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Die Folgen der Angriffe auf Frachtschiffe im Roten Meer zeigen sich drastisch an der transportierten Menge an Containern. Trotz Umleitungen und Ratenanstiegen ist die Situation nicht mit der Pandemiezeit vergleichbar, so die Herausgeber des Kiel Trade Indicator.

Viele Containerreedereien leiten Schiffe über das Kap der Guten Hoffnung um. In der Folge sind die Frachtkosten und die Transportzeit im Warenverkehr zwischen Fernost und Europa angestiegen, und die Importe und Exporte von Deutschland und der EU liegen teils deutlich unterhalb des Vormonats November 2023 (preis- und saisonbereinigt). [ds_preview]

Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator für Dezember 2023 deutet auf eine Fortsetzung des leicht negativen Trends im Welthandel und im Handel zwischen großen Volkswirtschaften hin. »Eine Ursache für den schwachen Handelsmonat dürften auch die mit dem Konflikt im Nahen Osten verbundenen Angriffe auf Containerschiffe im Roten Meer sein«, so das IFW Kiel.

Der Welthandel ist demnach von November auf Dezember 2023 um 1,3 % zurückgegangen (preis- und saisonbereinigt). Für die EU sind die Indikatorzahlen sowohl bei den Exporten (-2,0 %) als auch bei den Importen (-3,1 %) klar im roten Bereich. Im Außenhandel Deutschlands hält die Schwächephase der letzten Monate an, Exporte (-1,9 %) und Importe (-1,8 %) gingen im Monatsvergleich abermals zurück.

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© IFW Kiel

Für den Dezemberhandel der USA zeigt der Kiel Trade Indicator für Exporte (-1,5 %) und Importe (-1,0 %) ein Minus, auch wenn der Seeweg durch das Rote Meer und den Suezkanal dort eine geringere Rolle spielt als für Europa.

Chinas Handel läuft gegen den Trend, die Werte sowohl für Exporte (+1,3 %) und Importe (+3,1 %) zeigen nach oben. Ein Grund dafür dürfte im bevorstehenden chinesischen Neujahrsfest liegen, das die Handelsumsätze nach oben treibt.

Containermenge im Roten Meer 66 % unter Normalniveau

»Die Umleitung von Schiffen aufgrund der Angriffe im Roten Meer um das Kap der Guten Hoffnung in Afrika führt dazu, dass sich die Zeit für den Transport von Waren zwischen den asiatischen Produktionszentren und den europäischen Verbrauchern deutlich um bis zu 20 Tage verlängert«, sagt Julian Hinz, Direktor des Forschungszentrums Handelspolitik und neuer Leiter des Kiel Trade Indicators. »Dies zeigt sich auch in den rückläufigen Handelszahlen für Deutschland und die EU, da transportierte Waren nun noch auf See sind und nicht wie geplant bereits in den Häfen gelöscht wurden.«

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Die Anzahl der verschifften Container im Roten Meer ist im Dezember drastisch um über 50 % eingebrochen. Aktuell liegt das Volumen bei nur rund 200.000 Containern pro Tag, noch im November lag der Wert bei rund 500.000 Containern. Damit liegt das aktuelle Aufkommen 66 % unter dem eigentlich zu erwartenden Volumen, berechnet aus dem Frachtaufkommen der Jahre 2017 bis 2019.

Kein Vergleich zu Raten und Engpässen während Pandemie

Statt durch das Rote Meer fahren die Schiffe nun um Afrika und das Kap der Guten Hoffnung, der Umweg nimmt 7 bis 20 Tage in Anspruch. Die verlängerte Fahrzeit hat die Frachtraten deutlich erhöht, der Transport eines 40-Fuß-Standardcontainers zwischen China und Nordeuropa kostet aktuell über 4.000 $, noch im November waren es rund 1.500 $. Der aktuelle Preis ist allerdings noch weit entfernt von den drastischen Ausschlägen während der Corona-Pandemie, als der Transport eines Containers auf dieser Route bis zu 14.000 $ kostete.

»Entsprechend sind trotz merklichem Anstieg der Transportkosten keine spürbaren Folgen für die Verbraucherpreise in Europa zu erwarten, zumal der Anteil der Frachtkosten am Warenwert hochpreisiger Artikel etwa im Bereich Consumer-Elektronik nur im Promillebereich liegt«, so Hinz.

»Die Situation heute ist nicht mit dem Umfeld während des ›Ever-Given‹-Unglücks im Suezkanal und der Corona-Pandemie vergleichbar, als Lockdowns zu einem drastischen Rückgang des Warenangebots führten und gleichzeitig die Nachfrage in Europa nach oben schnellte. Außer einer aktuell etwas längeren Lieferzeit für Produkte aus Fernost und erhöhten Frachtkosten, auf die sich das Containerschiffnetzwerk schnell einstellen dürfte, sind keine negativen Folgen für den weltweiten Handel zu erwarten«, so Hinz.