Großprojekte in Australien und Kanada sorgen für Zuversicht in der Schwergutschifffahrt. Der Öl- und Gassektor ist nach Jahren der Flaute wieder in Expansionslaune.[ds_preview]
Die Schwergutschifffahrt hofft in den kommenden Wochen und Monaten auf Großaufträge, wie sie seit einigen Jahren nicht mehr vergeben wurden. Die Erholung des Ölpreises, die steigende Gasnachfrage sowie Ersatz- und Erweiterungsbedarfe im Bergbausektor haben seit vergangenem Jahr große Investitionsentscheidungen nach sich gezogen.
Wie Befrachtungsmakler berichten, wird in Kürze die Frachtausschreibung für das Projekt »South Flank« des Bergbaukonzerns BHP in Pilbara in Westaustralien eröffnet. Material und Gerätschaften im Umfang von 450.000 t – darunter auch viel Schwergutladung – müssen innerhalb eines Jahres ab August/September nach »Down under« verschifft werden. 17 Vollcharter-Reisen allein aus China heraus seien zu absolvieren, heißt es.
Mit dem Bergwerksneubau schafft BHP eine Jahresförderkapazität für Eisenerz von rund 80 Mio. t als Ersatz für ein anderes Bergwerk in der Region (»Yandi Mine«), das bald erschöpft sein wird. Den Logistikauftrag für das Projekt hat die deutsche Spedition DB Schenker erhalten, die selbst nun die Transportaufträge an Reedereien, Airlines, Häfen sowie Kran- und Schwertransportfirmen vergeben wird.
Noch größer als »South Flank« ist das Projekt »LNG Canada« zum Bau eines gigantischen Flüssiggasterminals in Kitimat, British Columbia, an der kanadischen Pazifikküste. Ein Konsortium unter Führung von Royal Dutch Shell investiert dort 40 Mrd. $, um ab Mitte des nächsten Jahrzehnts pro Jahr 14 Mio. t Flüssiggas verladen zu können.
Dem Vernehmen nach geht es um ein Ladungsaufkommen von mehr als 1 Mio. t, gestreckt über drei Jahre. Makler erwarten, dass die Projektverschiffungen Ende 2020 ihren Höhepunkt erreichen. Der federführende Projektspediteur, der auch für den Frachteneinkauf verantwortlich sein wird, ist nach Branchenangaben noch nicht nominiert worden. In der Endausscheidung für den Auftrag sollen sich Kühne & Nagel, DB Schenker und die französische Bolloré Group befinden.
Branche erwartet massive Investitionen in Großprojekte
Die Schwergutschifffahrt wartet derzeit auf eine Belebung der Geschäfte, nachdem sich Befrachtungsaktivität am Spotmarkt Ende des ersten Quartals abgeschwächt hat. Als Gründe dafür werden der Handelskrieg zwischen den USA und China sowie die Eintrübung des Weltwirtschaftswachstums genannt.
Ove Meyer, geschäftsführender Gesellschafter der Bremer Zeaborn Group mit ihrer Carrier-Division Zeamarine, zeigte sich im Gespräch mit der HANSA aber zuversichtlich, dass es in Kürze wieder aufwärts geht. »Wir sehen durchaus positive Signale. Großprojekte, die jahrelang aufgestoppt waren, werden jetzt neu aufgelegt. Da werden massive Investitionen getätigt.« Laut der britischen Beratungsfirma Wood Mackenzie dürften die Investitionsentscheidungen für neue Flüssiggasprojekte dieses Jahr einen Rekord erreichen.
Meyer geht zudem davon aus, dass die Nachfrage der US-Wirtschaft so stark ist, dass trotz Strafzöllen gegen China in Kürze wieder mehr schweres Equipment aus Fernost importiert wird. »Es gibt inzwischen einen erheblichen Nachholbedarf für Röhren und andere Stahlladungen aus Asien Richtung USA, das ist ein Fakt.«
Um für einen Aufschwung der Nachfrage gerüstet zu sein, fahre Zeamarine seine Flotte in den kommenden Monaten weiter hoch. Sechs Schiffe, die derzeit an BBC Chartering weitervermietet seien, sollen zurück in die eigene Befrachtung geholt werden. Bis Herbst werde Zeamarine die Zahl der kontrollierten Mehrzweckfrachter von knapp über 90 auf mehr als 100 ausbauen, kündigte Meyer an.
Die Projektabteilung der französischen Spedition Geodis, die auch in Hamburg eine große Niederlassung betreibt, verzeichnet eigenen Angaben zufolge hohe Auftragseingänge aus der Öl- und Gasindustrie. »Das Geschäft mit den Bohr- und Fördergesellschaften entwickelt sich gerade sehr stark«, sagt George Abreu, IP Senior Vice President-Oil & Gas. »Die Branche stößt jetzt in neue Länder vor, über die bislang nur gesprochen wurde.«
Als Beispiele nennt Abreu Mozambique, Guyana und Papua-Neuguinea. Peter Anetsberger, der das Business Development für Großprojekte von Hamburg aus koordiniert, sieht außerhalb der Öl- und Gasbranche Chancen für Großaufträge vor allem im Nahen Osten, Ägypten und Teilen Südamerikas.
Nach Angaben der Bremer Spedition Ipsen Logistics nimmt das Projektgeschäft in Nordafrika im Zuge der Ölpreiserholung allgemein Fahrt auf. Eduard Dubbers-Albrecht, geschäftsführender Gesellschafter, verzeichnet viele neue große Projekte vor allem in Algerien. »Speziell im Bereich Öl und Gas. Da sind eine Menge neuer Bohr- und Baustellen geplant.« (mph)