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Foto: Wolfhard Scheer
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Während die Frachtraten in Rekordhöhe liegen, können die Verlader kaum sicherstellen, ihre Liefertermine einzuhalten. Ist das Phänomen von Dauer oder könnte eine sinkende Verbrauchernachfrage alles in Frage stellen?[ds_preview]

Das Lieferkettenproblem wird nicht so bald abebben, fürchten Branchenexperten. »Dies ist eine Hochsaison wie keine andere, genau wie wir es vorhergesagt haben«, heißt es vom Verband Global Shippers Forum. Aktuelkl kämpfen die Spediteure demnach mit einem »historisch schlechten Serviceniveau von Reedereien, Häfen und Terminals sowie Binnenlogistikanbietern« und zahlen gleichzeitig die höchsten Frachtraten und Zuschläge seit Jahrzehnten.

GSF-Direktor James Hookham erklärte vergangene Woche auf einem maritimen Dialog des Spediteursverbandes FIATA: »Globale Verlader sind in dieser Hochsaison von einer Flutwelle der Überlastung betroffen, die in den Exportländern ihren Anfang nahm und nun an den Küsten der Importeure ankommt und ins Landesinnere schwappt. Zuerst gab es Sperrungen in chinesischen Häfen, dann einen unerklärlichen Mangel an leeren Containern, dann waren die Schiffe plötzlich voll, und Slots waren wie Goldstaub (und kosteten genauso viel). Jetzt stehen unsere Waren in den Häfen Schlange und warten auf einen Kran, der die Kiste ablädt, und dann auf einen Fahrer, der sie ins Landesinnere bringt, wo wir sie brauchen. Es war eine harte Zeit, und sie ist noch nicht vorbei, aber die meisten von uns sind noch am Leben, auch wenn es leider ›Ausfälle‹ geben wird.«

Importeure und Händler am meisten gefährdet

Die am meisten gefährdeten Unternehmen seien die Importeure und Händler, die darum kämpften, die von ihren Einzelhandelskunden gesetzten Lieferfristen einzuhalten, so Hookham. Sie könnten einfach nicht vorhersagen, wann die Waren, für deren Transport sie so viel bezahlt haben, tatsächlich verfügbar sein werden. Sie haben in diesem Jahr nicht nur ihre Logistikbudgets aufgebraucht, sondern müssen auch mit hohen Strafgebühren für verspätete Lieferungen und dem möglichen Verlust künftiger Verträge rechnen.

Viele Lieferungen sollen in den nächsten Wochen noch ankommen und Thanksgiving und Weihnachten sind nach Einschätzung von Hookham für dieses Jahr wohl »safe«. Es bleiben aber große Fragen: Wird die Überlastung bis weit ins nächste Jahr hinein anhalten? Wird die angespannte Marktlage bis 2022 andauern? Oder wird die Verbrauchernachfrage nachlassen und werden Kapazität und Ausfallsicherheit das Serviceniveau verbessern, so dass die Preise berechenbarer werden? War 2021 eine außergewöhnliche Welle oder ein dauerhafter Anstieg des Meeresspiegels?

»So gut wie alle Reedereien sagen Letzteres voraus«, so Hookham weiter. »Und warum auch nicht, wenn sie in diesem Jahr kollektiv einen Gewinn von über 150 Mrd. $ erwarten? Es gibt jedoch gute Gründe, den Hype um die anhaltende Überlastung in Frage zu stellen.«

Inflation und Zinsen könnten Verbrauchernachfrage einbrechen lassen

»Die Erwartungen für die Verbraucherinflation in den meisten Industrieländern verhärten sich, und es wird erwartet, dass die meisten Zentralbanken im nächsten Jahr die Zinssätze erhöhen werden. Das wird sich nicht sofort auf die Einzelhandelspreise auswirken, aber es könnte einen raschen Stimmungsumschwung bei den Verbrauchern auslösen, der bedeutet, dass das ›Klickfest‹ des Online-Shoppings, das Berichten zufolge den Anstieg der Schifffahrtsnachfrage in den letzten 18 Monaten angeheizt hat, so schnell wieder erlöschen könnte, wie es entstanden ist«, sagte Hookham.

Sicherlich werde es einige Zeit dauern, bis sich die Überlastung des Seeverkehrs auflöse. Die Geschwindigkeit, mit der die Schifffahrtsraten den Nachfragerückgang abfedern könnte nach Hookhams Meinung dann »ein entscheidender Indikator für die Reaktions- und Wettbewerbsfähigkeit dieses Marktes« sein.