UVHH, Gunther Bonz
Gunther Bonz
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Nicht nur die Pandemie ist eine Herausforderung für die Hamburger Hafenwirtschaft. Die Konkurrenz mit den Nordrange-Häfen wird erbitterter, in der Ostsee und im Mittelmeer erwachsen neue, ernstzunehmende Wettbewerber. Die Branche sieht die Politik am Zug[ds_preview]

Coronabedingte Lockdowns in Häfen, verspätete Schiffsanläufe und die Nachwirkungen der Havarie im Suezkanal beeinträchtigen weltweit die Lieferketten und stellen »erhebliche Herausforderungen für die Abfertigungsprozesse auch im Hamburger Hafen dar«, warnte der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) jüngst. Schiffswartezeiten wie in anderen Häfen hätten aber bislang vermieden werden könne, so der Verband.

Der Hamburger Hafen konnte gar von der Erholung der Weltwirtschaft und des Welthandels profitieren. In den ersten acht Monaten dieses Jahres konnte beim Gesamtumschlag ein Wachstum von 3,1 % realisiert werden. »Der Erholungsprozess geht voran und er geht nächstes Jahr weiter – ebenso wie die Herausforderungen«, sagte UVHH-Präsident Gunther Bonz.

Denn trotz positiver Entwicklung bleibe mit Blick auf die Wettbewerbshäfen in Rotterdam und Antwerpen festzustellen, dass diese höhere Wachstumsraten zu verzeichnen hätten, mahnte Bonz. Er berichtete von einem »erbitterten Kampf« um Ladung für Süddeutschland und Südeuropa. Nicht nur die Wettbewerbssitu­ation unter den Nordrange-Häfen habe sich verschärft. »Danzig baut mit erheblichen EU-Mitteln Terminalkapa­itäten aus und Polen optimiert die Hinterlandanbindung seiner Seehäfen. Durch die Möglichkeit, nun von den ARA-Häfen mit Großcontainerschiffen direkt Ostseehäfen wie Danzig anzulaufen, hat Hamburg Ladung verloren«, so Bonz. Der Nord-Ostsee-Kanal werde es auch nach vollendetem Ausbau schwierig haben, Ladung zurückzugewinnen. »Das wird nur über den Preis gehen«, sagte Bonz.

Auch die Pläne in Großbritannien, zehn neue Freihäfen in Konkurrenz zu den Kontinentalhäfen zu schaffen, bereitet den Hamburger Sorge. Bonz’ Blick richtet sich aber auch nach Süden, etwa nach Piräus, wo Cosco nach der Übernahme des Containerhafenbetriebs die Umschlagleistung auf 5,5 Mio. TEU gesteigert hat. »Da wächst ein großer Konkurrent heran«, meinte der UVHH-Präsident.

In diesem Umfeld wünscht man sich politische Rückendeckung: Die Hamburger Hafenunternehmen hätten grundlegende Transformationsprozesse und Kostensenkungen eingeleitet, um im Wettbewerb bestehen zu können. »Erforderlich ist es aber auch, bestehende Wettbewerbsnachteile für die Hamburger Hafenunternehmen zu beseitigen.« Dazu gehörten die Reform der Einfuhrumsatzsteuer, die Beseitigung von steuerlichen Nachteilen innerhalb Europas sowie der Verzicht auf staatliche Kostenerhöhungen, zum Beispiel bei Mieten und Pachten für Hamburger Hafenflächen.

Denn die lägen in Hamburg teils doppelt so hoch wie in den Konkurrenzhäfen im Westen. »Die HPA soll keine Gewinne machen, sondern das Geschäftsmodell des Hafens, nämlich Umschlag generieren, unterstützen«, sagte Bonz.

Neben wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen seien der Hafen sowie der gesamte Hamburger Wirtschaftsstandort auf intakte, zuverlässige Verkehrswege mit wettbewerbsfähigen Kosten auf der Straße, der Schiene und den Wasserwegen angewiesen. So sei der Neubau der A26-Ost und der Ausbau der A1 »weiterhin dringend erforderlich«. Eine stärkere Nutzung der Eisenbahn im Hafenhinterlandverkehr erfordere zudem den schnelleren Ausbau der Infrastruktur – unter anderem eine Anbindung an die neue Fehmarnbelt-Querung, eine Alternative zur Y-Trasse, und den Ausbau der Trasse Hamburg-Hannover – sowie den Verzicht auf weitere Trassenpreiserhöhungen durch die Hamburger Hafenbahn. »Diese muss schnellsten wieder dem öffentlichen Bereich der Hamburg Port Authority zugeordnet werden«, so die Forderung.

Gleiches gelte für die Hafen- und Binnenschifffahrt, wenn diese eine konkurrenzfähige Alternative zum Lkw sein solle. Dieser Verkehrsträger spielte beispielsweise bei den derzeitigen Planungen der HafenCity GmbH für die städtebauliche Entwicklung des neuen Stadtteils Grasbrook keine Rolle. Die Planungen sähen im Gegenteil auch noch die Beseitigung von Schiffsliegeplätzen vor.

Derzeit erstellt die Hamburger Wirtschaftsbehörde gemeinsam mit der Hamburg Port Authority einen neuen Hafenentwicklungsplan. Von diesem erwartet die Hafenwirtschaft, »dass dieser vor allem wesentliche hafenwirtschaftliche Anforderungen erfüllt.« Dazu zählen für den UVHH Erhalt und Schutz von Hafenflächen, die Verbesserung der preislichen, bedarfsgerechte Finanzierung der HPA durch den Haushalt, Erhalt-, Aus- und Neubau der Infrastruktur, eine technologieoffene Förderung alternativer Antriebe und Treibstoffe, der Ausbau der Digitalisierung unter Nutzung der privatwirtschaftlich aufgebauten Strukturen (z.B. Dakosy oder HVCC) sowie die Stärkung des ökologischen »Footprints« in Kooperation mit den Unternehmen.

Bonz: »Der Hafen ist nicht nur identitätsstiftend und ein Tourismusmagnet für die Stadt, sondern er sichert auch Steuereinnahmen von mehr als 1 Mrd. € pro Jahr und generiert weitere positive Multiplikatoreneffekte für die Metropolregion sowie die gesamte Bundesrepublik.« Für die exportorientierte deutsche Volkswirtschaft sei er die wichtigste Transport- und Logistikdrehscheibe als Tor zu den internationalen Märkten. Im Import stelle Hamburg die Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung mit Gütern und Rohstoffen sicher. Der Hafen sei zudem ein Garant für mehr als hunderttausend Arbeitsplätze in der Metropolregion. »Diese grundlegende Bedeutung muss in der politischen und öffentlichen Bewertung in Hamburg stärker berücksichtigt werden«, so Bonz. fs