In den ersten sechs Monaten des Jahres wurden etwas weniger Fälle von Piraterie und bewaffneten Raubüberfällen auf See gegeben. Es gibt allerdings nach wie vor Risikogebiete – und nicht zuletzt die Huthi-Attacken.

Das International Maritime Bureau (IMB) der Internationalen Handelskammer (ICC) hat seinen aktuellen Bericht über Piraterie und bewaffnete Raubüberfälle auf See für das erste Halbjahr 2024 veröffentlicht.[ds_preview]

Demnach hat es im Vergleich zum Vorjahr weniger Angriffe gegeben. Dennoch sei weiterhin Vorsicht geboten.

Von Januar bis Juni gab es insgesamt 60 Vorfälle von Piraterie und bewaffneten Raubüberfällen auf Schiffe. Im Vorjahreszeitraum waren es 65. 84% der ins Visier genommenen Schiffe wurden von den Tätern erfolgreich geentert (46) bzw. entführt (vier); zwei Schiffe wurden beschossen und es gab acht Angriffsversuche. Inwieweit die vielen Angriffe von jemenitischen Huthi-Rebellen gegen Handelsschiffe im Roten Meer Eingang in die Statistik finden, ist nicht erläutert. Einige Experten bewerten die Attacken allerdings nicht als klassische Piraterie, sondern als militärisch-terroristisch-motivierte Überfälle.

Die Gewalt gegen Besatzungsmitglieder hat währenddessen deutlich zugenommen: 85 Personen wurden als Geiseln genommen (gegenüber 36 im Vorjahreszeitraum), elf Personen entführt und zwei bedroht.

Oliver Wieck, ICC Germany-Generalsekretär, kommentierte: »Die Gefahr durch Piraterie auf den Weltmeeren ist nach wie vor hoch, die Bedrohung für Leib und Leben der Besatzungen hat deutlich zugenommen.« Er plädierte für intensive Zusammenarbeit: »Nur durch eine engere internationale und regionale Zusammenarbeit können die internationalen Seewege offen und sicher gehalten und Frachtschiffe und ihre Besatzungen nachhaltig geschützt werden. Dies ist nicht nur für die Exportnation Deutschland, sondern für den gesamten Welthandel von elementarer Bedeutung.«

Regionale Piraterie-Unterschiede

  • Die Piraterie vor der Küste Somalias stellt nach wie vor eine Bedrohung dar. Im ersten Halbjahr 2024 wurden acht Vorfälle gemeldet, darunter drei Entführungen. Die jüngsten Überfälle zeigen, dass somalische Piraten inzwischen in der Lage sind, Schiffe bis zu 1.000 Seemeilen vor der Küste anzugreifen. Auch die EU-Mission Atalanta hatte bereits vor mehr Angriffen gewarnt.
  • Auch wenn die Zahl der Vorfälle im Golf von Guinea von 14 auf zehn zurückgegangen ist, bleibt die Gefahr für die Besatzungen hoch. In der Region wurden elf Personen entführt und 21 als Geiseln genommen.
  • Die Zahl der gemeldeten Vorfälle in der Straße von Singapur ist deutlich zurückgegangen: 13 im ersten Halbjahr 2024 gegenüber 20 im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Ein möglicher Grund könnte nach Angaben des IMB sein, dass nun gezielt größere Schiffe geentert werden.
  • Das IMB registrierte im vergangenen Halbjahr zwölf Vorfälle im indonesischen Archipel, die höchste Zahl seit 2020, als im gleichen Zeitraum 15 Vorfälle gemeldet wurden.
  • Eine neue Gefahrenzone für die Schifffahrt stellt Bangladesch dar, wo die Zahl der Vorfälle von einem im ersten Halbjahr 2023 auf zehn im Jahr 2024 deutlich angestiegen ist.