Nach der Komplettübernahme durch die Bremer Zeaborn Group setzt der Projekt-Carrier Zeamarine weiter auf Expansion. Im Fokus stehen Schiffe aus dem Bestand der NordLB.[ds_preview]
Wie der geschäftsführende Gesellschafter von Zeaborn und neue Chief Executive Officer von Zeamarine, Ove Meyer, im Gespräch mit der HANSA erklärte, gibt es 25 bis 30 Mehrzweckfrachter aus dem Kreditbestand der NordLB, die gut zum Geschäftsmodell von Zeamarine passen würden.
Ein Teil dieser Schiffe könnte im Rahmen des Portfolioverkaufs im Umfang von 2,7 Mrd. € (»Big Ben«) bereits auf den US-Investor Cerberus übergegangen sein. »Wenn wir die Möglichkeit haben, zu attraktiven Konditionen in den Kontrollbesitz dieser Schiffe zu kommen, werden wir das auch versuchen«, sagte Meyer. Angesichts des Rückzugs der NordLB aus der Schiffsfinanzierung rechnet er mit einem »gewaltigen Block von Mehrzweckfrachtern, die vor einem Wechsel der Eigentumsverhältnisse« stünden – etliche vermutlich noch in diesem Jahr.
Darüber hinaus hält die Reederei, die zum Firmenimperium des Bremer Immobilien-Tycoons Kurt Zech gehört, Optionen für den Bau von 5 + 5 Schiffen mit Tragfähigkeiten von 13.000 tdw bei der China State Shipbuildung Corporation (CSSC), die Anfang des Jahres vereinbart wurden.
Aktuell betreibt Zeamarine eigenen Angaben zufolge eine Kernflotte von 80 Schiffen. Einschließlich kurzfristig eingecharterer Tonnage seien es sogar 94 Einheiten, so Meyer. Laut einer Marktstudie der niederländischen Beratungsfirma Dynamar ist die Flottenkapazität von Zeamarine seit dem Zusammenschluss der Vorgängergesellschaften Zeaborn (inklusive Rickmers-Line) und Intermarine im Sommer letzten Jahres aber massiv geschrumpft. Dynamar beziffert die aktuelle Kapazität auf 711.000 tdw gegenüber zusammen 1,1 Mio. tdw von Zeaborn und Intermarine zu Beginn des Jahres 2018.
Konzentration auf Zeitcharter-Schiffe
Meyer beklagt statistische Ungenauigkeiten in der Studie, gibt aber zu, dass Zeamarine bewusst Kapazität abgebaut habe. Dies habe aber nicht mit Geschäftseinbußen zu tun, sondern mit einer veränderten Tonnage-Strategie. So seien alle Schiffe, die Intermarine zuvor kommerziell gemanagt, aber nicht als Eigner oder Charterer kontrolliert habe, zurückgeliefert worden. »Wir sind dabei, unsere gesamte Tonnage auf Zeitcharterschiffe umzustellen. Denn reine Management-Schiffe sind immer ausfallgefährdet und somit weder für den Carrier noch für die Kunden kalkulierbar«, erklärte Meyer.
Zeamarine war bislang eine Gemeinschaftsfirma von Zeaborn (75%) und dem US-Investor und früheren Intermarine-Eigner New Mountain Capital (25%). Vergangene Woche hatten sich beide Seiten darauf geeinigt, dass Zeaborn auch die restlichen Anteile übernimmt. Zum Kaufpreis äußern sich die Partner nicht. Meyer stellt nun aber klar, dass es ein substanzieller positiver und kein negativer Kaufpreis gewesen sei wie im Fall der Übernahme der Rickmers-Linie durch Zeaborn Anfang 2017.
Integration in vollem Gang
Er wies auch Spekulationen zurück, wonach der Haussegen zwischen den Gesellschaftern schief gehangen habe und die Integration der Unternehmensteile aufgrund unterschiedlicher Ansichten bockiert gewesen sei. »Es war von Vornherein verabredet, dass wir nach hinten raus die vollen 100% übernehmen«, so Meyer, Der Zeitplan dafür sei lediglich abgekürzt worden. Allerdings liege auf der Hand, dass sich mit 100% Kontrollbesitz Zeamarine leichter umbauen lasse als gemeinsam mit einem Partner, für den der Ausstieg aus der Projektschifffahrt beschlossene Sache sei.
Während die Komplettübernahme von Zeamarine noch unter Kartellvorbehalt steht, hatte Ove Meyer vergangene Woche bereits das Amt des CEO von André Grikitis – ehemals Intermarine-Chef – übernommen. Grikitis, der zuvor mehr als 25 Jahre für Intermarine im Einsatz war, habe »angesichts der vor dem Zeitplan liegenden Integration der Unternehmen« seinen Rücktritt beschlossen, hieß es offiziell.
Auch die andere Sparte der Schifffahrtsgruppe, die nach den Übernahmen von Rickmers Maritime und E.R. Schiffahrt entstandene Zeaborn Shipmanagement, soll weiter wachsen, »aber nicht um jeden Preis«, schränkt Meyer ein. Größe sei ein wichtiger Wettbewerbsfaktor, aber eben nicht allein. Ebenso wichtig seien Kosteneffizienz, Flexibilität und Profitabilität, »wir wollen schließlich weiter Geld verdienen.« Man sei durchaus für weitere Übernahmen von Schiffen oder auch von Wettbewerbern offen, wenn sich die passende Gelegenheit ergebe. (mph / KF)