Die Nordostpassage hat je nach Jahreszeit zwei Gesichter, hier ist der LNG-Komplex »Yamal« zu sehen (Foto: Novatek)
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In Russland steht das Arbeitsleben nach einer Ansage von Präsident Wladimir Putin bis Ende April weitgehend still, die Corona-Pandemie soll eingedämmt werden. Die Pläne für die Schifffahrt in der Nordostpassage bleiben bestehen, absehbar geht es aber vor allem um Teilstrecken.

Detaillierte[ds_preview] Auswirkungen der staatlichen Vorgaben auf die maritime Industrie sind bislang nicht bekannt, die Regierung in Russland hält sich mit der Veröffentlichung von Einzelheiten zurück. Angesichts der abgeschiedenen geographischen Lage und der immensen Bedeutung der Rohstoff-Industrie – gerade und vor allem in Zeiten des Streits um Fördermengen mit den erdölexportierenden Staaten der OPEC – dürften die betreffenden Gas- und Öl-Aktivitäten in der russischen Arktis aber nicht komplett heruntergefahren werden.

Arild Moe, Wissenschaftler am norwegischen Frithjof-Nansen-Institut, befasst sich seit Jahren mit der Nordostpassage. Im Gespräch mit der HANSA zeigt er sich skeptisch, ob das steile Transportwachstum in der Nordostpassage der vergangenen zwei Jahre aufrechterhalten werden kann: »Das lag an der Umsetzung des Yamal-LNG-Projekts, es hat aber bereits einen Höhepunkt erreicht.«

Bei Seetransporten dieser Art handelt es sich nicht um komplette Passagen des Nördlichen Seewegs, sondern vorwiegend um den Export von Ressourcen, etwa aus Sibirien über den Hafen Sabetta und europäische Transshipment-Häfen in alle Welt. Nicht-Gas-Transporte stammen vorwiegend aus dem Breakbulk- und Heavylift-Segment, das Maschinen und Industrieprojekte für den Aufbau der Rohstoff-Ausbeutung liefert.

Aktuell wird vor allem die Ausbeutung der arktischen LNG- und weiterer Rohstofffelder vorangetrieben. Allerdings geht es auch dabei kurzfristig nicht um Komplett-Passagen. »Es gibt einen sehr starken politischen Willen, die Transporte zu erhöhen – vor allem im Zielverkehr«, so Moe. Mittelfristig sollen zwar auch Transite erhöht werden. Aktuell ist aber alles auf den Export ausgerichtet, vor allem von LNG, aber auch von Öl und Kohle. »Eine Idee dahinter ist, dass diese Projekte eine Infrastruktur benötigen, die dann in der nächsten Phase der Schifffahrt für Komplett-Transite dienen kann«, meint der Norweger.

 


Cover april 2020 Seiten aus Ausgabe HS 20 04 kl

Informieren Sie sich über weitere Hintergründe zur russischen Politik und vor allem zur Erschließung der Nordostpassage für die Schifffahrt. In der aktuellen April-Ausgabe der HANSA beleuchten wir die Thematik von verschiedenen Seiten, es geht um Tramp- und Linienverkehre, Hafenausbau, Schlepper- und Eisbrecherflotten sowie die Anforderungen der arktischen Schifffahrt an Schiff und Crew und die politische Entwicklung zum Schweröl-Verbot in der Arktis. Es zeigt sich , dass Wunsch und Wirklichkeit nicht immer deckungsgleich sind, es aber doch einige positive Entwicklungen gibt.