Emissionen, Abgas, Schiffsemissionen, Klimaziele, ICS
© Wägener

Laut der 4. IMO-Treibhausgasstudie nehmen die Treibhausgasemissionen des globalen Schiffsverkehrs zu. Nationale Regierungen haben eine viel größere Verantwortung für die Emissionen des Schiffsverkehrs als bisher angenommen.

Die Emissionen von Treibhausgasen (THG) einschließlich Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O), ausgedrückt in CO2e – des gesamten Schiffsverkehrs (international, inländisch und Fischerei) sind von 977 Mio. t im Jahr 2012 auf 1.076 Mio. t im Jahr 2018 gestiegen. Das ist ein Anstieg um 9,6 %. Der Anteil der Schifffahrt an den weltweiten anthropogenen Emissionen ist von 2,76 % im Jahr 2012 auf 2,89 % im Jahr 2018 gestiegen.

Durch Anwendung verfeinerter Methoden kommen die AUtoren der 4. IMO-Treibhausgasstudie außerdem zu dem Ergebnis, dass 30 % der gesamten Schifffahrtsemissionen direkt in die Zuständigkeit der nationalen Regierungen fallen. Damit verdoppelt sich der Anteil gegenüber vorigen Schätzungen.

»Die Ergebnisse und Trends der Studie stellen die Regierungen im Inland und die Internationale Seeschifffahrtsorganisation gemeinsam vor eine große Herausforderung, wenn der Sektor proportional zum Erreichen der Temperaturziele des Pariser Abkommens beitragen soll. Die Studie zeigt, dass starke, klare politische Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit der Sektor dringend von der Nutzung fossiler Brennstoffe wegkommt«, so die Autoren.

»Höhe der Emissionen nachweislich unterschätzt«

Die vierte IMO-Treibhausgasstudie wurde unter Leitung von University Maritime Advisory Service (UMAS) von neun Organisationen aus sechs Ländern erstellt. Es wurden die Treibhausgasemissionen für jedes Schiff der globalen Flotte auf jeder Fahrt, die es unternahm, zu schätzen. 316 Mio. t der insgesamt 1056 Mio. t CO2-Emissionen des Schiffsverkehrs (2,9% der gesamten anthropogenen Emissionen) fielen unter nationale Emissionsverantwortlichkeiten. Mit 30% der Gesamtemissionen ist dies doppelt so viel wie in früheren Studien geschätzt.

Nach den Richtlinien des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) fallen nur die Emissionen des Schiffsverkehrs, die auf Reisen zwischen zwei Ländern entstehen, in die Zuständigkeit der UN-Organisation. Wenn ein Schiff zwischen zwei Häfen eines Landes verkehrt, sind die Emissionen Sache dieses Landes – und sollten im Rahmen des Emissionsinventars und der Verpflichtungen dieses Landes auch in seinen Berichten an die UNFCCC bezüglich der im Pariser Abkommen eingegangenen Verpflichtungen (national determinierter Beitrag), berücksichtigt und reduziert werden.

»Bislang hatten nur wenige Länder ihre Schifffahrtsemissionen in diesem Detaillierungsgrad untersucht, und die IMO musste vereinfachte Schätzungen vornehmen, die nachweislich die Höhe der Emissionen unterschätzt haben, die als ›inländischer‹ Schiffsverkehr gelten und für deren Verwaltung die einzelnen Regierungen zuständig sind«, heißt es nun.

»Man muss damit beginnen, die THG-Buchführung richtig zu gestalten«

Elena Hauerhof, UMAS, Leiterin der Inventarisierungsarbeiten: »Diese Studie stellt einen bedeutenden Fortschritt bei der Schätzung von Emissionsinventaren dar und verwendet zum ersten Mal einen vollständig auf den IPCC abgestimmten Ansatz zur Schätzung der Emissionen des internationalen Schiffsverkehrs. Die Studie hat auch die Genauigkeit der AIS-basierten Schätzungen für jedes Schiff erheblich verbessert und belegt dies durch eine detaillierte Validierung anhand des Treibstoffverbrauchs und anderer Schlüsselparameter, die im EU-MRV für über 9.000 Schiffe gemeldet wurden.«

Tristan Smith, UMAS-Direktor: »Man muss damit beginnen, die THG-Buchführung richtig zu gestalten, und dies hat sich als ein immerwährendes Problem für den Schifffahrtssektor erwiesen. Die meisten Länder, darunter auch Großbritannien, rechnen die Emissionen der Schifffahrt weiterhin ungenau ab, z.B. auf der Grundlage des an die Schifffahrt verkauften Treibstoffs im Gegensatz zu den tatsächlichen Fahrten und Aktivitäten. Nur sehr wenige Länder wenden IPCC-konforme Methoden an oder beziehen den Schiffsverkehr in ihren Nationally Determined Contributions ein – für viele Regierungen ist der Schiffsverkehr ein schlecht bewerteter, unzureichend untersuchter und oft ignorierter Sektor.«

Schlechte Buchführung führe zu einer Unterschätzung des Ausmaßes der Verantwortung und der Rolle, die auf nationaler Ebene für die Dekarbonisierung der Schifffahrt übernommen werden sollte, so Smith. »Hoffentlich wird diese Studie die Länder dazu ermutigen, sich erneut damit zu befassen und die Schifffahrt fest in ihre nationale Treibhausgaspolitik und -maßnahmen einzubeziehen.«