Das Jahr endet für den Chartermarkt so, wie wir ihn seit Monaten kennen – mit knapper Tonnage und Raten auf einem historisch hohen Niveau.[ds_preview]
Freie oder frei werdende Schiffe werden auch in der ersten Jahreshälfte 2022 ein knappes Gut bleiben. Die Linienreeder haben nicht nur eine erhebliche Anzahl an früheren Charterschiffen aus dem Markt gekauft, sondern zudem viele Einheiten bereits mit weitem Vorlauf neu unter Vertrag genommen. Das hält die Raten auf hohem Niveau, auch wenn Rekordabschlüsse inzwischen kaum noch denkbar sind. Einige Schiffseigner versuchen mit gut bezahlten Kurzreisen noch Kasse zu machen, bevor sie ihre Tonnage angesichts gestiegener Secondhand-Preise einträglich verkaufen können.
Exemplarisch für die Entwicklung des Chartermarktes während des Gesamtjahres steht der New ConTex. Der vom Verband Hamburger und Bremer Schiffsmakler (VHBS) herausgegebene Index für Containerschiffe zwischen 1.000 TEU und 6.500 TEU war mit 720 Punkten ins Jahr 2021 gestartet, kletterte bis zum 21. Oktober auf ein Allzeithoch von 3.267 Punkten und notierte trotz einer letztlich deutlichen Abschwächung zuletzt noch immer bei 2.613 Punkten – bei einem Wert, den es in den vielen Vorjahren nicht gegeben hatte und der 272% über Vorjahr liegt.
Zur Erinnerung: In all den Vorjahren 2015 bis 2020 ist der New ConTex nie über die Marke von 536 Punkten (Oktober 2018) hinausgekommen. Da trällern die Makler mit »Tis the season to be jolly« voller Freude und Zufriedenheit ein sehr bekanntes englisches Weihnachtslied.
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Auch in der Vorweihnachtswoche gab es einige Abschlüsse auf dem Niveau von »last done«. Während der Markt keine große Schiffe hinunter bis zu Panamaxen zu bieten hatte, wurden die meisten Fixtures für Einheiten in der Feeder- und Handy-Klasse vermeldet.
So ging die »Porto« (Baujahr 2010, 2.798 TEU) für 40 Monate zu 38.800 $/Tag in Asien an ZIM. Bei nahezu gleicher Laufzeit zahlt Cosco für die »Molly Schulte« (Baujahr 2018, 2.345 TEU) fast ebenso viel, während Maersk für die »Hammonia Berolina« (Baujahr 2007, 2.546 TEU) 32.750 $/Tag rund 6.000 $ bei den Tageskosten spart.
Bei einem sich angleichenden Ratenniveau schneiden Feeder kaum schlechter ab. CMA CGM hat sich die »Acacia Libra« (Baujahr 2007, 1.022 TEU), bei einer allerdings kurzen Laufzeit von 3-4 Monaten, für 33.000 $/Tag gesichert. Die »Contship Jet« (Baujahr 2007, 1.267 TEU) bringt ihrem griechischen Eigner dagegen bei Cosco im Mittelmeer nur 25.000 $/Tag, das dann aber fast zwei Jahre lang.
Repräsentative Fixtures
Die Raten sind quer durch alle Größenklassen – analog zum Gesamtindex – gestiegen. Der Zuwachs liegt im geringsten Fall laut VHBS bei 164,3% von 17.488 $/Tag auf 28.730 $/Tag für eine durchschnittliche 12-Monats-Rate im Segment der 2.700-TEU-Schiffe. Den höchsten Anstieg gab es mit 319% für die kleinsten im New ConTex erfassten Einheiten von 1.100 TEU bei einer Laufzeit von 6 Monaten von 7.944 $/Tag auf 25.381 $/Tag. Dazwischen bewegen sich alle anderen Segmente bis hinauf zu den Post-Panamaxen (6.500 TEU), die es auf +227,5% bringen mit einer Ratenverbesserung binnen Jahresfrist von 31.880 $/Tag auf 72.520 $/Tag.
Frachtraten könnten weiter steigen
Ein ganz ähnliches Bild auf den Ladungsmärkten, auch hier bleiben die Raten vor Weihnachten auf höchstem Niveau. Der WCI von Drewry liegt 169% höher als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres und verbesserte sich zuletzt minimal auf 9.292,39 $/FEU. Der FBX von Freightos, minimal um -4% auf 9.513 $/FEU gefallen, weist ebenfalls stabile Preise auf den wichtigsten Handelsrouten aus.
Mit der bevorstehenden Feiertagspause dürften sich die Frachtraten ex-China demnächst sogar ein weiteres Mal verteuern. Zu den chronischen Engpässen vor und in den US-Häfen, die im vergangenen Jahr ein Rekordvolumen (+20% gegenüber 2029) bewältigen mussten, kommt angesichts der Verbreitung der Omikron-Virusvariante in Europa und steigenden Inzidenzzahlen ein höherer Bedarf an medizinischen Artikeln aus Asien. Bereits in den vergangenen vier Wochen sind die Raten zwischen China und der EU laut Freightos um mehr als 30% und zwischen China und der US-Westküste um 25% gestiegen. (KF)