Mit dem im Jahresverglweich gesunkenen Containervolumen bewegt sich das Angebot-Nachfrage-Gleichgewicht in der Containerschifffahrt nun auf dem Niveau von 2019.[ds_preview]
Seit Juli 2020 profitiert der Containermarkt von einem Anstieg der Warennachfrage im Vergleich zu den Niveaus vor der Covid-Pandemie, und das Volumen des Headhaul- und Regionalhandels ist gefolgt. Im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2019 stiegen die Containermengen im zweiten Halbjahr 2020 um 5,7 % und im Gesamtjahr 2021 um 9,0 %. Im ersten Halbjahr 2022 stiegen die Volumina um 8,3 %, ebenfalls im Vergleich zu H1 2019, resumiert die Schifffahrtsorganisation Bimco in einem aktuellen Bericht. Trotz einer wachsenden Flotte konnte das Kapazitätsangebot nicht mithalten, da Hafenüberlastungen bis zu 14 % der Flotte absorbierten, wie auch Daten von Sea-Intelligence zeigen.
Nach neuen Daten der Container Trade Statistics waren die Volumina im Headhaul- und Regionalhandel im August 2022 auf dem niedrigsten Stand seit Februar 2022. Die Volumina waren um 3,8 % niedriger als im Juli und um 4,6 % niedriger als im August letzten Jahres, was das Ausbleiben der Hochsaisonvolumina in wichtigen Handelsrouten bestätigt. Im Vergleich zu den Volumina vor Pandemie im August 2019 waren die Volumina nur 4,4 % höher und die TEU-Tage nur 2,6 % höher, was auf einen veränderten Handelsmix zurückzuführen ist.
»Im August 2022 wurden 6-8 % mehr der Flotte durch Hafenstaus absorbiert als im August 2019. Allerdings ist die Flotte seit August 2019 um 11,3 % gewachsen, so dass das Kapazitätsangebot um 3-5 % höher war. Da die TEU-Tage im Handel nur um 2,6 % höher waren, lag das Gleichgewicht zwischen Schiffsangebot und -nachfrage wieder auf oder knapp unter dem Niveau von 2019«, sagt Niels Rasmussen, Chief Shipping Analyst bei Bimco.
Trotz der Abschwächung des Marktes haben die Zeitcharter- und Containerfrachtraten noch nicht das Niveau von 2019 erreicht. Im Durchschnitt sind die von Clarksons gemessenen Zeitcharterraten zwischen dem Höchststand im April und Anfang Oktober dieses Jahres um 60 % gefallen, davon 55 % allein im letzten Monat. Die von der Shanghai Shipping Exchange gemessenen Spot-Containerfrachtraten ex Shanghai sind seit ihrem Höchststand im Januar ebenfalls um etwa 60 % gesunken, davon 50 % in den letzten beiden Monaten. Beide sind jedoch immer noch etwa 2,5 Mal höher als vor drei Jahren.
Wie von Bimco erwartet hätten die Zeitcharterraten schneller auf das schwächere Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage reagiert als die Containerfrachtraten. Durch die Streichung von Fahrten, die Einstellung von Diensten und das Abstellen von Schiffen könnten Linienreedereien das Angebot reduzieren, um die Nachfrage auf dem Frachtmarkt zu decken, während dies auf dem Zeitchartermarkt sehr schwierig sei. »Allerdings waren die Linienreedereien in der Vergangenheit damit nicht sehr erfolgreich, es sei denn, sie hatten mit schweren finanziellen Verlusten zu kämpfen«, heißt es.
»Die Linienreedereien haben Maßnahmen ergriffen, um das Angebot zu reduzieren, damit es besser zur schwächelnden Nachfrage passt. Nach Angaben von Sea-Intelligence wurden im Transpazifikverkehr während der Goldenen Woche bis zu 10 % der wöchentlichen Schiffskapazität gestrichen, was einem normalen Jahr entspricht. Darüber hinaus hat eine Reihe von Linienreedereien angekündigt, dass sie Transpazifikdienste streichen werden. Bislang hat dies jedoch nicht ausgereicht, um den Ratenverfall zu stoppen«, so Rasmussen.
Charterschiffseigner hingegen haben nicht viele Möglichkeiten, das Angebot auf dem Zeitchartermarkt anzupassen. Derzeit profitieren sie von der geringen Verfügbarkeit von Schiffen, die für einen neuen Zeitchartervertrag bereit sind. In den letzten zwei Jahren wurden viele Verträge für lange Zeiträume abgeschlossen, was die Verfügbarkeit von Schiffen jetzt einschränkt. Darüber hinaus scheinen immer mehr Schiffe für Besichtigungen und zur Vorbereitung auf die EEXI- und CII-Vorschriften ins Trockendock zu gehen. Dies verzögert die Ratenreduzierung, schützt aber nicht davor, dass sich die Raten letztlich vollständig an das schwächere Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage anpassen. Viele Eigner können sich in der Zwischenzeit damit trösten, dass sich die Ratenreduzierungen nicht auf die sehr hohen Raten der noch laufenden Zeitcharterverträge auswirken.
Nach Einschätzung von Bimco wird der Markt durch die geringere Auslastung und die schwächeren Volumina »nach unten verschoben«, eine vollständige Normalisierung der Marktbedingungen könnte demnach später in diesem Jahr oder Anfang nächsten Jahres eintreten.