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Das Segment der Produktentanker profitiert von den Sanktionen gegen russische Raffienerieprodukte. Die Verlagerung auf Langstreckenverkehre könnte zum neuen Normazustand werden.[ds_preview]

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Sanktionen gegen russische Raffinerieprodukte haben auf dem europäischen Markt eine Lücke entstehen lassen, die weitgehend durch Südasien ausgeglichen wird.

Der Produktentankersektor hat nach Beobachtungen des Beratungsunternehmens Drewry von den anhaltenden geopolitischen Spannungen profitiert, da ein plötzlicher Anstieg des Langstreckenhandels die Frachtraten in die Höhe getrieben hat. Drewry geht davon aus, dass die Verlagerung des Handels – von der Kurz- zur Langstrecke – zum »neuen Normalzustand« in der Verschiffung von Raffinerieprodukten wird, wobei Europa 2022 und 2023 Ladungen aus Südasien, dem Nahen Osten und Nordamerika beziehen wird. Russlands Kapazitätsreserven von 2 Mio. Barrel/Tag und der Rückgang des Raffineriedurchsatzes um 0,8 Mio. Barrel/Tag im Jahr 2022 als Folge der Sanktionen unterstützen diesen Trend.

Europa war von russischen Raffinerieprodukten abhängig, da diese 15,9 % bzw. 21,6 Mio. t zu den gesamten europäischen Seeimporten im Jahr 2021 beitrugen. 95,4 % des gehandelten Volumens entfielen auf Gasöl/Diesel. Infolge des am 24. Februar gestarteten russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verringert Europa seither seine Abhängigkeit von Russland. Obwohl es keine unmittelbaren Sanktionen gab, gingen die CPP-Exporte (Clean Petroleum Products) aus dem Postsowjetischen Raum (FSU) nach Europa im März-April um etwa 1,1 Mio. t zurück, wobei das Defizit fast ausschließlich auf Gasöl/Diesel entfiel.

Erhebliche Verschiebungen

Europa glich den Anteil Russlands durch Importe von rund 2,9 Mio. t CPP aus dem Nahen Osten, den USA und Asien aus. Dabei stiegen die südasiatischen Exporte im März-April um 0,74 Mio. t, wobei Gasöl/Diesel 77,5 % des Gesamtanteils ausmachte. Der Nahe Osten und Südostasien folgten mit einem Anstieg der Ausfuhren um 0,72 Mio. t bzw. 0,58 Mio. t.

Unterdessen kam es nach Angaben von Drewry im Handel mit Gasöl/Diesel zu erheblichen Verschiebungen, da Russland im Zeitraum März-April 15,2 % der europäischen Gasölimporte einbüßte. »Obwohl die USA im Jahr 2021 nach Russland zum Hauptlieferanten von Gasöl/Diesel nach Europa aufgestiegen sind, entfiel der größte Anteil (5,7 %) auf Südasien (hauptsächlich Indien), das die meisten Ersatzladungen nach Europa lieferte. Auf Südasien folgen Nordamerika (die USA) und Südostasien (Singapur). Der Nahe Osten steht an vierter Stelle mit einem Anteilszuwachs von nur 2,5 %«, heißt es.

Infolgedessen hätten sich die europäischen Käufer vom Kurzstreckenhandel (zwischen Russland und Europa) auf den Langstreckenhandel verlagert, indem sie raffinierte Produkte aus Südasien, dem Nahen Osten und Nordamerika bezögen, so Drewry.

Hohe Raten zu erwarten

»Wir gehen davon aus, dass dieser Langstreckenverkehr das neue Normal für die Produktentankerschifffahrt sein wird, da Europa beabsichtigt, russische Importe zu meiden. Da es unwahrscheinlich ist, dass das Angebot aus Nordamerika die durch Russland entstandene Gasöl-/Diesellücke ersetzen kann, gehen wir davon aus, dass Südasien den größten Beitrag leisten wird, während der Mittlere Osten den zweitgrößten Anteil an den europäischen CPP-Importen im zweiten Halbjahr 2022 einnehmen wird«, erklären die Analysten.

Chinas CPP-Nachfrage ist aufgrund längerer Covid-bezogener Sperrungen und hoher CPP-Exportquoten zurückgegangen, und daher geht man bei Drewry davon aus, dass der Handel zwischen Europa und Nordostasien (China und Südkorea) in 2H22 zunehmen wird.

So ist anzunehmen, dass der Markt für Produktentanker aufgrund der gestiegenen Tonnenmeilennachfrage während des gesamten Jahres 2022 hohe Raten aufweisen wird. Obwohl LR- und MR-Tanker die eigentlichen Nutznießer des Ratenanstiegs sind, könnten kleinere Tanker aufgrund der robusten Nachfrage ebenfalls hohe Raten erzielen.