Das deutsche Start-up Zero44 aus dem Hause Flagship Founders hat eine neue Software auf den Markt gebracht, die Reedern die Teilnahme am EU-Emissionshandel (EU ETS) erleichtern soll. pPartner mit an Bord sind namhafte Schifffahrtsunternehmen.
Zero44 bezeichnet den Launch als »direkte Antwort auf die Teilnahme des Schifffahrts-Sektors am EU-Emissionshandel (EU ETS), die am 1. Januar 2024 beginnt.«[ds_preview]
Das Start-up, das schon bei einer jüngsten Finanzierungsrunde hiesige Schifffahrtsunternehmen an Bord holen konnte, darunter die Schulte-Gruppe, hat jetzt erneut namhafte Partner gefunden.
Schiffseigner, Schiffsmanager und Charterer müssen im Rahmen des EU-ETS für jede Tonne ausgestoßenen CO2s Emissionszertifikate (EUAs) kaufen. »Ein Großteil der Unternehmen ist darauf noch nicht ausreichend vorbereitet«, heißt es seitens Zero44 zur Begründung des neuen Tools.
Das Start-up Zero44 war 2022 in Berlin gegründet worden. Es stammt wie die Unternehmen Kaiko Systems, Tilla und Arinto aus der Schmiede des Venture-Studios Flagship Founders um Co-Grüner Fabian Feldhaus und den Hamburger Reeder Lucius Bunk. Es will Reedereien, Schiffsmanagern und Charterern helfen, ihre CO2-Emissionen zu planen und zu optimieren. Mithilfe der digitalen Lösung soll ein umfassender und tagesaktueller Überblick über die Emissionen ermöglicht werden. Nicht zuletzt sollen Nutzer erfassen können, »welche kommerziellen Auswirkungen bestimmte Entscheidungen ihrer kommerziellen Schiffseinsatzplanung haben«
Friederike Hesse, Mitgründerin und Managing Director von Zero44, erklärte jetzt, seit Januar diesen Jahres habe man intensiv an der EU-ETS-Lösung gearbeitet und gemeinsam mit Entwicklungspartnern die Komplexität der Regulierung aus allen Perspektiven beleuchtet. Diese Entwicklungspartner sind die Harren Group, MPC Container Ships und Zeaborn Ship Management. Sechs weitere Unternehmen sollen die Software bereits in ihre Prozesse integriert haben und testen sie in ihren Flotten. Um wen es sich dabei handelt, wurde nicht veröffentlicht.
Zero44 will ETS-Tool laufend and Regulierung anpassen
»Wir sind stolz darauf, dass es uns gelungen ist, eine flexible, einfache und gleichzeitig vollständige Lösung zu entwickeln«, sagte Hesse. Die Lösung ist ab sofort für den Markt verfügbar und in allen Grundfunktionalitäten einsetzbar. Diese sollen laufend erweitert und an die Gegebenheiten angepasst werden, die sich aus der stetigen Weiterentwicklung er EU-ETS-Regulatorik ergeben.
Aus Sicht des Start-ups ergeben sich für die Schifffahrt aus der EU-Regulierung drei große Herausforderungen.
- Die Zeiträume der Schifffahrt und die Zeiträume der EU-ETS-Regulatorik sind nicht aufeinander abgestimmt: Die EU-ETS-Abrechnung erfolgt jährlich: Die dafür notwendige Verifizierung der Daten soll jeweils am 31. März des Folgejahres des Bemessungszeitraumes stattfinden und die Einreichung der EUAs im September des Folgejahres: »Dies ist für den Sektor ein Problem, denn Charter-Verträge sind zeitlich anders gestaltet. Um große finanzielle Risiken zu verhindern, bedarf es EU-ETS-Abrechnungen, die unterjährig zeitlich nah an jeder abgeschlossenen Schiffsreise durchgeführt werden.«
- Die Vielzahl der beteiligten Geschäftsmodelle und Stakeholder: Eigner, Charterer, ISM-Manager, kommerzielle Manager und Cargo-Eigner sind vom EU ETS betroffen und müssen sich untereinander einigen, wer von ihnen für welche Maßnahmen innerhalb der EU-ETS-Wertschöpfungskette zuständig ist und in welchem Rhythmus die Abrechnung des Zertifikatehandels erfolgen soll. Diese Vereinbarungen würden sich zudem gegenseitig beeinflussen: So habe eine Einigung zwischen Eigner und Charterer Auswirkungen auf die Vereinbarungen zwischen Eigner und ISM-Manager. Zeitcharter, Reisecharter, Pools und Parcelling bringen dabei jeweils eigene Herausforderungen mit sich.
- Das Unionsregister (mit dessen Hilfe alle EUAs verbucht werden) ist nach Ansicht der Beteiligten nicht auf die Besonderheiten und Anforderungen der Schifffahrt ausgerichtet: Im Unionsregister ließen sich keine Verknüpfungen zwischen den EU-Zertifikaten und den Schiffen, Reisen, Charterern und Schiffsmanagern herstellen. Stattdessen müssen diese Verknüpfungen im Schifffahrtsunternehmen selbst sichergestellt werden, damit eine korrekte Abrechnung der Kosten durchgeführt werden kann.
Die neue Software soll diese Probleme lösen: Laut den Entwicklern ermöglicht sie eine unterjährige Abrechnung der benötigten Emissionszertifikate; eine effiziente Koordination zwischen allen involvierten Stakeholdern; und eine Anpassung des Unionsregisters, indem die Software die Daten aus dem Unionsregister überträgt und den relevanten Abrechnungsperioden, Schiffen und Stakeholdern zuordnet.
Zu den Funktionalitäten der Lösung von Zero44 gehören unter anderem die tagesaktuelle Messung der Emissionen anhand der Verbrauchsdaten der Schiffe; ein Planungstool für die Berechnung der EU-ETS-Kosten zukünftiger Reisen oder Perioden sowie die Ermittlung der finanziellen EU-ETS-Risiken im Gesamtjahr; die Abbildung von Charter- und Schiffsmanagement-Verträgen hinsichtlich EU ETS; und Partnerschaften mit Daten-Verifizierungsanbietern wie zum Beispiel DNV, Swiss Climate, Verifavia oder das Korean Register sowie mit EUA-Händlern wie GreyEpoch, CF Partners, Aither, Belektron, Vertis, Greenstar Capital, World Kinect Energy Services und Marktplätzen wie enmacc.
Nutzer sollen sich aber jeweils »frei entscheiden« können, mit welchen EUA-Händlern und Daten-Verifizierungsanbietern sie zusammenarbeiten möchten.