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Eine Alternative für die Finanzierung in der Schifffahrt ist die Einbeziehung von Private Equity. Für diesen vieldiskutierten Schritt ist eine sorgfältige Abwägung nötig. von Stephan R. Göthel und Oliver Rossbach
In den vergangenen Ausgaben haben wir mit der Aufnahme von Schuldscheindarlehen (HANSA 04/2015) und der Begebung von Anleihen (HANSA[ds_preview] 05/2015) Möglichkeiten alternativer Finanzierungsformen auf der Fremdkapitalseite vorgestellt. In vielen Fällen ist stattdessen oder ergänzend eine Eigenkapitalfinanzierung durch bestehende oder neue Gesellschafter möglich oder sogar erforderlich. Lässt man den mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbundenen Börsengang, der nur in den seltensten Fällen in Betracht kommen dürfte (dazu in HANSA 07/15), zunächst außer Acht, ist die außerbörsliche Zuführung von Eigenkapital durch neue Gesellschafter in Form von Private-Equity-Gesellschaften eine einfacher zu realisierende Alternative.

Überblick

Private Equity (außerbörsliches Eigenkapital) bedeutet, dass sich private oder institutionelle Anleger (Pensionsfonds, Family-Offices etc.) an einem Unternehmen mit Eigenkapital beteiligen, das nicht an der Börse handelbar ist. Diese Beteiligung erfolgt regelmäßig über Kapitalbeteiligungsgesellschaften (sog. Private-Equity-Gesellschaften, PEG), die beispielsweise von Banken oder Versicherungen gegründet werden. Um sich an einem Zielunternehmen beteiligen zu können, sammeln PEG große Kapitalbeträge von meist institutionellen Anlegern ein und bündeln sie in einem Fonds. Mit diesen Mitteln erwerben die PEG dann Anteile an den Zielunternehmen und führen diesen als Gegenleistung Eigenkapital zu. Entweder werden bestehende Anteile von Gesellschaftern erworben oder neue Anteile ausgegeben. Üblicherweise beteiligen sich PEG für einen Zeitraum von etwa vier bis sieben Jahren an einem Unternehmen. Danach veräußern sie die Anteile (Exit) mit dem Ziel eines möglichst hohen Gewinns.

Nachdem zahlreiche amerikanische PEG wie z. B. Apollo, Blackstone oder Oaktree bereits weltweit an Reedereien beteiligt sind, ist diese Art der Eigenkapitalfinanzierung bei deutschen Reedereien abgesehen von wenigen Ausnahmen bislang ungenutzt. Dies liegt zum einen daran, dass die Reeder den damit verbundenen Auswirkungen auf die Unternehmensstruktur ablehnend gegenüberstehen. Zum anderen sind die Renditeerwartungen der PEG von um die 15% in den oft kleinteiligen Strukturen, die im deutschen Markt immer noch vorherrschen, nicht zu erfüllen. Zielführend wäre in vielen dieser Fälle zunächst eine gesellschaftsrechtliche Neuaufstellung durch Zusammenschlüsse oder Joint Ventures (siehe dazu HANSA 11/2014 – 02/2015).

Abwägung

Neben der Zufuhr von Eigenkapital und der damit verbundenen finanziellen Stärkung des Unternehmens kann die Beteiligung von PEG einer Reederei auch andere Vorteile bieten: So kann sie von dem finanzwirtschaftlichen und inzwischen teilweise ausgeprägten schifffahrtsbezogenen Know-how der PEG sowie deren Netzwerk profitieren. Außerdem mag die Aufnahme eines ambitionierten neuen Gesellschafters zu einem Effizienzschub und einer Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit führen, was ohne Hilfe von außen oftmals schwieriger ist. Andererseits ist zu beachten, dass die PEG mit ihrer Aufnahme als Gesellschafter natürlich auch alle Rechte eines Gesellschafters erwerben. Neben der Gewinnbeteiligung betrifft das vor allem die Stimmrechte. Entweder beteiligen sich PEG in einem solchen Umfang an dem Zielunternehmen, dass sie entscheidenden Einfluss auf dessen Unternehmensführung ausüben können oder sie sichern sich diesen Einfluss durch den Abschluss von Stimmbindungsvereinbarungen mit den bestehenden Gesellschaftern. Für das Zielunternehmen bedeutet dies, dass eine bislang bestehende unternehmerische Unabhängigkeit für die Zeit der Beteiligung der PEG eingeschränkt wird. Und schließlich führen die hohen Rendite- und Gewinnerwartungen der PEG dazu, dass von diesen Investoren eine vollkommen andere Geschäftspolitik zu erwarten ist als von einem langfristig orientierten strategischen Investor.

Die Öffnung einer Reederei gegenüber einer PEG ist ein einschneidender, aber möglicherweise sehr erfolgsversprechender Schritt. Daher sollten Reedereien in ihren Überlegungen zur Neuausrichtung ihrer Gesellschafts- und Finanzierungsstruktur die Beteiligung von PEG als Alternative miteinbeziehen. Dass die damit verbundenen Chancen und Risiken in jedem Einzelfall sorgsam abzuwägen sind, versteht sich von selbst.

Autoren:

Prof. Dr. Stephan R. Göthel

Pier 11 und BSP Business School Berlin

stephan.goethel@pier11.de

Dr. Oliver Rossbach

Pier 11

oliver.rossbach@pier11.de
Prof. Dr. Stephan R. Göthel, Dr. Oliver Rossbach