Mehr Kontrollen = mehr entdeckte Mängel. 2022 gab es mehr Detentions © Paris MoU
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Die Schiffsinspektionen durch die Hafenstaaten standen auch in diesem Jahr unter dem Zeichen der Corona-Pandemie. Allerdings wird jetzt wieder mehr kontrolliert, auch dank Anpassungen wie Remote-PSCs[ds_preview]

Die Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle (Paris MoU) hat ihren Jahresbericht 2021 am 1. Juli 2022 veröffentlicht. Demnach unterschied sich 2021 aufgrund der laufenden Covid-19-Pandemie erneut von den »normalen« Jahren. »Die Hafenstaaten haben die Situation beobachtet und die Leitlinien wo nötig an die veränderten Umstände angepasst und sie mit anderen Hafenstaatkontrollregimen, der UN-Schifffahrtsorganisation IMO und der International Labour Organisation ILO abgestimmt«, heißt es.

Die Gesamtsituation hat sich im Jahr 2021 verbessert, was zu einer steigenden Zahl von Überprüfungen, festgestellten Mängeln, Detentions und Verboten führte. Im Vergleich zu 2020 ist die Zahl der Arreste deutlich von 385 auf 528 gestiegen – fast so hoch wie im Jahr 2019 (534), vor Covid-19, wobei die Zahl der Kontrollen immer noch niedriger war. Infolgedessen stieg die durchschnittliche Detention-Quote auf 3,43 % (gegenüber 2,98 % im Jahr 2019 und 2,92 % im Jahr 2020). Die Zahl der zu solchen Detentions führenden Mängel stieg von 2.182 im Jahr 2020 auf 3.274. Die Zahl der durchgeführten Inspektionen betrug 15.387. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber 13.168 im Jahr zuvor.

Im Jahr 2021 wurden elf Refusal of Access Orders ausgesprochen. Dies ist ein Anstieg im Vergleich zu 2020, als acht solcher Verbote ausgesprochen wurden. In den letzten drei Jahren – es werden immer die Vergehen in den vergangenen 36 Monaten betrachtet – wurden 36 Schiffe wegen mehrfacher Detentions, sieben Schiffe wegen »Nichtanlaufens einer angegebenen Reparaturwerft« und ein Schiff wegen Nichtbeachtung einer Detention mit einem Verbot belegt. Im gleichen Zeitraum wurden sieben Schiffe zum zweiten Mal mit einem Einlaufverbot belegt. Über einen Zeitraum von drei Jahren verzeichneten die Flaggen der Komoren und der Republik Moldau die höchste Anzahl von Verboten.

Paris MoU: Black List kürzer

Über einen rollierenden Dreijahreszeitraum betrachtet, zeigen die PSC-Regime die Performance der einzelnen Flaggenstaaten bei den Hafenstaatkontrollen. Flaggen, deren Schiffe während des Zeitraums an 30 oder mehr Überprüfungen beteiligt waren, sind in der Liste enthalten. Betrachtet man die Weiße, Graue und Schwarze Liste des Paris MoU in diesem erneut schwierigen Jahr, so ist eine kleine Verschiebung in der Qualität der Schifffahrt festzustellen, was zu einer größeren Weißen Liste und einer kleineren Schwarzen Liste führt. Die Gesamtzahl von 40 Flaggen auf der Weißen Liste ist etwas höher als die von 2020 (39). Die Graue Liste enthält 21 Flaggen (22 im Jahr 2020); die Schwarze Liste sieben Flaggen gegenüber neun im Jahr 2020.

Mit 380 Überprüfungen und 60 Festhaltemaßnahmen lag die durchschnittliche Festhalterate bei Schiffen unter der Flagge der Schwarzen Liste bei 15,8 % und damit deutlich über den 9,4 % im Jahr 2020. Bei Schiffen unter der Flagge der Grauen Liste lag die durchschnittliche Festhaltequote bei 8,2 % und damit ebenfalls deutlich über dem Wert von 4,6 % im Jahr 2020. Bei Schiffen, die eine »weiße Flagge führen«, lag die durchschnittliche Festhaltequote bei 2,8 % und damit etwas höher als 2020 (2,4 %) und 2019 (2,2 %).

Die fünf am häufigsten festgestellten Mängel im Jahr 2021 waren Verstöße gegen den ISM Code (International Safety Management, 1.777 Verstöße; 4,9 % Anteil), »Fire doors/openings in fire-resisting divisions« (1.052 Fälle; 3,9 %), »Seafarers’ Employment Agreement« (597; 1,7 %), »Auxiliary Engine« (503; 1,4 %) und »Cleanliness of Engine Room« (471; 1,3 %).

Der Gesamtanteil der fünf größten Mängel am Gesamtaufkommen ist mit 12 % in diesem Jahr ähnlich hoch wie in den Vorjahren.

Tokyo MoU nutzt Ferninspektion

Auch die Vertragsstaaten des Haafenstaatkontrollregimes Tokyo MoU spürten die »praktische Notwendigkeit, unter diesen besonderen Umständen flexibel vorzugehen«. Daher wurde ein vorläufiger Leitfaden für die Covid-19-Pandemie verabschiedet, um ein harmonisiertes Vorgehen in der gesamten Region zu erleichtern und sicherzustellen. In Anbetracht des erheblichen Rückgangs der Zahl der Überprüfungen im Jahr 2020 aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen der Interaktion zwischen Schiff, wurde ab dem 1. April 2021 die PSC-Ferninspektion als vorübergehende praktische Alternative eingeführt. Sie ist möglich, wenn eine normale physische PSC-Inspektion nicht durchführbar ist. Dafür wurden entsprechende Leitlinien erarbeitet.

Welchen Beitrag kann die Flagge zu einer nachhaltigen Schifffahrt leisten?

albrecht gundermannDie Schifffahrt ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich sicherer geworden. So haben sich die weltweiten Totalverluste von Schiffen innerhalb des letzten Jahrzehnts halbiert. Verantwortlich für diese Entwicklung ist ein verlässlicher Sicherheitsrahmen, in dem Handelsschiffe sich bewegen und in dem sie sich flächendeckender Überprüfung unterziehen müssen. Maßgeblich verantwortlich ist dafür der Flaggenstaat mit der maritimen Sicherheit als Hauptbestandteil verlässlicher Flaggenadministration. Es werden Daten zur Maritime Safety Performance erhoben und berechnet sowie Flaggen danach bewertet und verglichen. Kein Reeder möchte schlecht gelistete Schiffe haben oder unter einer schlecht gelisteten Flagge fahren.

Dies ist eine sehr positive Entwicklung, die im Feld der maritimen Sicherheit seit einiger Zeit zu beobachten ist, denn das war nicht immer so. Ein gemeinsames Handeln und das Verantwortungsbewusstsein der Beteiligten haben die Situation konsequent verbessert.

Einer ähnlichen Herausforderung steht man in der internationalen Seeschifffahrt nun ebenfalls gegenüber – die Reduktion von Emissionen, Defossilisierung sowie insgesamt einer nachhaltigeren Seeverkehrswirtschaft. Die internationale Seeschifffahrt hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden (»net zero«). Hier sind gewaltige Aufgaben zu bewältigen, um die Schifffahrt umzusteuern. Warum nehmen wir uns die Erfolge aus der maritimen Sicherheit nicht als positives Beispiel, die aktuellen Kernaufgaben in den Bereichen Schiffsemissionen und Nachhaltigkeit zu meistern?

Hierfür ist ein Rahmen zu schaffen, der Transparenz und Vergleichbarkeit schafft. Damit würden Trendsetter belohnt und Zögerer könnten besondere Auflagen erfüllen müssen. Es gibt bereits viele Reeder, die mit gutem Beispiel vorangehen. Warum diese nicht besonders belohnen, während man jenen, die noch aufzuholen haben, Anreize setzt?

Sinnvoll wäre hier etwa die Kombination dieser Daten mit der Erhebung von Hafen- oder Registergebühren: Saubere Schiffe zahlen weniger beziehungsweise schmutzige Schiffe zahlen entsprechend mehr. Dies kann dazu beitragen, über eine transparente Erhebung, Bewertung und Ausweisung von Verkehrs- und Emissionsdaten den Einsatz effizienter Technik im Schiffsbetrieb zu beschleunigen und somit Forschung an neuen Technologien und deren praktikablen und wettbewerbsfähigen Einsatz zu ermöglichen.

Über Anreize und Transparenz könnte man bereits heute die Akteure der Schifffahrt erreichen und somit einen sinnvollen weiteren Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit in der Handelsschifffahrt gehen.

Albrecht Gundermann

Managing Director, European Mar

 

 

Obwohl Covid-19 im Jahr 2021 noch immer die Aktivitäten in verschiedener Hinsicht beeinflusste, konnten Tokyo-MoU-Staaten eine Steigerung der Inspektionen um fast 20 % erreichen. In Absoluten Zahlen waren das 22.730 Überprüfungen im Jahr 2021 gegenüber 19.146 im Jahr 2020, obwohl noch ein großer Rückstand besteht, um das Niveau der Überprüfungen vor der Pandemie wieder zu erreichen.

2021 wurden 22.730 Inspektionen auf Schiffen, die unter 97 verschiedenen Flaggen registriert waren, durchgeführt. Überprüft wurden dabei 14.951 Schiffe. Bei 3.728 oder 16,40 % handelte es sich um Ferninspektionen. Bei den 22.730 Kontrollen wurden bei 11.567 Überprüfungen Schiffe mit Mängeln festgestellt. Da die Gesamtzahl der in der Region verkehrenden Schiffe auf 26.157 geschätzt wurde, lag die Überprüfungsquote in der Region im Jahr 2021 bei etwa 57 %.

Im Jahr 2021 wurden 526 unter 52 Flaggen registrierte Schiffe festgehalten, weil an Bord schwerwiegende Mängel festgestellt worden waren. Die Festhaltequote der überprüften Schiffe lag bei 2,31 %. Insgesamt wurden bei den Inspektionen 39.838 Mängel festgestellt. »Fire Safety Measures« (5.929 Mängel, 14,88 %), »Working and Living Conditions« (5.773, 14,49 %), »Life Saving Appliances« (5.192, 13,03 %), und »Safety of Navigation« (4.743, 11,91 %) waren weiterhin die wichtigsten Kategorien von Mängeln, die auf Schiffen festgestellt wurden. Sie machten 2021 fast 40 % der Gesamtzahl aller festgestellten Deficiencies aus.

Die Zahl der Mängel in Bezug auf Rettungsmittel und die Sicherheit der Schifffahrt hat im Jahr 2021 um 1.015 oder 24 % beziehungsweise 1.062 oder 29 % zugenommen. Darüber hinaus ist die Zahl der Mängel in der Hauptkategorie Stabilität, Struktur und zugehörige Ausrüstung nach den Ergebnissen der Concentrated Inspection Campaign (CIC) des Jahres 2021 um 259 oder 23 % gestiegen.

Auch die Tokyo-MoU-Staaten führen eine Liste zur Performance nach Flaggenstaaten. Die schwarze, graue und weiße Liste für den Zeitraum 2019–2021 besteht aus 58 Flaggen. Die Anzahl der Flaggen auf der schwarzen Liste beträgt drei – vier Flaggen weniger als im letzten Jahr. Die Anzahl der Flaggen auf der grauen Liste bleibt bei 18 Flaggen. Die weiße Liste umfasst 37 Flaggen, drei weniger als im Vorjahr.

Concentrated Inspection Campaign nachgeholt

Die Concentrated Inspection Campaign (CIC) zur allgemeinen Stabilität wurde vom 1. September bis 30. November 2021 gemeinsam von den Staaten des Tokyo MoU und des Paris MoU durchgeführt. Die Kampagne war 2020 wegen der Pandemie um ein Jahr verschoben worden. Während des CIC-Zeitraums wurden von den Mitgliedsbehörden insgesamt 6.260 PSC-Inspektionen durchgeführt, von denen 4.984 (79,62 %) mit einer CIC-Inspektionskampagne verbunden waren. Auf 328 Schiffen wurden insgesamt 379 CIC-bezogene Mängel festgestellt, was 6,58 % der CIC-Überprüfungen entspricht. Die meisten CIC-Mängel betrafen den Bereich »Loading/Ballast condition« (155 festgestellte Mängel, 43,54 %), gefolgt von »Cargo Operation« (67, 18,82 %) und »Bridge Operation« (45, 12,64 %). Während des Dreimonatszeitraums wurden insgesamt 121 Schiffe festgesetzt, davon acht Schiffe (6,61 %) als direkte Folge des CIC. Bei 4.984 Schiffen, die einer CIC-Überprüfung unterzogen wurden, ergab sich aus acht Detentions wegen CIC-bedingter Mängel eine CIC-bedingte Detention-Quote von 0,16 %, die weit unter der Gesamtfesthaltequote von 1,93 % in diesem Zeitraum lag. »Das Ergebnis zeigt, dass die Branche die Stabilitätsanforderungen im Allgemeinen in relativ hohem Maße einhält«, so das Fazit. fs

 

SF FlaggenHafen S00024P24