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Die deutschen Reeder rechnen in einer neuen PwC-Studie mit härteren Zeiten: Klimaziele, Geopolitik und Personalmangel sind die größten Herausforderungen.

Die Boomjahre in der Schifffahrt sind nach knapp drei Jahren mit hohen Erlösen vorerst vorbei. Die aktuelle Wirtschafts- und Marktschwäche, die geopolitischen Veränderungen und die kostenintensive Dekarbonisierung dämpfen die Geschäftserwartungen. [ds_preview]

Andre Wortmann, PwC
Andre Wortmann (Foto: PwC)

Nur noch jeder zweite Reeder erwartet Wachstum, heißt es in der aktuellen Studie der Wirtschaftsberatung PwC. Befragt wurden dafür 110 Entscheider aus deutschen Reedereien. Größte Herausforderung bleibt demnach auf Jahre hinaus die Erfüllung von Umweltauflagen und Klimazielen.

Aus Sicht von André Wortmann, Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC Deutschland, ist der Umbau der Schifffahrtsbranche hin zu nach­haltigeren und umwelt­freundliche­ren Lösungen dringend notwendig, um sich zukunftsfähig aufzustellen.

PwC-Studie: Reeder sehen Klimaziele skeptisch

In vielen Unternehmen wird das von der EU-Kommission ausgegebene Ziel, die Emissionen bis 2030 um mehr als 55% gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren, jedoch skeptisch gesehen. Ein Viertel der der Führungskräfte geht sogar davon aus, dass sich diese Vorgabe definitiv nicht umsetzen lässt. Das ist ein Anstieg um zehn Prozentpunkte im Vergleich zu 2021.

Immerhin kommen bei 77% der Reedereien bereits digitale Werkzeuge zum Einsatz – ein Plus von 13 Prozentpunkten im Vergleich zu 2021. Zudem hat sich der Anteil der Reedereien, in denen Maßnahmen zur Emissions­reduktion umgesetzt wurden, mehr als verdoppelt. Während 2021 erst jede dritte Reederei berichtete, dass sie bewusst Emissionen reduziert, tun dies heute bereits 71%.

Unsicherheit mit Blick auf alternative Treibstoffe

Große Verunsicherung besteht nach wie vor bei der Frage, welche alternativen Treibstoffe sich in der Branche künftig durchsetzen werden. LNG oder Wasser­stoff wird langfristig eher nicht als Option gesehen, Methanol hingegen schon: 65% der Befragten glauben, dass er auf den Lang­strecken in 20 Jahren dominieren könnte. Dies hat Auswirkungen auf die Bestellung von Neubauten. Sieben von zehn Befragten der Auffassung, dass es viel mehr Aufträge geben würde, wenn die Kraftstofffrage geklärt wäre.

Geopolitische Konflikte dürften die Branche weiter beeinträchtigen. Gut jedes zweite Unternehmen (53%) geht davon aus, dass der Krieg in der Ukraine das Geschäft dauerhaft belastet. 85% halten zudem eine Verschiebung von Fahrtgebieten für sicher oder wahrscheinlich. So könnten sich Ladungsströmen ins mittlere Afrika und nach Asien verlagern. Für China rechnet die Mehrheit hingegen mit einem sinkenden Ladungsaufkommen. Auch eine Aufwertung von regionalen Verkehren wird als wahrscheinlich angenommen.

Fachkräftemangel macht der Branche zu schaffen

Zu den zentralen Herausforderungen der Branche gehört auch der Fachkräftemangel. Für 85% der Reedereien ist es ein Problem, zwei von drei Unternehmen sind bereits konkret betroffen. In fast jedem zehnten Unternehmen (9%) klaffen bereits erhebliche personelle Lücken. Der Fachkräftemangel betrifft vor allem höhere Ränge zur See wie Kapitäne und Offiziere, aber auch technisches Personal sowie Kauf- und Verwaltungsfachleute an Land sind schwer zu finden.

PwC sieht fallende Raten

Darüber hinaus bereiten auch konjunkturelle Unsicherheiten der Branche zunehmend Sorgen. Aktuell sind die Schiffe zwar in 93% der Reedereien noch voll ausgelastet und die Erwartungen für die kurz­fristige Entwicklung des weltweiten Ladungsauf­kommen fallen entsprechend positiv aus. Sieben von zehn Reeder vertreten allerdings die Ansicht, dass die vielen Neubestellungen für Container­schiffe in ein paar Jahren zu signifikanten Überkapazitäten führen werden.

Und auch die Wachstumsaussichten sind im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gedämpft: Nur noch eine knappe Mehrheit der Führungs­kräfte (56%) rechnet mit Wachstum in den kommenden zwölf Monaten. Im Vorjahr gingen noch 74% von steigenden Umsätzen aus. Sowohl bei Fracht (83%) als auch bei Charter (87%) rechnen die Befragten mit einem stagnierenden oder sinkenden Ratenniveau.