Die dänische Regierung macht in ihren Bemühungen gegen die Piraterie vor Westafrika ernst. Eine Fregatte soll in den Golf von Guinea geschickt werden. Der Einsatz unterliegt allerdings einer wichtigen Einschränkung.
[ds_preview]Aus Kopenhagen hieß es jetzt bei der Bekanntgabe der militärischen Maßnahme, man sei nach den vermehrten Angriffen auf Handelsschiffe »ernsthaft besorgt« über die Sicherheitslage im Golf von Guinea, wo rund 40 % aller weltweit gemeldeten Piratenangriffe stattfinden.
Das Marine-Schiff soll für fünf Monate von November bis März 2022 in einer Region eingesetzt werden, in der allein im Jahr 2020 140 Seeleute entführt wurden. Verwiesen wird unter anderem auf verschiedene Attacken auf Schiffe der dänischen Reedereien Maersk und Torm.
Schon in den vergangenen Monaten hatte Dänemark wiederholt versucht, internationale Partner für eine Marine-Mission vor Westafrika zu finden. Anders als vor Ostafrika im Kampf gegen somalische Piraten vor einigen Jahren stellt sich die Situation allerdings etwas komplizierter dar. Ein politischer oder militärischer Einsatz der internationalen Staatengemeinschaft wurde in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert, auch von deutscher Seite. Doch die Lage ist komplizierter als seinerzeit vor Somalia, als unter anderem die EU-Mission »Atalanta« und die internationale Mission »Combined Maritime Forces« für ein deutliches Abklingen der Piraterie vor einigen Jahren sorgten.
Ausgangspunkt der Piraterie-Entwicklung in der Region ist Nigeria, wo sich »normale« Piraterie mit politischen und zum Teil terroristischen Aktivitäten vermischt. Auch die Nachbarstaaten von Nigeria sind jedoch von dem Problem betroffen, weil die Piraten immer wieder auf deren Gewässer ausweichen, wenn Nigeria seine Bemühungen – meist nur zwischenzeitlich – intensiviert.
Andere Ausgangslage als in Somalia
Während die Angreifer es früher zumeist auf die (Öl-)Ladung von attackierten Tankern abgesehen hatten, ist ein Wechsel in der Strategie zu beobachten. Dabei handelte es sich – zumindest in der Vergangenheit – nicht selten um Aktionen von Rebellen, die gegen die Ölindustrie und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft sowie die grassierende Korruption vorgehen wollen, oder Schmuggler.
Von politischer Seite wird auch immer wieder beteuert, das man sich des Problems bewusst sei. Allerdings gilt der Einsatz von Kriegsschiffen oder eine internationale Militärallianz, wie sie etwa vor Somalia sehr erfolgreich im Kampf gegen Piraten war und ist, bislang als wenig realistisch. Im Unterschied zu Somalia handelt es sich bei den westafrikanischen Ländern wie Nigeria, Benin, Togo oder Kamerun nicht um sogenannte »failed states«. Es gibt Regierungen und staatliche Strukturen. Auch wenn diese zu oft mit der eigentlich nötigen Arbeit überfordert sind und die zum Teil grassierende Korruption die Piraterie weiter befeuert, handelt es sich um souveräne Staaten. Ein Einsatz von ausländischen Marine-Einheiten wird von den dortigen Regierungen mitunter als Einmischung in innere Angelegenheiten empfunden und daher prinzipiell abgelehnt.
Die dänische Maßnahme hat daher auch jetzt eine Einschränkung, die sich auf die Wirksamkeit des Einsatzes auswirken dürfte: Er ist auf internationale Gewässer beschränkt. Man wolle »Verbündete und Partner in der Region koordinieren«, so das dänische Verteidigungsministerium. Ministerin Trine Bramsen sagte: »In einer solchen Situation können und dürfen wir nicht einfach zusehen. Wir müssen für das Recht auf freie Schifffahrt eintreten.« Wenn die Sicherheit in den Gebieten unter Kontrolle gebracht werden solle, sei eine »internationale Militärpräsenz notwendig«.
Zustimmung aus der Wirtschaft
Die dänischen Verbände Metal Maritime (Gewerkschaft) und Danish Shipping (Reedereien) zeigten sich »sehr glücklich« über die Entscheidung, ein dänisches Marineschiff zur Bekämpfung der Piraterie in den Golf von Guinea zu schicken. »Das Timing ist perfekt, denn die Herbst- und Wintermonate sind wetterbedingt die Hochsaison für Piraterie in dem Gebiet«, heißt es in einer Mitteilung.
Im Golf von Guinea verkehren täglich durchschnittlich 30-40 Schiffe unter dänischer Flagge, und in den letzten Monaten wurden drei dänische Handelsschiffe in diesem Gebiet von Piraten angegriffen. Reederverbandschefin Anne H. Steffensen sagte: »Kein Seemann sollte Angst haben, zur Arbeit zu erscheinen. Jeder muss die Gewissheit haben, unversehrt nach Hause zu kommen.« Man habe einen guten Dialog mit der Verteidigungsministerin und den Behörden über diese Situation geführt, »und ich glaube, ich spreche im Namen der gesamten Branche, wenn ich sage, dass wir dankbar sind, dass die Regierung den Worten nun Taten folgen lässt.«
»Dänemark geht voran«
Die dänische Fregatte ist mit einem Seahawk-Hubschrauber ausgestattet und kann im Bedarfsfall Spezialkräfte aus der maritimen Task Force der Fregatte einsetzen. Die Task Force ist für die Durchführung von Rettungsaktionen auf gekaperten Schiffen ausgebildet.
»Dänemark geht voran und ist führend, und ich hoffe und glaube, dass dies eine ansteckende Wirkung auf andere Länder haben kann. Es ist international nicht unbemerkt geblieben, dass die Dänen bei der Lösung des Problems sehr aktiv sind«, so Steffensen weiter. Im Januar hatte Dänemark einen neuen Sonderbeauftragten für maritime Sicherheit, Jens-Otto Horslund, ernannt und die Unterstützung für den Kampf gegen die maritime Kriminalität um 10 Millionen DKK erhöht.