Nach dem jüngsten Preissturz chartern Händler verstärkt VLCC ein, um ihre Tanklager mit billigem Öl zu füllen. In der Folge schießen die Raten wieder in die Höhe.
Die Charteraktivität für große Rohöltanker hat infolge des Preisverfalls [ds_preview]für das schwarze Gold massiv angezogen und die Tageserträge der Schiffe in die Höhe katapultiert. Die durchschnittlichen Spoteinnahmen der VLCC stiegen gestern laut Clarksons Platou um 73% auf 85.300 $/Tag – den höchsten Stand seit Mitte Dezember. Auf Wochensicht betrug das Plus sogar 158%.
Auslöser der aktuellen Ratenrallye ist der zwischen Saudi-Arabien und Russland entbrannte Preiskrieg. Nachdem die von der OPEC vorgeschlagene Förderkürzung unter Einbeziehung von Partnerstaaten von zusätzlich 1,5 Mio. Fass pro Tag vergangene Woche am Widerstand Russlands gescheitert war, preschte Saudi-Arabien am Wochenende einseitig mit Preissenkungen für April-Lieferungen vor.
Das Königreich will dadurch seinen Marktanteil ausbauen und den Druck auf Russland erhöhen. Der Rohölpreis brach in der Folge um über ein Viertel ein und konnte sich seither nur mäßig auf rund 36 $/Fass für die Nordseesorte Brent erholen.
Spekulative Käufe
Der Preissturz hat dazu geführt, dass jetzt verstärkt spekulative Zukäufe bei Rohöl getätigt werden. Auch wenn die Nachfrage der Endkonsumenten in der Wirtschaft weiterhin gedrückt ist, wollen sich Händler das Schnäppchen nicht entgehen lassen. Maklerberichten zufolge wurden gestern mehr als 20 VLCC für Verschiffungstermine Ende März/Anfang April gebucht – aktivster Charterer sei die saudische Staatsreederei Bahri gewesen, hieß es.
»Die meisten, wenn nicht alle dieser Ladungen werden angesichts der schwachen Endnachfrage wohl in die Tanklager wandern«, konstatierte der norwegische Schiffsmakler Fearnleys. In der Branche wird zudem darauf spekuliert, dass etliche Ladungen gar nicht erst gelöscht werden, sondern in »floating storage« an Bord der VLCC bleiben. Dadurch blieben die Händler flexibel, die Ware später weltweit weiterzuverkaufen.
Tanker als schwimmende Lager
Bei der aktuellen Terminpreiskurve für Rohöl könnte sich das Zwischenlagern auf Tankern als lukrativ erweisen. Denn für Liefertermine im kommenden Jahr liegen die Preise deutlich höher in einer Bandbreite von 40 bis 45 $/Fass (Brent). Allerdings könnte die Nutzung weiterer VLCC als »schwimmende Lager« die Tonnage am Markt verknappen und die Raten so stark nach oben treiben, dass die Margen der Händler aufgezehrt werden. In der Vergangenheit gab es immer wieder solche Phasen: Nach dem Ölpreiseinbruch 2009 sollen zeitweise bis zu 10% der VLCC-Kapazität zu Lagerzwecken gechartert worden sein.
Bei den mittleren und kleineren Rohöltankern ist der Charter-Boom ist indessen noch nicht angekommen. Die durchschnittlichen Spoteinnahmen der Suezmaxe (160.000 tdw) und Aframaxe (105.000 tdw) lagen gestern nur leicht im Plus bei 33.600 und 31.800 $/Tag. Dier norwegische Investmentbank Arctic Securities geht aber davon aus, dass der Markt bald auch in diesen Segmenten anzieht. (mph)