Die Nachricht, dass die Stadt Hamburg Anteile des Terminalbetreibers HHLA an die Reederei MSC verkaufen will, hat auch die Gewerkschaft Verdi überrascht. Man sieht durch den Verkauf der Anteile die Zukunft der Beschäftigten gefährdet.
Am Mittwoch hatten Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel gemeinsam mit MSC-CEO Sören Toft überraschend den geplanten Einstieg der weltgrößten Linienreederei bei der HHLA verkündet. [ds_preview]
Die Mediterranean Shipping Company (MSC) soll zu 49,9 % an der HHLA beteiligt werden, die Stadt soll 50,1 % an dem künftigen Joint Venture halten. Per Vorvertrag hat es bereits eine Einigung gegeben. Begründet wurde die Entscheidung mit einer langfristigen strategischen Partnerschaft. Außerdem hat sich MSC zu einer Erhöhung der Umschlagmenge verpflichtet.
Städtisches Unternehmen HHLA soll sich klar positionieren
André Kretschmar, zuständiger Landesfachbereichsleiter bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), sieht durch den Verkauf der Anteile die Zukunft der Beschäftigten gefährdet: »Der Hamburger Hafen ist momentan durch sinkende Umschlagszahlen geprägt. Hinzu kommen die Automatisierungsprozesse, die zu tiefgreifenden Veränderungen für die Beschäftigten führen und sich auf ihre Arbeitsplätze auswirken werden. Gerade die HHLA ist hier ein Vorreiter und strukturiert den Konzern dementsprechend um. Gerade in dieser Situation ist die Hansestadt gefragt. Sie müsste ein klares Bekenntnis zum Hamburger Hafen in öffentlicher Hand und damit auch zu ihren Beschäftigten und Bürger*innen abgeben.«
Stattdessen veräußere sie »das Gold der Hansestadt«. Zur Zukunft der Beschäftigten bei der HHLA gebe es seitens der Politik bisher »nichts als leere Worthülsen«. »Als zuständige Gewerkschaft fordern wir die Hansestadt auf, transparent aufzuzeigen, wohin die Reise gehen soll. Wir fordern eine eindeutige Zusage zur Tariftreue, den Erhalt der Arbeitsplätze und der betrieblichen Mitbestimmung. Es geht jetzt darum, den Beschäftigten Sicherheit zu geben und sich klar für sie zu positionieren. Das erwarten wir bei einem der wichtigsten städtischen Unternehmen auch von der Politik«, so Kretschmar.
»Wird zu Lasten der Beschäftigten gehen und muss kritisiert werden«
Für Maya Schwiegershausen-Güth, ver.di-Bundesfachgruppenleiterin für die Maritime Wirtschaft, wird durch den Verkauf der Anteile die nationale maritime Strategie gefährdet. »Spätestens seit der Corona-Pandemie müsste jedem klar sein, dass es sich bei den deutschen Seehäfen um kritische Infrastruktur handelt. Sie gehören deshalb in die öffentliche Hand, einen Ausverkauf der Seehäfen und ihrer Beschäftigten darf es nicht geben.« Es bedürfe vielmehr, eine gemeinsame, abgestimmte Strategie um die Zukunft der deutschen Bucht zu gewährleisten.
Die Teilprivatisierung der HHLA habe auch für die anderen deutschen Seehäfen und ihre Beschäftigten weitreichende Folgen. »Anstatt ihre Eigenständigkeit zu wahren, begibt sich die Stadt Hamburg weiter in Reederhand und entscheidet sich damit gegen eine zukunftsfeste nationale Hafenstrategie. Das wird zu Lasten der Beschäftigten gehen und muss kritisiert werden. Wir fordern deshalb die Hansestadt auf, ihre Entscheidung zu überdenken und zu einer gemeinsamen nationalen Hafenstrategie zurückzukehren«, so Schwiegershausen-Güth. Nur so könnten langfristig gute, tarifliche Arbeitsbedingungen und die Zukunft der deutschen Seehäfen gesichert werden. »Die deutschen Seehäfen haben eine beschäftigungssichernde Wirkung für rund 5,6 Millionen Menschen in Deutschland. Alleine das sollte Grund genug sein, sie in öffentlicher Hand zu halten«, meint die Gewerkschafterin.
In Hamburg weckt der geplante Einstieg des Branchenprimus bei der HHLA zwar auch Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation für den Hafen, es gibt aber auch viel Kritik und die Überlegung, Gegenangebote für die HHLA zu machen. Für die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd würde der Deal möglicherweise den klaren Fokus auf den Hub Hamburg infrage stellen.