In einer ungewöhnlichen gemeinsamen Aktion haben sich Reederverbände und Gewerkschaftler and die Regierungen der G20-Länder gewandt. Sie fordern im Rahmen der Corona-Krise – aus humanitären Gründen – dringende Maßnahmen für Seeleute.
Gemeinsam[ds_preview] hat der internationale Reederverband ICS (International Chamber of Shipping) und die Transportarbeitergewerkschaft ITF einen Appell an die Regierungen der wichtigsten Industrienationen gerichtet. Es geht ihnen um nicht weniger als die Interessen von zwei Millionen Seeleuten im Seeverkehr, der das »Lebenselixier der Weltwirtschaft darstellt«.
Im Fokus des Brandbriefs steht der Crew-Wechsel, der trotz einiger Erleichterungen etwa in Singpur noch immer ein großes Problem für die Branche darstellt. Das »ernste Problem« müsse dringend angegangen werden, schreiben ICS-Generalsekretär Guy Platten und ITF-Generalsekretär Stephen Cotton. Ohne koordinierte globale Maßnahmen werde der effiziente Fluss der auf dem Seeweg beförderten Im- und Exporte gefährdet, was sich während der gesamten COVID-19-Krise negativ auf die Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaften auswirken wird.
»Es ist zwar richtig, dass sich die Regierungen auf den unmittelbaren gesundheitlichen Notstand konzentrieren, der sich aus dem COVID-19 ergibt, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Handelsschiffe neben anderen wirtschaftlich wichtigen Aktivitäten die medizinischen Vorräte, Lebensmittel, Energie und Rohstoffe der Welt sowie die hergestellten Produkte und Komponenten transportieren, die aufgrund komplexer globaler Lieferketten für das wirksame Funktionieren der Volkswirtschaften und die Erhaltung von Arbeitsplätzen notwendig sind«, so das Argument.
Sodann beziehen sich die beiden Manager auf eine Erklärung der G20-Industrie- und Handelsminister vom 30. März. Darin versichern die Politiker, die Logistikkette reibungslos aufrechterhalten zu wollen. Nach Meinung von ICS und ITF wird entscheidend für die Umsetzung dieser G20-Erklärung sein, dass die Regierungen das weitere Funktionieren des globalen Seetransportsystems sicherstellen, indem sie die wesentliche Bewegung der Seeleute und des Marinepersonals der Welt erleichtern, einschließlich der Fähigkeit, Besatzungswechsel durchzuführen.
Den Politikern werden die Empfehlungen der IMO vom 27. März ans Herz gelegt, die eine Einstufung von Seeleuten als »Schlüsselpersonal« vorschlagen und in Einklang mit den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Weltarbeitsorganisation stünden.
»Wir fordern die Staats- und Regierungschefs und Minister der G20 auf, alles zu tun, um sicherzustellen, dass diese Empfehlungen an die Regierungen vollständig umgesetzt werden«, schreiben Platten und Cotton. Aus humanitären Gründen – und der Notwendigkeit, die internationalen Sicherheits- und Beschäftigungsvorschriften einzuhalten – könne der Wechsel der Besatzung nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Eine globale Strategie aller betroffenen Institutionen sei nötig.
Jeden Monat müssen den Angaben zufolge (unter normalen Umständen) etwa 100.000 Seeleute von den von ihnen betriebenen Schiffen abgelöst werden, um die einschlägigen internationalen Seeverkehrsvorschriften zum Schutz von Gesundheit, Sicherheit und Wohlergehen zu erfüllen.
Es folgt ein Forderungskatalog:
- Als »sofortiger Schritt« sollen alle Regierungen Häfen in ihren Ländern und geeignete Flughäfen in der Nähe identifizieren, von denen aus der Wechsel der Besatzung so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden kann, und die IMO und die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation entsprechend zu informieren.
- Bei medizinischen Notfällen soll Seeleuten Zugang zu medizinischer Notfallbehandlung an Land zu gewährt werden und, falls erforderlich, die Rückführung in Notfällen erleichtert werden
- Nationale Behörden sollen gemeinsam mit den nationalen Reederverbänden nach Lösungen suchen
- Vorgeschlagen wird die die Einrichtung einer speziellen G20-Taskforce zur Frage der Änderungen der Schiffsbesatzung