Hamburger Hafen
© HHM / Hasenpusch
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Der harte Wettbewerb um Dienste und Containermengen hat sich in Europas Häfen durch Corona-bedingte Störungen und ständig angepasste Fahrpläne der Linienreedereien noch einmal verschärft. An der deutschen Küste profitiert nur Wilhelmshaven[ds_preview]

Trotz der Corona-Krise hat sich der Hamburger Hafen im vergangenen Jahr berappelt. Nach sechs Monaten wurde gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 2,4 % auf 6,5 Mio. TEU vermeldet, für das Gesamtjahr waren 8,7 Mio. TEU angepeilt. Doch das ist bei weitem nicht die Menge, wie sie vor der Corona-Pandemie erreicht worden war. Die Wirtschaft rechnet für den größten deutschen Seehafen auch 2022 eher mit einem Jahr der Stagnation. Der Seegüterumschlag werde ein Volumen von gut 130 Mio. t erreichen und damit in etwa auf der Höhe des abgelaufenen Jahres, aber unter dem den Werten von 2019 (136,6 Mio. t) liegen, prognostiziert der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH), Gunther Bonz.

Wie auch die anderen deutschen Seehäfen verliert Hamburg, die Nr. 3 in Europa, weiter Marktanteile gegenüber den Westhäfen, aber auch dem nach vorn drängenden Hafen in Gdansk. Dort steigen die Zahlen. Antwerpen etwa hatte schon vor Jahren Hamburg überflügelt, hatte bis 2021 steile Zuwachsraten und beendete das Jahr bei knapp 14 Mio. TEU. Rotterdam konnte nach einer Stagnationsphase in diesem Jahr erstmals die Marke von 15 Mio. TEU knacken und den bedrohlich geschmolzenen Vorsprung auf Antwerpen wieder etwas ausbauen.

Selbst im direkten Vergleich zu Bremerhaven fällt der Hub an der Elbe zurück. An der Weser konnte der Containerumschlag in den ersten neun Monaten immerhin zweistellig auf 3,4 Mio. TEU gesteigert werden, selbst dort ist man von einstigen Rekordmengen (5,6 Mio. TEU) allerdings weit entfernt. Bremerhaven ist längst aus den Top 30 der weltgrößten Containerhäfen herausgefallen und musste sich inzwischen von Piräus (Griechenland) sowie den spani­schen Häfen Valencia und Algeciras überflügeln lassen (siehe Grafik).

Top30 ohne
Containerumschlag im Vergleich von 2020 zu den ersten neun Monaten 2021 © HANSA

Besonders entlang der Nordrange wird erbittert um Marktanteile gerungen. In Folge der Pandemie-bedingten Störungen in den globalen Lieferketten und der Engpässe bei der Abfertigung in den Häfen haben die Linienreedereien ihre Fahrpläne ständig angepasst und damit erheblichen Einfluss auf die Umschlag­mengen genommen.

Vor Jahresfrist hatte die 2M-Allianz von Maersk und MSC ihr Linienangebot von Asien nach Nordeuropa weiter ausgedünnt und Hafenanläufe gestrichen. So fahren die Schiffe (14,000–23,800 TEU) im »AE55/Griffin«-Dienst seit Januar nur noch bis Felixstowe und Le Havre. Die elf Schiffe (13.100–23.800 TEU) im »AE1/Shogun«-Umlauf laden und löschen ausschließlich in Rotterdam und Bremerhaven.

Laut einer Analyse des Branchendienstes Alphaliner ist die Zahl der wöchentlichen Hafenanläufe auf der wichtigen Handelsroute zwischen Fernost und Europa in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich gesunken.

Auf der anderen Seite der Lieferkette gab es in Schanghai als dem wichtigsten Ausgangshafen in China 2016 noch 20 wöchentliche Anläufe der damals bestehenden 19 Fernost-Europa-Dienste. In diesem Jahr sind es dagegen nur noch fünf Dienste von »2M« sowie sechs der konkurrierenden »Ocean Alliance« um CMA CGM und zwei von »THE Alliance« um Hapag-Lloyd, insgesamt also 13.

Kritik an Engpässen in Häfen

Beim Blick auf die europäischen Häfen zeigt sich, dass Felixstowe besonders betroffen ist – aus ehemals zehn wurden vier Anläufe. London-Gateway hat zwei Fernost-Loops verloren, in Southampton hat sich Zahl von sechs auf drei halbiert. Auch Rotterdam und Bremerhaven werden nur noch von der Hälfte der sechs »2M«-Loops angelaufen, in Antwerpen sind es zwei Dienste und in Hamburg sogar nur noch einer.

Als Hauptgrund für die Reduzierung und eine Volumenkonzentration auf bestimmte Dienste nennt Maersk die Engpässe in den Häfen der Nordrange. Jede Verspätung führe zu einem »Welleneffekt« mit immer größeren Abweichungen zum Fahrplan, heißt es.

Nimmt man alle Allianzen, hatte Rotterdam ein Viertel aller Anläufe (311 statt 418) verloren, Hamburg ein Fünftel (193 statt 242), Antwerpen ein knappes Drittel (138 statt 198), ebenso Felixstowe (104 statt 154). Le Havre verlor 13 % (114 statt 132), Bremerhaven gut 8 % (101 statt 110), Southampton 24 % (50 statt 66) und London wiederum ein knappes Drittel (32 statt 44). Klarer Gewinner war Wilhelmshaven, wo es 63 statt 44 Anläufe gab.

Auch Hapag-Lloyd als größte Reederei im Verbund »THE Alliance« hat den Angaben zufolge bereits angekündigt, die »Komplexität« im Liniennetzwerk herunterfahren und sich auf bestimmte strategische Hubs konzentrieren zu wollen. Davon könnte Wilhelmshaven profitieren, wo die Hamburger die Anteile von APM Terminals übernommen haben. Die bestellten acht 23.000-TEU-Neubauten werden, so viel steht schon fest, wegen der Revierbeschränkungen den Tiefwasserhafen an der Jade statt Hamburg ansteuern. KF