die Stena-Reederei GmbH, Kiel verkauft. Sie ist von Juni 1972 bis August 1975 auf der Route Stockholm – Mariehamn oder Kiel – Korsör unterwegs. Im September 1975 wird sie an die Seetouristik GmbH, Lübeck verchartert und fährt bis November 1976 als »Baltic Star« die Route Travemünde – Gedser und danach bis zum Sommer 1999 unter verschiedenen Eignern in der Ostsee als »Butterdampfer«.
Mit dem Ende der Butterfahrten zum 1. Juli 1999 kam auch das Aus für dieses größte deutsche für Einkaufsfahrten genutzte Seebäderschiff und zunächst bei der Werft Krupp Fördertechnik aufgelegt. Im November 2000 übernahm die Latin Cruises in Georgetown auf den Cayman Inseln das Schiff und lässt es auf der Flender Werft in Lübeck zu einem Luxusliner umrüsten und in »Galapagos Legend« umbenennen. Seit nunmehr über 21 Jahren fährt das immer wieder modernisierte Schiff als eines der größten Kreuzfahrtschiffe zwischen den Galápagos-Inseln für den Anbieter Klein Tours.
In den 60 zum Teil sehr luxuriösen Kabinen mit Balkonen nimmt das Schiff heute maximal 100 Gäste zu Reisen im Galapagos-Archipel mit. Das 5*-Boutique-Schiff der Extraklasse wurde zuletzt 2017 komplett modernisiert. Während der Seepassagen können die Gäste auf alle Annehmlichkeiten eines luxuriösen Schiffs zurückgreifen: Pool mit Solarium, Sonnendeck, Aussichtsplattform, Restaurant und Bar, Boutique, Sauna/Jacuzzi sowie Tagungsraum mit modernster Kommunikationstechnik.
Wie ein Unternehmenssprecher von Klein Tours auf der ITB in Berlin erläuterte, erfreut sich das Schiff bei den Gästen noch immer größter Beliebtheit und soll noch viele weitere Jahre zum Einsatz kommen. (CE)