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Den in Not geratenen deutschen Werften ist Hilfe zugesichert – doch wann? Vorgezogene Aufträge könnten das Schlimmste abwenden, konkret aber stehen Fragezeichen.

An Einsicht und Solidaritätsbekundungen fehlt es nicht. [ds_preview]Ob Verbände, Gewerkschaft, die Industrie selbst oder Politiker auf Landes- und Bundesebene – sie alle beteuern, wie wichtig und dringend eine schnelle und wirksame Hilfe für den Schiffbau im Landes wäre. Doch bislang bleibt alles im Konjunktiv.

Zuletzt hatten die SPD-Politiker aus den norddeutschen Bundesländern, die sogenannte »Küstengang«, die Geschäftsführer und Betriebsräte von neun deutschen Werften zu einem Krisengipfel nach Berlin geladen. Es seien »konstruktive Gespräche« gewesen, berichteten Teilnehmer anschließend.

Der Hamburger CDU-Angeordnete und Haushaltsexperte Rüdiger Kruse kündigte gestern gemeinsam mit seinem SPD-Kollegen Johann Saathoff an, durch einen Antrag die Vergabe staatlicher Aufträge zu beschleunigen. Ein ähnlicher Vorstoß kommt heute vom FDP-Politiker Hagen Reinhold. »Anstatt nur Hilfspakete zu schnüren, müssen jetzt wichtige zivile und militärische Schiffbauprojekte des Bundes vorgezogen werden.«

Video der Parlamentsdebatte

Als Teil des großen Krisen-Programms hatte die Bundesregierung die Forschungsförderung um 1 Mrd. € aufgestockt. Die größten Hoffnungen aber weckt bei allen Beteiligten das versprochene  Flottenerneuerungsprogramm. Der Bund unterhält die mit Abstand größte Zahl an Schiffen im Lande, knapp 1.000 sind es bei den verschiedenen Behörden und Ministerien. Das macht die öffentliche Hand zum potenziell größten Auftraggeber.

Doch von konkreten (neuen) Projekten ist bislang nichts zu hören. Und die Zeit drängt. Bereits in zwei Wochen beginnt die parlamentarische Sommerpause, bis September sind dann keine weiteren Beschlüsse mehr zu erwarten. »Wenn jetzt nicht schnell etwas passiert, kommt die Hilfe vielleicht schon zu spät«, heißt es bei den Werften.

Hier einige Beispiele, welche Schiffe in jetzt Auftrag gegeben werden könnten:

  • Forschungsschiffe. Die Ausschreibung für den neuen Forschungseisbrecher »Polarstern II« (650 Mio. €) war im Februar überraschend gestoppt worden und soll noch einmal von vorn beginnen. Die Bremerhavener Lloyd Werft hatte dem Vernehmen nach bereits einige Millionen investiert. Eine neue »Meteor IV« (160 Mio. €) soll sowohl ihre Vorgängerin als auch die verkaufte »Poseidon« ersetzen.
  • Marine-Tanker. Die Marine muss ihre betagten und pannenträchtigen Betriebsstofftransporter ersetzen. Die Spezifikationen für zwei moderne Doppelhüllentanker sind längst bekannt, es wird auch bereits konkret mit Werften verhandelt. Kosten: ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag.
  • Behördenschiffe. In der Planung, aber noch nicht im Haushalt eingestellt, sind allein bei der Wasserstraßenverwaltung (WSV) unter anderem: 1 Gewässerschutzschiff (195 Mio. €), 11 Hybrid-Fähren (je 7,5 Mio. €), 1 Tonnenleger (25 Mio. €), 1 Laderaumsaugbagger (95 Mio. €), 1 Arbeitsschiff (Elbe, Typ Weserplate, ca. 7 Mio. €), 1 Gewässerschutzschiff als Ersatz für die »Eversand« (52 Mio. €), 1 Peilschiff als Ersatz für die »Weekeborg« (1 Mio. €). Das Bundesinnenministerium will ein sechstes Kontroll- und Streifenboot anschaffen. Beim Bundesfinanzministerium läuft derzeit ein Vergabeverfahren für die Beschaffung eines Bootes mit alternativem Antrieb. Im Bundesverteidigungsministerium ist eine Ersatzbeschaffung für die drei Boote »Breitgrund«, »Mittelgrund« und »Wilhelm Pullwer« über Ausschreibungen geplant. Kosten: 46 Mio. €.