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Die Brennstoffzelle als vielversprechende aber für Schiffsanwendungen noch nicht (markt-)reife Technologie – diese Sichtweise trifft nicht mehr die Realität. Mehrere Akteure arbeiten längst in konkreten Projekten an Anlagen im Leistungsbereich von mehreren Megawatt

ABB und Hydrogène de France (HDF) wollen gemeinsam Brennstoffzellensysteme im Megawattbereich herstellen, die große Hochseeschiffe antreiben können. Aufbauend auf einer[ds_preview] bestehenden Zusammenarbeit mit Ballard Power Systems, dem weltweit führenden Anbieter von Brennstoffzellenlösungen mit Protonenaustauschmembranen (PEM), beabsichtigen ABB und HDF, ihre Fertigungskapazitäten für Brennstoffzellen zu optimieren. Das neue System soll auf dem von ABB und Ballard gemeinsam entwickelten Brennstoffzellen-Kraftwerk basieren und von HDF in Bordeaux hergestellt werden.

An Brennstoffzellen im Großmaßstab arbeitet auch der schwedische Hersteller PowerCell. Die ehemalige Ausgründung des Volvo-Konzerns hat sich einen Vertrag über die Entwicklung und Lieferung eines Megawatt-Brennstoffzellensystems für die maritime Branche gesichert. Der Name des Vertragspartners wurde bisher nicht genannt. Es hieß lediglich, dass es sich um eine »führende europäische Werft« handle. Auch das Schiffbauprojekt, für das die Brennstoffzelle bestimmt ist, ist bislang unbekannt.

Das System soll eine Gesamtleistung von »etwa 3 MW« haben und innerhalb von drei Jahren entwickelt und geliefert werden. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen bereits mit mehreren europäischen Akteuren zusammengearbeitet. Mit dem deutschen Siemens-Konzern war eine Kooperation initiiert worden. Auch bei Neubauten für die Reederei Havila, die bei der norwegischen Werft Havyard entwickelt werden, ist man an Bord, ebenso wie beim Samskip-Projekt »Seashuttle« für einen hybriden, autonomen Shortsea-Neubau. Erst vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass die italienische Schiffbaugruppe Fincantieri eine Brennstoffzelle bei PowerCell geordert hat.

Wasserstoff-Hybrid-PCC

Mitsui O.S.K. Lines (MOL) und e5 Lab arbeiten an einer gemeinsamen Studie über einen Hybrid-Autotransporter, der mit einem Wasserstoff-Brennstoffzellensystem und Batterien mit großer Kapazität ausgestattet ist (Wasserstoff-Hybrid-PCC).

Die Unternehmen streben die Entwicklung eines Wasserstoff-Hybrid-PCC an, der in Küstengewässern oder Häfen kein Kohlendioxid, keine Schwefeloxide, keine Stickoxide und keine Feinstaubpartikel emittiert. Das Schiff soll seine Antriebskraft allein aus der vom Wasserstoff-Brennstoffzellensystem und den Batterien gelieferten Elektrizität beziehen.

Bei der Fahrt auf offener See soll der Motor des Wasserstoff-Hybrid-PCCs von einem LNG-betriebenen Generator und den Batterien angetrieben werden, was immerhin zu deutlich geringeren Emissionen führen würde als bei heutigen Schiffen mit Dieselmotoren.

Beide Unternehmen wollen zunächst technologische und wirtschaftliche Machbarkeitsstudien für die Wasserstoff-Hybrid-PCC durchführen, und wenn sie positive Ergebnisse erzielen, wollen sie zur nächsten Phase der gemeinsamen praktischen Entwicklung des Schiffs übergehen.

Schiffsbrennstoffzelle von Toyota

Der ehemalige Rennkatamaran »Energy Observer« hat als erstes energieautarkes Wasserstoffschiff mit einer sechsjährigen Odyssee um die Welt für Aufmerksamkeit gesorgt. Der Katamaran wird mit einem Mix aus erneuerbaren Energien und einem Bordsystem betrieben, unter anderem wird kohlenstofffreier Wasserstoff aus Meerwasser erzeugt.

Der japanische Autohersteller Toyota, offizieller Partner des Projekts Energy Observer, hat nun ein neues Brennstoffzellensystem für maritime Anwendungen entwickelt hat, dessen erste Lieferung für das umweltschonende Schiff bestimmt ist. Zuvor hatte sich das Brennstoffzellensystem von Toyota, das erstmals im weltweit ersten serienmäßig produzierten Wasserstoff-Brennstoffzellen-Elek­trofahrzeug Toyota Mirai vorgestellt wurde, als Antriebssystem für Automobile bewährt. In jüngerer Zeit hat das Unternehmen jedoch den Einsatz seines Brennstoffzellensystems in anderen Anwendungen wie Bussen und Lastwagen erforscht.

Zusammen mit den Initiatoren des Energy-Observer-Projekts hat Toyota an der Anpassung des Wasserstoff-Brennstoffzellensystems an maritime Anwendungen gearbeitet. Das spezifisch maritime Brennstoffzellensystem wurde vom Toyota Technical Center Europe in nur sieben Monaten entwickelt. Es erforderte ein Re-Design des Systems, gefolgt vom Bau und der Installation des kompakten Brennstoffzellenmoduls. Dies wurde durch die Verwendung von Komponenten erreicht, die zuerst im Toyota Mirai eingeführt und in ein kompakteres, für Schiffsanwendungen geeignetes Modul eingebaut wurden.

Ulstein mit neuem Entwurf

Ulstein Design & Solutions und der niederländische Brennstoffzellenbauer Nedstack haben mit dem Ulstein SX190 Zero Emission DP2 Construction Support Vessel Ende 2019 ein erstes wasserstoffbetriebenes Offshore-Schiff mit Brennstoffzellenantriebssystem als Konzept vorgestellt.

Mit der heutigen Technologie wäre das Konzeptschiff bereits in der Lage, vier Tage im Null-Emissionen-Modus zu arbeiten. Es wird aber eine Dauer von bis zu zwei Wochen angestrebt. Für erweiterte Missionen kann das Schiff auf ein dieselelektrisches System zurückgreifen.

Das Design basiert auf der bestehenden SX190-Plattform und hat eine installierte Gesamtleistung von 7,5 MW, wovon 2 MW von einem Brennstoffzellenantriebssystem erzeugt werden sollen, typischerweise Nedstack Proton Exchange Membrane (PEM) Brennstoffzellen, die in einem separaten, zweiten Maschinenraum untergebracht sind. Die PEM-Brennstoffzellen sollen mit Wasserstoff aus Druckbehältern in Containern betrieben werden, dadurch entfiele die Notwendigkeit einer teuren Bunkerinfrastruktur.

Erste Ammoniak-Brennstoffzelle

Ab 2024 starten in Norwegen Tests für das erste Schiff, das mit Ammoniak-Brennstoffzellen und damit vollständig ohne Emissionen fahren soll. Der norwegische Energiekonzern Equinor hat mit der Offshore-Reederei Eidesvik einen Vertrag über die Umrüstung des Versorgers »Viking Energy« unterzeichnet. Die technische Ausstattung kommt von Wärtsilä. Das Ganze ist Teil des Forschungsprojekts »ShipFC«.

Die »Viking Energy« war 2003 das weltweit erste LNG-betriebene Hochseeschiff. Eidesvik und Wärtsilä arbeiteten auch bei der 2009 gebauten »Viking Lady« zusammen, die als Meilenstein in Sachen Brennstoffzelle gilt. Die erste Hochleistungsbrennstoffzelle, die mit »grünem« Ammoniak betrieben wird, wird aus dem EU-Forschungsprogramm »Horizon 2020« mit 10Mio. € gefördert. Die »Viking Energy« soll Ende 2023 mit der 2-MW-Ammoniak-Brennstoffzelle ausgerüstet werden, um jährlich bis zu 3.000 Betriebsstunden ausschließlich mit diesem Kraftstoff zu fahren.

Wie den Projektplänen zu entnehmen ist, soll Ammoniak während eines einjährigen Testzeitraums 60–70% des Strombedarfs an Bord decken. Der restliche Bedarf soll auch künftig mit LNG gedeckt werden.