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Geringere Verkaufszahlen, Produktionsausfälle, weniger Komponenten – die Autohäfen leiden gemeinsam mit der Autoindustrie unter der Coronakrise. Im Moment scheint nur eines sicher: dass 2020 kein gutes Jahr mehr wird

Zum Glück seien die Exportrelationen durch die Covid-19-Pandemie zum größten Teil nicht mehr geschlossen, so dass Exporte und[ds_preview] Importe wieder wie gehabt abgewickelt würden, heißt es vom Hafen Emden. Allerdings sei das Umschlagvolumen weiterhin auf einem geringem Niveau von weniger als 50% des Vorjahres. Auf die ursprünglichen Prognosen für Gesamtjahr bezogen, erwarten die Unternehmen durch den Lockdown, den damit verbundenen Fertigungsstopps sowie dem sanften Wiederanlauf sogar einen Volumeneinbruch um mindestens ein Drittel.»Wir gehen davon aus, dass sich der Weltmarkt wieder ein wenig stabilisiert, jedoch sind die bisherigen Verluste in 2020 nicht mehr zu kompensieren«, heißt es auf Anfrage der HANSA. Zum Ende des laufenden Jahres hofft man, monatlich wieder über 75% des Vorjahresvolumens zu erreichen. Man ist zuversichtlich, dass die langjährige Beziehung zum Kunden Volkswagen »wie gehabt« weiterläuft.

Für den Nordseestandort Cuxhaven erklärt Oliver Fuhljahn, Head of Automobile Logistics beim Hafenbetreiber Cuxport, die dortige Hafengemeinschaft habe schnell und flexibel auf die Reduzierungen und auch den Shutdown in einigen Märkten, insbesondere in Großbritannien, reagiert. »So ist Cuxhaven weiterhin ein wichtiger Anlaufpunkt für Transporte. Die Abfertigung der Schiffe und die landseitigen Umschlagaktivitäten werden aktiv mit allen Beteiligten abgestimmt und flexibel durchgeführt. Das Charter- und das schnelle Umschlaggeschäft bei den Shortsea-Verkehren sind dem Lagergeschäft gewichen.«

Verhaltener Optimismus

Derzeit sei man »verhalten optimistisch«. Grund ist, dass die teilweisen Produktionsstopps in der Automobilindustrie mittlerweile aufgehoben sind und Produktionsmengen langsam wieder in die Märkte versandt werden. »Die Mengenentwicklung hängt jedoch von der Öffnung der Märkte, für Cuxhaven insbesondere in Großbritannien und Skandinavien, ab«, sagt Fuhjahn.Bei Cuxport erwartet man frühestens zum vierten Quartal eine Erholung. Aktuell geht man auch nicht von einer Verlagerung von Ladungsströmen in andere Häfen nach dem Abklingen der Pandemie aus. Eine Abwanderung sei momentan nicht zu erkennen, so Fuhljahn. »Wir gehen davon aus, dass Ladungsrückgange und entsprechend geringere Verschiffungskapazitäten bei Erholung der Märkte wieder über Cuxhaven laufen werden.«

In den bremischen Häfen ist der Fahrzeugumschlag im ersten Quartal 2020 um 15,8% auf 455.000 Einheiten zurückgegangen, wobei aber der Gesamtumschlag zulegte. Im Ergebnis des zweiten Quartals könnte sich die Coronakrise deutlicher in den Hafenzahlen widerspiegeln, teilte der Terminalbetreiber BLG mit.

Im Jahr zuvor war das Autoumschlaggeschäft in Bremerhaven mit einem Umsatzplus von 9% stark gewachsen.In Antwerpen kamen aufgrund der fehlenden Produktion in der Automobilindustrie die Importe von Neuwagen aus Asien und die Exporte europäischer Autos zum Erliegen. Auch der Gebrauchtwagenmarkt brach nach Angaben von Port of Antwerp fast vollständig weg. Infolgedessen ging das gesamte RoRo-Volumen im Zeitraum Januar-April um 16,2% zurück. »Betrachtet man speziell die Autos, so wurden in diesem Zeitraum insgesamt 426.618 Autos (Import 178.756, Export 247.862) umgeschlagen, das sind -28,9% im Vergleich zu 2019«, erklärt der Hafenbetreiber.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei es unmöglich, die endgültigen Auswirkun­gen auf die Weltwirtschaft und damit auch auf das durch den Hafen von Antwerpen beförderte RoRo-Volumen vorherzusagen. Viel werde davon abhängen, wie schnell die Automobilindustrie wieder anspringen und das Vertrauen der Verbraucher zurückgewinnen könne. Zunächst werden aber wohl in der Bilanz des zweiten Quartals die Corona-Effekte deutlich werden.

Einbruch auch in Zeebrugge

In Zeebrugge wurden in den ersten drei Monaten des Jahres insgesamt 660.134 Neuwagen umgeschlagen. Das ist ein Rückgang von 15,6% im Vergleich zum ersten Quartal 2019. Der Rückgang wird zumindest teilweise auf die Covid-19-Krise zurückgeführt, da viele Automobilhersteller ihre Produktion im März eingestellt hätten. Auch die Tätigkeit der Werkstätten und Händler sei zurückgegangen, sodass die Nachfrage nach Neuwagen praktisch zum Stillstand gekommen sei, heißt es.Auch im schwedischen Hafen Göteborg ist der Fahrzeugumschlag durch die Auswirkungen der Pandemie beeinträchtigt, es gibt es allerdings Anzeichen für eine Erholung.

Für den Fahrzeugumschlag in Göteborg sind die Terminalbetreiber Logent Ports and Terminals, Stena Line und Göteborg RoRo Terminal zuständig. Die Volvo-Unternehmen sind die größten Kunden, sowohl für Exporte als auch für Importe. Ende März hatte Volvo die Produktion in Göteborg und Gent eingestellt, allerdings hatte dies keine größeren Auswirkungen auf die Zahl der im ersten Quartal ausgelieferten Fahrzeuge, der Volumenrückgang betrug insgesamt nicht mehr als 1%. Die Auswirkungen der Pandemie werden sich aber in den Zahlen des zweiten Quartals widerspiegeln. Man befinde sich aber bereits in einem Erholungsprozess, sagt Reine Johansson, Geschäftsführerin von Logent Ports and Terminals. »Wir haben seit Ende April einen Anstieg der Fahrzeugexporte festgestellt. Wir bedienen hauptsächlich die Überseemärkte, wie die USA, Australien, Japan und China, wo Volvo weiterhin gute Verkaufszahlen verzeichnet.«

Sogar innerhalb des so genannten High & Heavy-Segments, zu dem Dumper, Bagger, Lastwagen und andere schwere Nutzfahrzeuge gehören, ist die Produktion wieder angelaufen, und die Unternehmen berichten über einen stetigen Anstieg der Exporte. Die Pkw-Importe (insbesondere Volvo, Nissan und Renault) liegen noch unter dem Niveau der Exporte.Die Schweden haben in der Pandemie auf Flexibilität gesetzt. Als die Fahrzeugvolumina zurückgingen, konnte etwa das Logent-Autoterminal den Platz für andere Segmente wie Projektladung nutzen.Nicht gut sieht es auch bei den britischen Häfen aus. Die Betreibergruppe Associated British Ports (ABP) meldet Rückgänge um 85% in Southampton und Immingham.

Expansion an der Adria

Eine für die europäischen Wettbewerber nicht uninteressante Entwicklung geschieht an der Adria im slowenischen Koper, wo unter anderem die RoRo-Kapazitäten ausgebaut werden, um im Autoumschlag – Daimler ist Kunde – zu wachsen. Anfang 2020 wurde ein neuer Liegeplatz für Schiffe bis 240m in Betrieb genommen, dazu kommen neue Bahngleise und eine Garage für 6.000 Einheiten, die 2021 fertiggestellt werden soll. Unter den gegebenen Bedingungen sei der Geschäftsverlauf der Luka Koper Gruppe im ersten Quartal gut gewesen, heißt es seitens des Hafens. Angesichts der unsicheren Wirtschaftsprognosen hat das Unternehmen mehrere Szenarien vorbereitet, um die negativen Auswirkungen zu begrenzen.

Der durch die Pandemie verursachte Rückgang ist am stärksten in den Ladungsgruppen zu spüren, die mit der Automobilproduktion zusammenhängen: Rohstoffe für die Stahlindustrie, Bleche für die Herstellung von Fahrzeugen, Ersatz- und Komponententeile und Fertigprodukte. »Die Situation im Hinterland des Hafens und auf den Überseemärkten stabilisiert sich langsam. Die Produktionsanlagen, insbesondere in der Automobilindustrie, sind wieder in Betrieb, so dass wir erwarten, die Durchsatztrends in den kommenden Monaten leichter vorhersagen zu können«, erklärte CEO Dimitrij Zadel Anfang Juni.