Michael Meyer, Stellvertretender Chefredakteur (© HANSA)

In der deutschen Handelsflotte lässt sich eine interessante Entwicklung verfolgen. Traditionell vor allem auf die Container- und Mehrzweck-Schifffahrt (MPP) ausgerichtet, suchen sich Schiffseigner jetzt zunehmend »neue« Märkte. Von Michael Meyer[ds_preview]

Ein gesteigertes Interesse an Bulkern war schon in den vergangenen Jahren zu beobachten. Unter anderem die Leeraner Briese-Gruppe oder Harren & Partner haben entweder Schiffe aus diesem Segment gekauft oder gleich eigene Tochterfirmen aufgesetzt. Gerade die Bremer arbeiten verhältnismäßig intensiv an einer Diversifizierung ihrer Flotte, es geht dabei auch um Spezial- oder Errichterschiffe für Windparks. Selbst der Tiefseebergbau ist den Fokus der Reederei gerückt.

In der jüngeren Vergangenheit werfen die Verantwortlichen in den deutschen Schifffahrtskontoren nun einen genaueren Blick auf die Tanker-Branche. Darin gab es zwar auch schon immer deutsche Vertreter, in der hiesigen Flotte lag der Anteil zuletzt jedoch deutlich unter 3 %. Aktuell mehren sich Meldungen über Schiffskäufe von Unternehmen, die bislang vornehmlich in anderen Märkten aktiv waren. Offenbar setzen sie auf einen Aufschwung eines Segments, das einige schwierige Jahre hinter sich hat, künftig jedoch von einer Neuordnung der Energie-Transporte und Kraftstoff-Verfügbarkeiten profitieren will.

Zu den Käufern von Tankern gehörten kürzlich unter anderem Leonhardt & Blumberg und die in Hamburg ansässige (von Skandinaviern übernommene) Hammonia Reederei. Die Bunnemann-Familie hat sich sogar für Neubauten entschieden.

Man darf gespannt sein, wohin die Reise der deutschen Reederei-Branche in den nächsten Jahren geht. Das wird natürlich nicht zuletzt vom Zugang zu Kapital abhängen, ein seit dem Zusammenbruch des KG-Systems bekanntes und für viele leidiges Thema.

Vielleicht lohnt dabei ein Blick in den Norden.

In Norwegen treiben die Reedereien eine Transformation ihrer Aktivitäten voran. Vereinfacht ausgedrückt: weg vom Service für die Öl- und Gas-Industrie. Immer mehr Unternehmen bedienen sich dabei der »Hilfe« der Börse in Oslo. Dort sind mittlerweile 40 Schifffahrtsakteure gelistet. Zusammen haben sie eine Marktkapitalisierung von fast 20 Mrd. € erreicht. Man erwartet, dass weitere Reedereien dazustoßen und öffnet die Tür explizit auch für ausländische Unternehmen. Mit MPC hat bereits ein deutsches Unternehmen den Schritt nach Oslo gewagt – bei den Norwegern gilt das Projekt längst als Erfolgsmodell.

Nordische Investoren, die die »Schifffahrtssprache« sprechen, warten auf Gelegenheiten, heißt es dort – übrigens nicht nur bei Reedern, sondern auch bei Dienstleistern und Zulieferern. Auch für deutsche Akteure könnte das eine Chance sein.


Michael Meyer
Stellvertretender Chefredakteur
HANSA International Maritime Journal