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Eine Möglichkeit zur Senkung des Treibstoffverbrauchs sind Ausgleichsdüsen zur Verbesserung der Anströmverhältnisse am Propeller. Anbieter berichten von einer steigenden Nachfrage nach diesen Anbauten im Heckbereich.

Von Bernd Genath
Bei fahrenden größeren Containerschiffen und Massengutfrachtern ist »Slow-Steaming« eine vielgenutzte Maßnahme zur Reduktion sowohl des Treibstoffverbrauchs als auch des[ds_preview] Schadstoffausstoßes. Für mittlere und kleinere Einheiten älterer und unter Umständen suboptimaler Bauweise steigt das Interesse nach Zustrom-Ausgleichdüsen.

Slow-Steaming funktioniert nur im Verbund mit erheblichen Anpassungen der Maschine (unter anderem am Einspritzsystem) und des Antriebs (Propeller-Retrofit) an die dauerhafte Teillast. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass der spezifische Verbrauch wegen des Verrückens aus dem optimalen Arbeitspunkt zunimmt, folglich nichts gewonnen wäre. Bei niedrigerer Motorlast – abweichend vom Auslegungspunkt – erhöht sich des Weiteren die Verweildauer eines einzelnen Schmierölpartikels auf Kolben- und Zylinderwand, während die Zylindertemperatur sinkt. Beträgt die Abgastemperatur weniger als 250 °C, bildet sich durch Taupunktunterschreitung und Kondensation schweflige Säure. Die greift den Motor an.

Ist Slow-Steaming aus technischen Gründen schwierig, gibt es laut der Firma Schneekluth eine Alternative. Suboptimalen Schiffsrissen erlaubt ein bestimmter technischer Anbau eine niedrigere Drehzahl ohne Geschwindigkeitsverlust. Eine Absenkung um nur ein, zwei oder drei Umdrehungen je Minute wirkt sich schon sichtbar auf die Betriebskosten aus. Alternativ führt derselbe Eingriff bei konstanter Drehzahl zu einer Geschwindigkeitserhöhung ohne treibstoffseitigen Mehrbedarf.

Möglich sei die nachträgliche Installation einer Zustrom-Ausgleichs- oder Schneekluth-Düse. Ein 2.500-TEU-Containerschiff mit 20.000 kW an der Schraube könnte beispielsweise bei gleicher Geschwindigkeit und Drehzahl mit einem Leistungsgewinn von ca. 1.000 kW pro Stunde kalkulieren. Dies entspricht einer Brennstoffeinsparung von 4t täglich – oder ca. 12t CO2 pro Tag und Schiff.

Die entscheidende Rolle im Verbrauch spielt der Reibungswiderstand im Wasser, hervorgerufen durch die Rumpfform. Der Widerstand bestimmt Dicke, Verlauf und Eigenschaften der Reibungsgrenzschicht zwischen Wand und Meer; die Grenzschicht den Vortrieb. Dieses Fluid kennzeichnen turbulierende inhomogene Verhältnisse – und diese Inhomogenitäten strömen die Schraube ab.

Bei Containerschiffen, Tankern und Massengutfrachtern mit fülligem Heck wachsen Grenzschichtdicke und die Disharmonie in ihr. Die Schiffsschraube drückt sich nicht mehr an einer halbwegs dichten, laminaren Wasserwand ab. Sie rotiert in Strudeln, was erhebliche Wirkungsgradeinbußen zur Folge hat. Die Unruhe im Wasser mit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten ist in der oberen Hälfte des Drehkreises der Schraube, nahe dem Rumpf, besonders ausgeprägt. Demzufolge bedarf es in dieser Rotationshälfte für jeden Winkelgrad einer anderen Flügelarchitektur. Eine machbare Alternative sind konstruktive Maßnahmen in Richtung Homogenisierung des Fließbilds.

In diese hydrodynamische Disharmonie greift die Zustrom-Ausgleichsdüse nach Schneekluth ein. Vereinfacht gesagt ordnet sie die Wasserfäden in der Grenzschicht und richtet sie aus. Die Düse besteht aus zwei tragflügelprofilierten Halbringen, auf beiden Seiten des Hecks oberhalb des Stevenrohrs angeschweißt, sodass sie quasi einen Vollring bilden. Ihre Aufgabe: die Turbulenzen zum Propeller zu glätten. Der rotiert jetzt nicht mehr in Wasserwirbeln, sondern in einer gleichmäßigeren Strömung. Die Wasserwand, an der sich der Mehrflügler abstützt, ist damit laut dem Konzept »stabiler«. Dadurch soll sich der Schub ohne Veränderung der Drehzahl erhöhen, beziehungsweise die Maschine leichter drehen können, ohne dass der Frachter an Geschwindigkeit verliert.

Herbert Schneekluth, ehemaliger Leiter des mittlerweile aufgelösten Instituts für Schiffbau der RWTH Aachen, hatte das von ihm erforschte Zustrom-Ausgleichs-Verfahren bereits in den 80er-Jahren patentrechtlich schützen lassen, als erstmalig Umweltschutz und Treibstoffkosten einen (Stellen-)Wert erhielten, der die Investitionen in die Düse übertraf. Dies gilt heute umso mehr. Nimmt man die im Beispiel des 2.500-TEU-Containerschiffs errechneten Einsparungen von vier Tonnen pro Tag, soll sich die Installation einer Propulsionssanierung dieser Art von rund 80.000€ schon nach zwei bis drei Fahrmonaten bezahlt gemacht haben.

Die Patentrechte hält heute die Firma Schneekluth Hydrodynamik Entwicklungs- und Vertriebs-GmbH in Dinslaken. Sie hat mittlerweile 2.000 Schiffe auf der Referenzliste. Das Unternehmen gehört zur Ostra-Gruppe. »Der Normalfall liegt bei 4 bis 8% Einsparung, je nach Völligkeit und Tiefgang, respektive bei einer Reduktion bis maximal drei oder vier Umdrehungen pro Minute«, erklärte kürzlich Firmenchef Peter Ostra in Hamburg.

Mit dieser Größenordnung der Minderbelastung des Propellers, im Mittel um 5%, wirbt auch der zweite Anbieter von Zustrom-Ausgleichsdüsen. Sie heißen beim Hamburger Hersteller Becker Marine Systems »Becker Mewis Duct«. Das Unternehmen hat die Ausführung modifiziert, ohne aber das Grundprinzip zu verlassen. Auch Becker Marine spricht von vollen Auftragsbüchern.

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Schwingungen. »Auf einem Großteil der internationalen Flotte herrschen bei einer höheren Drehzahl nicht akzeptierbare Arbeitsbedingungen aufgrund der hohen Vibrationen: Durch die ungünstige Zuströmung entstehen Schwingungen, die bis ins Unzumutbare für die Besatzung zunehmen und darüber hinaus Rumpf und Propeller beschädigen können«, sagt Schiffbauingenieur Joachim Kessler vom Beratungsbüro Marine Engineering Consulting. Führte man mit Hilfe der Halbschalen dagegen dem Propeller vor allem in der 12-Uhr-Stellung mehr Wasser schneller und gleichmäßiger zu, reduziere sich die Schwingungsbelastung erheblich. Die Ausgleichs-Düse sei deshalb auch zur Korrektur von Neubauten bei propellerinduzierten Schwingungen gefragt.

Doch hängt der Erfolg von der korrekten Dimensionierung, Positionierung und Ausrichtung der beiden Düsenhälften ab. Der Öffnungswinkel der Düse bewegt sich zwischen 10 und 12°, sodass sich der »Trichter« auf der Austrittsseite zum Propeller hin um ein entsprechendes Maß verjüngt und deshalb das Wasser beschleunigt. Einfluss auf den korrekten Öffnungs- und den Neigungswinkel, auf den Durchmesser der Düse, auf die Installationskoordinaten, der Profiltiefe und -länge nehmen die Wasserlinien im Bereich des Hinterschiffs, die Propellergröße, die Motorleistung und weitere Faktoren.

Die Berücksichtigung des Schiffsdesigns ist bei Überlegungen für oder gegen »WED« (Wake Equalizing Duct) wichtig, sagt Kessler: »Bei einem völligen Hinterschiff tut sich das Wasser schwer, der Kontur zu folgen. Die Strömung neigt zu einem relativ abrupten Abriss aufgrund des stumpfen Austrittswinkels. Die Folge sind erhöhte Turbulenzen an der Schraube. Eine erste Aussage zur Hydrodynamik im Heckbereich lässt der Block-Koeffizient cB zu: Die Düse arbeitet umso wirkungsvoller, je völliger das Schiff ist, das heißt besonders effizient im cB-Bereich ab 0,70 aufwärts.«


Bernd Genath