Zulieferer auf Kurs Südostasien

Die Nordseewerke in Emden arbeiten künftig auch für die Meyer Werft in Papenburg. Foto: NES
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Weil die Konkurrenz in Fernost immer größer wird, wollen die deutschen Zulieferer neue Märkte und Regionen erschließen. Der VDMA legt künftig einen verstärkten Fokus auf Südostasien. Von Michael Meyer

Die deutsche Schiffbauindustrie ist seit einigen Jahren von zwei ungleichen Trends geprägt. Während einige hiesige Werften vor der überwältigenden Marktmacht[ds_preview] der asiatischen Konkurrenz in die Knie gezwungen wurden und andere vorrangig in Nischenmärkten aktiv sind, profitieren die Zulieferer von der Nachfrage nach deutscher Qualitätsarbeit aus dem Osten. Weil jedoch auch in den dortigen Hauptmärkten China, Südkorea und Japan der Wettbewerb immer härter wird, schauen sich die Deutschen nach Alternativen um. Neue Regionen und Märkte sollen erschlossen werden, wie die Arbeitsgemeinschaft Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) jetzt bekannt gab.

Fast schon traditionell werden in Industriekreisen in diesem Zusammenhang immer wieder Brasilien, Russland und Indien genannt. Von hohen Entwicklungs­raten und großen Geschäftschancen ist die Rede. Experten, die sich vor Ort um Aufträge bemühen, berichten aber auch von einigen Stolpersteinen auf dem Weg zu neuen Umsatzufern.

So auch der VDMA. Geschäftsbeziehungen in Russland aufzubauen, ist angesichts der derzeitigen Stimmungslage und wirtschaftspolitischen Maßnahmen schwierig. In Indien ist die Korruption nach wie vor weit verbreitet, wodurch ein rasches Fortkommen be- und teilweise verhindert wird. Ob und wie die neue Regierung da­ran etwas ändern kann, muss sich erst noch zeigen. In Brasilien gilt die Offshore-Öl- & Gasindustrie als Zukunftsfeld. Eine Vielzahl an Plattformen, Tankern, Versorgern und Spezialschiffen sind nötig. »Der Markt hat sicherlich viel Potenzial, aber wir wissen nicht wann«, bestätigt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Alexander Nürnberg.

Behördliche Prozesse, langwierige Planungen und die Umsetzung von Aufträgen erschweren die Entwicklung. Die deutschen Zulieferer wollen zwar in diese Märkte. Bis dort effektiv Geschäft generiert werden kann, sollen aber auch andere Regionen in den Fokus rücken. In Südostasien meinen die Verantwortlichen, große Chancen ausgemacht zu haben.

Indonesien, einer der größten Binnenmärkte der Region, etwa gilt als wichtiges Ziel. Das Land ist reich an Rohstoffvorkommen, so ist man weltgrößter Exporteur von Kraftwerkskohle. Hinzu kommen Vorkommen an Öl, Erdgas, Zinn oder Nickel. Die Regierung will mittelfristig die eigene Industrie massiv ausbauen – auch im Schifffahrts- und Offshore-Segment.

Malaysia hat sich ebenfalls in den Vordergrund gedrängt. Die Zulieferer sehen »sehr stabile Bedingungen« in dem Land, das sich gut entwickelt. Öl und Erdgas sind wichtige Exportgüter, für die entsprechende Infrastruktur und Transportbedingungen nötig sind. Die Offshore-Branche weist durch Milliardeninvestitionen und Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich eine hohe Dynamik auf. Die maritime Sektor hat große Bedeutung und die Regierung hat mit dem »Malaysian Shipbuilding and Ship Repair Industry Strategic Plan 2020« ein umfassendes Förderprogramm auf den Weg gebracht.

Die Philippinen sind sehr »maritim« geprägt, wodurch sich auch dort einige Möglichkeiten bieten, die die deutschen Zulieferer nutzen wollen. Große Werftkonzerne aus Fernost haben Tochterunternehmen im Inselstaat, der den Handelsschiffbau stärkt – auch wenn die Entscheidungsträger in den Heimatländern Südkorea und Japan sitzen. Daneben gibt es aber auch kleinere Betriebe, die die inländische Nachfrage nach kleineren Schiffen bedienen (müssen). Wie in Malaysia steht die maritime Wirtschaft auf der Liste der Schlüsselindus­trien und erhält staatliche Anreize im Bereich von Zoll und Steuern als auch in der Ausbildung von Fachkräften. Zudem investiert die Regierung kräftig in die Modernisierung und den Ausbau von Werftanlagen. »Die auf den Philippinen ansässigen Werften sind auf den Import von praktisch sämtlichen Zulieferprodukten angewiesen. Der Standort bietet daher als Versorgungsbasis für ausländische Schiffbauunternehmen wie auch für die gesamte schiffbauaffine Asien-Pazifik-Region attraktive Potenziale«, heißt es beim VDMA.

Auch Thailand und Vietnam werden auf dem Weg der wirtschaftlichen Entwicklung Potenziale bescheinigt. Dort gibt es jedoch noch Unwägbarkeiten. Ein breites Engagement im sozialistischen Vietnam könnte am Widerstand des großen Partners China scheitern, dessen Wirtschaft ebenso auf Großaufträge setzt. In Thailand bereitet die politische Lage Kopfzerbrechen. Die Auseinandersetzung der zwei größten gesellschaftlichen Gruppen lähmt das Land seit einiger Zeit.

Für das vergangene Jahr hat der VDMA eine insgesamt positive Bilanz gezogen. »Der Boom bei den internationalen Schiffneubau-Aufträgen hat uns 2013 einen kräftigen Orderzuwachs, insbesondere aus China und Korea, beschert. Deutschland ist weiterhin die Nummer eins der internationalen Schiffbauzulieferindustrie. Gleichzeitig konnten wir im Offshore-Öl & Gas-Bereich überdurchschnittliche Zuwächse im Auftragseingang verzeichnen,« erklärt Nürnberg. Er schränkte jedoch ein, dass es gilt, nicht in Euphorie zu verfallen: »Diese Gesamtbetrachtung darf nicht darüber hinweg täuschen, dass zwar 40% der Unternehmen ein Wachstum melden, gleichzeitig jedoch ein Viertel einen Rückgang zu verzeichnen hat.«

Die deutschen Schiffbau- und Offshore-Zulieferer erwirtschafteten 2013 mit rund 68.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 11,7 Mrd. € – ein Wachstum um 1%. Die Exportquote lag bei 72%. Besonders positiv entwickelten sich die Auftragseingänge. Gab es 2012 noch 3,9% Wachstum, so konnte 2013 eine Steigerung um 11,2% verzeichnet werden. Dieser kräftige Zuwachs ist vor allem auf die Bestellungen im weltweiten Handelsschiffbau des Jahres 2013 mit einem Wachstum von 70% zurückzuführen. Die Branche rechnet hier jedoch mit einer Konsolidierung. Auch im Offshore-Öl & Gas- Bereich gibt es Investitionsschwankungen. Hier erwartet der VDMA einen Nachholbedarf. Die bisherigen Aktivitäten werden als »sehr erfolgreich« beschrieben. Der globale Wettbewerb wird stärker.

Vorteile sehen diejenigen deutschen Anbieter für sich, die insbesondere passgenaue Lösungen im Retrofit anbieten, etwa wenn es um energiesparende Ertüchtigung von Schiffen geht, oder die Anpassung auf die neue Emissionsgesetzgebung. Hier soll das Engagement künftig verstärkt werden.