Die »Sassnitz« wird verschrottet. Damit endet die Geschichte der letzten für die damalige DDR gebauten Eisenbahnfähre für die traditionelle »Königslinie«.[ds_preview]
Es ist eine der ältesten Fährlinien Europas, zwischen Sassnitz und dem schwedischen Hafen Trelleborg. Dort fuhr die »Sassnitz« lange Jahre. Gestern nun wurde das 171 m lange kombinierte RoPax-Eisenbahnfährschiff im türkischen Aliaga zur Verschrottung auf den Strand gesetzt.
Aufgrund der Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie hatte sich der letzte Betreiber, die schwedische Stena Line, im Frühjahr 2020 dazu entschlossen, die Route von Sassnitz nach Trelleborg dauerhaft zu schließen. Seinerzeit hieß es, man müsse davon ausgehen, dass sich die Passagierzahlen auf der Route auf absehbare Zeit nicht erholen werden und auch im Übrigen ein kostendeckender Betrieb nicht möglich sei.
Ärger in Schweden
Die Fähre »Sassnitz« wurde zunächst in Sassnitz/Murkran aufgelegt, später wurde das Schiff in den schwedischen Hafen von Uddevalla verholt und dort aufgelegt. Dort sorgte das mittlerweile in das zypriotische Register geführte Eisenbahnfährschiff für Negativ-Schlagzeilen, denn die ständig laufenden Dieselgeneratoren für den Betrieb der bordeigenen Aggregate sorgten für Lärm- und Geruchsbelästigungen bei den dortigen Anliegern.
Über Gibraltar in die Türkei
Ende September verließ die »Sassnitz« mit eigner Kraft dann den schwedischen Aufliegehafen mit Kurs auf Gibraltar. Hier wurde nochmals gebunkert und das Fährschiff erhielt die schwedische Flagge und den neuen Heimathafen Göteborg. Dies führte in Fachkreisen zu Mutmaßungen, dass das Schiff nun doch noch für weitere Fährdienste verkauft werden könnte. Doch mit dem »Beachen« am 20. Oktober am Strand von Aliaga bestätigte sich das wohl schon längere Zeit geplante Ziel, das Schiff zu verschrotten.
Aufgrund der speziellen baulichen Gegebenheiten des Eisenbahnfährschiffes wäre eine Weiterverwendung in anderen Regionen problematisch, da man auf jeden Fall höhere Investitionen zum Beispiel für den Einbau einer Rampe hätte tätigen müssen. Daher war es schwierig gewesen, einen möglichen Käufer für das 32 Jahre alte Fährschiff zu finden. Somit ging es nach Informationen schwedischer Branchenkreise für einen Preis von gerade einmal 250.000 € an die türkischen Abbrecher.
Gebaut in Dänemark für die DDR
Die mit 21.154 BRZ vermessene »Sassnitz« war im Frühjahr 1989 von der dänischen Danyard-Werft in Aalborg für die damalige Deutsche Reichsbahn der DDR gebaut worden und verbrachte auch nach der Wende die gesamte Betriebszeit auf der Fährlinie zwischen Deutschland und Schweden. Das Schiff hat eine maximale Kapazität von 875 Passagieren und 220 Autos, die Gleislänge der fünf Gleistränge betrug rund 700 m so dass bis zu 56 Güterwaggons transportiert werden konnten.
Zunächst startete die immer unter deutscher Flagge betriebene »Sassnitz« noch vom Fähranleger im Stadthafen von Sassnitz, erst im Jahr 1998 wurde der Fährdienst zum größeren Terminal in das benachbarte Mukran verlegt.
Im Herbst 1999 unterzeichnete Stena Line eine Vereinbarung über den Erwerb der schwedischen Bahnanteile an der Scandlines AB, die inzwischen unter anderem in Zusammenarbeit mit anderen Scandlines-Partnern die rund 4-stündige Fährstrecke nach Trelleborg betrieb. Im Jahr 2012 erwarb Stena nach der Privatisierung von Scandlines die verbleibenden Anteile an den frachtorientierten Routen von Scandlines. Dazu gehörte auch die so genannte Königslinie. Hier verblieb das Fährschiff dann bis zu pandemie-bedingten Schließung der Strecke im Frühjahr 2020.